James Potter war vierzehn Jahre alt, als sich das erste Mal jemand vom Glockenturm zu stürzen suchte. Er erinnerte sich nur bruchstückhaft daran, als man den halb toten Jungen gefunden hatte, mit unnatürlichst verrenkten Gliedmaßen von sich gereckt am Fuße des Turms liegend – aber auf wundersame Art und Weise noch am Leben. Es war die vorsätzlich erste versuchte Auslöschung eines eigenen (oder fremden) Lebens auf Hogwarts Gelände seit dem Umschwung in ein aufgeklärteres Zeitalter; und so verzichteten auch die Medien nicht darauf, der gesamten Geschichte Substanz zu verleihen, indem sie versuchten anhand aller pietätlosen Mittel, derer eine journalistische Einheit sich nun einmal zu bedienen weiß, an ein besorgtes, aber kurioses Publikum zu appellieren. Während das tatsächliche Ereignis von James' Unterbewusstsein zu einer verschwommenen Masse des traumatisierenden Grauens verwaschen worden war, erinnerte er sich hingegen unbeschreiblich klar daran, als die Ministeriumsangestellten am nächsten Tag angetänzelt kamen und einen reflektierenden Schutzwall um den Glockenturm errichteten, der einen jeden zukünftigen Freitodversuch vereitelten sollte. James' plötzliches Erinnerungsvermögen rührte wohl daher, dass er auf einmal ein unüberbrückliches Interesse an der Situation gewann. Ein Schutzwall um den Astronomieturm, der in der Praxis nichts anderes tun sollte, als einen fallenden Gegenstand mit voller Wucht zurückzukatapultieren machte in James' Augen das endgültige Paradies aus und er würde es sich für nichts in der Welt nehmen lassen, dieses Konzept nicht schamlos auszunutzen. (Sein bester Freund hatte in diesem Fall, wie es in den meisten Situation zwischen den beiden nun einmal so war, kaum eine andere Meinung.)
Und so dauerte es nicht lange, bis sich (überraschenderweise vollends ohne James' Zutun) daraus eine wahnwitzige Challenge entwickelte, bei der reihenweise Schüler begannen, sich hirnloserweise vom Glockenturm zu werfen: Einfach nur, um sich den Adrenalinschub eines taumelden Absturzes und des darauffolgenden grausigen Beinahetodes zunutze zu machen und den Reiz des Verbotenen zu absorbieren.
Tatsächlich war James also vierzehn, als der erste sprang – aber er war sechzehn, als der erste starb.
Es war ein schreckliches Erwachen. James taumelte als einer der letzten durch das Tor zum Glockenturminnenhof, angelockt durch die erstickten Schreie und den konstanten Schülerstrom, der ihn nahezu mitriss, als er versuchte, in die große Halle zu gelangen. Er hielt ein labbriges Toaststück in der Hand umklammert, das er sich eigentlich noch in den Gemeinschaftsraum hatte mitnehmen wollen, ehe er zum Unterricht hätte gehen sollen, aber nun sah er sich plötzlich am Glockenturminnenhof wieder und versuchte zu begreifen, was hier vor sich ging.
„Mooney", japste er erleichtert, sobald er die zerrupfte Mähne seines Freundes in der Menge ausmachen konnte. Er riss Remus Lupin am Ärmel dessen Umhang zu sich (ohne seinen mitgenommenen Umhang überzustrapazieren; er wusste, wie es um Remus in dieser Hinsicht stand) und murmelte ihm ins Ohr: „Was ist hier los?"
James hatte sich gar nicht die Mühe gemacht, seinem Freund ins Gesicht zu blicken, ehe er nicht versuchte, auf Zehenspitzen über die Köpfe seiner Mitschüler hinweg einen Blick auf das Ding am Boden zu erhaschen, um das sich alle scharten. James war überdurchschnittlich groß für sein Alter, aber selbst er vermochte es nicht, irgendetwas auf diese Distanz hin zu erkennen. „Remus?", bohrte James nach, und sah sich endlich nach seinem Freund um. James hatte ihn noch nie so zutiefst traumatisiert gesehen, selbst nicht, als er beinahe einen Schüler in seiner pelzigeren Gestalt angefallen hatte. In seinen Augen schwammen Tränen und er war blasser, als der Mond es diese Nacht gewesen war. Die Wangen eingefallen und die Lippen fahl stand Remus Lupin am Fuße des Glockenturms und starrte durch die Schülermassen hindurch auf etwas, das nur er sehen konnte, während seine stummen Lippen nahezu frenetisch die Worte „eine Minute" formten. „Remus?", wiederholte James, diesmal sanfter und legte seinem Freund die Hand auf die Schulter. „Remus, atme." Als hätte die plötzliche Berührung seines Freundes ihn aus einer schläfrigen Trance gerissen, zuckte Remus ruckartig zusammen und sah James mit schreckgeweiteten Augen an. „Remus, kannst du mir sagen, was hier los ist?", ersuchte James ihn das dritte Mal, zu sprechen. Remus schüttelte nur mit einer fahrigen Bewegung den Kopf und nickte zitternd in Richtung der Schülertraube, ehe er die Augen schloss, und sich von der Außenwelt abkapselte. James blickte ein letztes Mal besorgt auf seinen Freund zurück, ehe er unter mildem Ellbogeneinsatz durch die Schüler zu pflügen begann. Wenn Remus sich in sich zurückzog, gab es reichlich wenig, das ein jeder von ihnen leisten konnte – außer sich gehörig Sorgen zu machen, denn wenn selbst Remus; immerzu hilfsbereiter Remus Lupin beschloss, sein eigenes Wohl einmal an erste Stelle zu setzen und sich von den klagenden Worten anderer abzuschirmen, dann musste etwas Tragisches vorgefallen sein.
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Magical Contest 2018
FanfictionHier meine Beiträge zum diesjährigen Magical Contest! [Ich freue mich mich ungemein, Teil dieses Events sein zu dürfen und kann jedem nur ans Herz legen, alle eingereichten Geschichten zu lesen, da jede auf ihre eigene Art vollkommen wundervoll ist...