Kapitel 10

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"Ich bin ein schrecklicher Mensch Emilia." Stacy stöhnte dramatisch auf und liess seinen Kopf auf die Tischplatte fallen. Sein Handy in der glitzernden Schutzhülle lag wie eine Opfergabe auf seinen Händen, während er erneut beteuerte, dass er verabscheuungswürdig war.

Emilia war sein Verhalten gewohnt. Der Schwarze war eine Drama-Queen und einer der Männer, die für das Klischee verantwortlich waren, dass Schwule sich wie Frauen verhalten würden. Ausserdem war er seit sie in der Firma angefangen hatte ihr bester Freund.

Sie hängte ihren Schal und Mantel in die Umkleide und stellte den Caramel-Cappuccino neben seinen Kopf bevor sie sich neben ihm auf ihren Stuhl fallen liess. "So schlimm wird es nicht sein" Sie schaltete den Computer ein und wartete darauf, dass er hochfuhr, während Stacy ihr das Herz ausschüttete.

Die Kurzfassung war, dass er die Nacht auf Sonntag mit einem Mann verbracht hatte, der nicht Bennet hiess.

Bennet war Stacys Verlobter mit dem er eine stetige On und Off Beziehung führte. Beziehungsweise geführt hatte. Seit Sonntagabend war er nämlich wieder Single. Über seinen Seitensprung hatte er Bennet per SMS informiert und auch gleich schluss gemacht.

Sie hatte nichts anderes erwartet. Ihr Freund machte ständig mit Bennet schluss. Bennets Selbstbewusstsein war bewundernswert. Denn egal wie oft seine Beziehung schon beendet worden war, er wartete jedes Mal geduldig darauf, dass Stacy wieder zu ihm zurück kam. Er musste sehr darauf Vertrauen, dass Stacy ihn ebenso liebte wie er ihn. Ausserdem war Bennet wohl bewusst, dass Stacys Stärke noch nie Monogamie war und er seine Meinung schneller änderte als ein pubertierendes Mädchen, das ihre Tage hatte.

Stacy trank einen Schluck von seinem Kaffee und schloss geniesserisch die Augen, als sich das Kaffee- und Caramel-Aroma in seinem Mund ausbreitete. "Ich bin ein Monster und du ein verdammter Engel Emilia." Er stellte den Kaffee wieder zurück auf den Schreibtisch. "Als hättest du gewusst, dass ich sowas heute brauche."

Emilia hatte gewusst, dass Stacy einen Kaffee brauchen würde. Er brauchte jeden Montag einen. Egal ob es an der Tatsache lag, dass er sich wieder von Bennet getrennt hatte oder dass er die Nacht mit Feiern verbracht hatte.

Emilia winkte ab. "Du tust ja so, als ob ich dir nie einen Kaffee mitbringen würde." Sie öffnete den Terminkalender ihres Chefs um eine Änderung vorzunehmen, über die er sie am Morgen per Anruf informiert hatte. Sie hasste es, wenn Mr. Richmond das tat. Genau so gut hätte er ihr eine Notiz schreiben können, die er an ihrem Schreibtisch platzierte, er war ohnehin früher im Büro als sie und bevor sie nicht den Computer hochgefahren hatte, konnte sie auch nichts an seinen Terminen verändern.

Sie arbeitete seit ca. eineinhalb Jahren für Mr. Richmond und es gab Tage, da würde sie ihrem kontrollsüchtigen Chef am liebsten den Hals umdrehen.

Warum würde jemand zwei Sekretäre beschäftigen, obwohl er diesen nicht einmal zutraute einen Termin zu ändern, nachdem man ihnen nur eine Notiz gegeben hatte und sie nicht fünfmal am Telefon daran erinnerte?

Doch heute war kein solcher Tag. Um es genau zu nehmen hatte sie wohl schon lange nicht mehr so motiviert in eine Arbeitswoche gestartet. Hauptsächlich lag das an ihrem Wochenende, das ausnahmsweise wirklich produktiv gewesen war. Neben einem gründlichen Hausputz hatte sie ihre Steuererklärung ausgefüllt, seit langen wieder einmal etwas richtiges gekocht und den Abwasch und die Wäsche gemacht.

Ihr Tatendrang hatte eine klare Ursache und wenn sie daran zurückdachte, wurde sie wieder ganz unruhig.

Jeremys Kuss...

Natürlich, für ihn und so manch Anderen mag es ein ganz normaler Kuss gewesen sein. Nicht sehr lange und auch nicht wirklich intensiv, doch für Emilia war es sowas wie ihr 'erster' Kuss gewesen. Sie war nicht völlig ungeküsst... allerdings wollte sie die paar Male, wenn sich ihr Date ihr aufgedrängt hatte oder sie beim Flaschendrehen gezwungen gewesen war, nicht dazuzählen. Ausserdem war es dieses Mal sie gewesen, die sowas wie den ersten Schritt gewagt hatte. Zwar nur auf die Wange, aber immerhin.

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