Die Schlange, die keine war
Der leblose Körper sackte unter der verhüllten Gestalt zusammen. Zwei rote Bissspuren waren auf dem zarten, blassen Hals der Frau aufgetaucht – dort, wo die scharfen Zähne ihre Sehnen zerrissen hatten. Die junge Hexe war nahrhaft gewesen, doch niemand konnte den unaufhörlichen Hunger von ihm stillen. Schlange – so nannte er sich. Lautlos, schnell, erfolgreich. Absichtlich hinterließ er immer eine dünne Schleifspur. Sein Ruf erzählte von Bösartigkeit, Gräueltaten und Reinheit. Niemand würde ihm auf die Schliche kommen. Wenn, dann würde derjenige nicht mehr leben. Schon gar nicht, wenn es ein Zauberer wäre. Seine Vorfahren würden sich im Grab umdrehen. Sein Blut sollte nicht von solch niederen Wesen vergossen werden. Eher würde das magische Volk dafür bluten.
Erla Rigmon – London, 6. Oktober 1984.
Stress erfüllte seit geraumer Zeit den Alltag der jungen Aurorin. Durch die belebten Straßen Londons zu schlendern und in der einen Hand einen Donut zu halten, war daher ein seltenes Privileg geworden. Und doch konnte Erla einen Augenblick entbehren, um ein wenig zu entspannen. Trotzdem erfüllten die Gedanken an ihre derzeitige Mission ihren Kopf und keine Sekunde hatte sie nicht eine Falte auf der Stirn. Immer auf der Hut sein zu müssen, einen unbekannten Mörder zu jagen– all das zehrte an der Hexe. Seit Monaten suchten sie und ihr Team nach dem Täter, welcher seine Opfer – ausschließlich Hexen – mit einem raschen, schlangenartigen Biss tötete. Die mysteriöse Schleifspur war ihr ein Rätsel. Sicherlich sollte es auf seinen namen hindeuten, doch..Es konnte schlecht wirklich eine Schlange sein,wie nach dem Namen her zu urteilen war. Eine Schlange würde nicht so grausam und rücksichtslos töten, erst recht nicht so markante Bissspuren hinterlassen. Oder gar solch grausame, und doch saubere Tatorte hinterlassen. Besondere Sorge hatte sie in Hinblick auf die jungen Hexen, vorallen Dingen die weniger Kampferprobten. Natürlich hat das Zaubereiministerium Maßnahmen ergriffen, einige sogar unter ihrer Anweisung. Dennoch kamen in Erla Zweifel auf –wer sollte alle vor dem Ungeheuer schützen? Ihr unbekannte.
Jasmin Griffolds – London, 8. Oktober 1984
Ihre Chefin tigerte leise murmelnd in dem kleinen Büro herum. Erst vor exakt zehn Minuten war sie hinein gestürmt, hatte ohne Erklärung die roten Fäden an der Pinnwand, welche alle Hinweise enthielt, heruntergerissen und alles neu aufgeteilt. Kopfschüttelnd betrachtete Jas ihre Vorgesetzte. Sie wusste, dass ihr unaufgeklärter Fall sehr an der kleinen Hexe nagte, da doch erst vor drei Jahren der allseits berüchtigte Voldemort – Endschuldigung, Du-weißt-schon-wer - verschwunden war. Stirnrunzelnd betrachtete Jasmin weiter das konzentrierte Gesicht ihrer langjährigen Freundin. Ihre verworrene Situation musste sehr schwierig sein, wenn Erla Rigmon ohne anzuklopfen in ihr Büro kam. Die rücksichtsvolle und höfliche Hexe war sonst nie so aufbrausend. Nach weiterem unangenehmen Schweigen offenbarten sich endlich die Gedanken ihrer Chefin. Sie habe jetzt verstanden worum es ging. Irgendwas von „die Schlange tötet nur Hexen – keine Zauberer. Sie hinterlässt absichtlich Spuren! Und im Blut der Opfer konnte man keinen einzigen Tropfen Magie mehr finden...Es muss etwas damit sein...". Gemeinsam berieten Jas und Erla über ihre Lage. Was daraus bestand, dass größtenteils Erla ihre Ideenpreisgab und Jasmin nur ab und zu nickte. Wären sie nicht in soeiner misslichen Situatio gewesen, wäre sie beinahe eingeschlafen. Na gut, das Thema war zwar spannend und beunruhigend, aber Erla hatte so eine Art an sich, die leicht irritierte und es somit schwierig machte, ihr zuzuhören. Jas konnte in den Sachen, die die Hexe erzählte, keinen direkten Zusammenhang feststellen. Doch wer konnte das bei diesem Fall schon? Wer auch immer all diese armen, wehrlosen Hexen tötete - der wusste, wie sehr er London verunsicherte, und er hatte Spaß daran.
Frank Degard – London, 8. Oktober 1984
Nun, dieser ganze Wirbel um die geheimnisvolle Schlange war schon berechtigt. Das erkannte auch der Minister für die Rechte von exotischen Tierwesen Londons. An diesem sonnigen Montag dachte er sich auch nichts dabei, dass seine Tochter nicht wie sonst nach der Arbeit auf ihn wartete. Diese Stille beunruhigte ihn kein Stück, wo er doch seine belesene, ruhige Tochter kannte. Als Mr. Degard jedoch nach zwei Stunden von dem Tagespropheten aufsah und seine Tochter immer noch nicht auftauchte, da begann er sich schon zu sorgen. So ganz allein - wahrscheinlich draußen, im angrenzenden Wald, da würde seine geliebte Tochter doch sicher nicht herum laufen. Doch was Mr. Degard an diesem Nachmittag am meisten beunruhigte, war, dass er fürchtete, die Gerüchte um die "Schlange" seien doch wahr. So warf er sich in ihm unerklärlicher Eile den gebrauchten Umhang um und hetzte zu einem kleinen, dunklen Waldstückchen.
Thomas Wembold - London, 8. Oktober 1984
Das versammelte Team erhielt zu spät die Nachricht. Gerade noch grübelten sie über die Schlange nach, um im nächsten Moment wertvolle Minuten zu verlieren. Gefluche und das Rascheln von Mänteln und Umhängen war zu hören, als das Aurorenteam hektisch die Sachen anzog. Die Lage war ernst - ein Minister der Abteilung für Tierwesen zählte seit 1 Stunde als vermisst. In Bezug darauf, dass die Tochter des Vermissten ebenfalls unauffinbar war, verfolgte Thomas die Theorie, dass die Schlange erneut zugeschlagen hatte. Und diesmal führte die Spur direkt in die Nähe eines stillen, finsteren und kleinen Waldes.
Bedacht darauf, nicht zu viele Geräusche durch kleine Äste und trockenes Laub zu verursachen, schlichen Thomas und die anderen Auroren durch den dichten Wald. Diese seltsame Stille, kein Vogel sang, das hing über dem wachsamen Team wie eine schwarze, düstere Wolke. Auf keinen Fall wollten sie aufgeben, Niemals würden sie jetzt diesen Mörder entwischen lassen.
Sara Degard - London, 8. Oktober 1984
Im Herzen dieses unheilvollen Ortes stand diese verhüllte Gestalt. Mit gelben Schlitzaugen suchte es das Gebiet ab. Sara krallte sich in den morschen Baumstamm. Sie betete zu Merlin, dass sie das überleben würde. Doch gleichzeitig wusste sie, dass Merlin sie höchstwahrscheinlich im Stich lassen würde. Also hielt die junge Hexe nur den Atem an, wissend wer dieses Versteckspiel gewonnen hatte.
Erla Rigmon - London, 8. Oktober 1984
Diese unheimliche Stille nagte an ihr. Es fühlte sich so an, als würde das Blätterdach schweigen - und damit auch alles Lebendige darunter. Sie kamen dem Herzen des Waldes immer näher, somit stieg auch das ungute Gefühl von Erla. Noch nie war sie so angespannt gewesen wie jetzt. Sie wusste, das ihr restliches Team sich um den Mittelpunkt der kalten Magie verteilte, es umzingelte. Erla stieß eine Atemwolke aus. Merkwürdig - vorhin herrschten noch sommerliche Grade, während sich hier rapide die Luft heruntergekühlt hatte. Erla spürte es. Diese kalte Macht schlug ihr entgegen - der scheußliche Geruch, den sie nicht beschreiben konnte. Und sie hörte ein leises, kaltes Lachen, vermischt mit einem Wimmern. Ganz langsam schlich die Aurorin weiter, bis sie einen Blick aufs Geschehen hatte. Zu spät. Das zarte Mädchen lag zusammengerollt vor einem schwarzen, schmalen Mann. So konzentriert auf sein Opfer bemerkte er nicht die hagere Gestalt hinter seinem Rücken. Degard. Zu spät. Zu laut. Und schon stürzte sich die Schlange auf den Zauberer. Eisenzähne - Eisenzähne - blitzten auf. Keinen einzigen Moment mehr warteten sie und ihr Team. Die ganze Mannschaft schoss auf die Schlange zu, löste sie von dem schreienden Mann. Die ersten Auroren wehrte er zischend ab, doch als Erla vor ihm ankam, da entbrannte in ihm eine gleißende Wut - knurrend und kreischend versuchte er seine glänzenden Zähne in ihren ungeschützten Hals zu schlagen. Doch Erla wehrte ihn mit Flüchen ab und fesselte ihn gleichzeitig. Ihr restliches Team hielt ihn an Ort und Stelle und überprüften den Zustand des verstörten Mädchens und dessen verletzten Vaters. Währenddessen starrte Erla weiter auf die "Schlange". Seine gelben Augen waren Schlitze. Und er grinste sie mit einem grausamen und wahnsinnigen Ausdruck an. Dieser Mann war weder Zauberer noch Muggel noch Schlange. Er war ein Monster.
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Magical Contest 2018
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