Es ist Samstagmorgen. Mein Wecker klingelt um genau 07:00 Uhr. Es ist kein "normaler" Samstagmorgen, nein es ist Wettkampftag. Ich reibe mir die Augen und stehe auf, gehe runter in die Küche und esse mein Frühstück. Meine Mutter steht schon in der Küche und begrüsst mich herzlich mit einem "guten Morgen mein Schatz, wie hast du geschlafen?"
Ich antworte ihr nur knapp mit einem "gut", denn ich bin noch garnicht richtig wach.
Nach dem Frühstück gehe ich nach oben und packe meine Schwimmsachen in eine Tasche, dann gehe ich ins Bad um mich frisch zu machen.
Um 09:00 Uhr fahren meine Familie, das heisst mein Vater, meine Mutter, mein grosser Bruder, meine kleine Schwester und ich richtung Hallenbad, wo ich heute einen Wettkampf habe.
Richtig gehört, ich schwimme und das schon seitdem ich denken kann. Ich liebe es im Wasser zu sein und das wahrscheinlich schon bevor ich richtig laufen konnte.
Im Auto albern meine Geschwister und ich wie immer rum und meine Eltern diskutieren vorne etwas über meine Gegner.
Als wir am Hallenbad ankommen verabschiede ich mich von meinen Eltern und gehe in die umkleide.
Als ich wieder rauskomme suche ich direkt nach meiner Familie, die mir wirklich alles bedeutet. Sie haben bis jetzt keinen einzigen Wettkampf verpasst und dafür bin ich ihnen unendlich dankbar. Diese Unterstützung hat nicht jeder. Sie kommen immer mit um mich an zu feuern.
Ah, da sind sie. Ich winke ihnen noch kurz zu und gehe an meine Startposition.
Der Wettkampf beginnt und ich liege sehr weit vorne, im Gegensatz zu meinen 5 Rivalen. 10 Bahnen muss ich schwimmen, also 5 vorwärts und 5 wieder zurück. Ich bin heute in top Form und klatsche als erstes am Beckenrand an. Als zweites kommt Marea, meine beste Freundin, ins Ziel und als drittes mein grösster Feind, livia. Ich mochte sie schon in der Grundschule nicht.
Als wir auf dem Podest stehen um die Medaille zu kriegen und ein Foto machen umarme ich Marea und sage: "gratuliere Marea, das nächste Mal schlägst du mich sicher!"
"Danke Jo, ich gratuliere dir auch! Und das glaube ich nicht.. du warst schon immer besser als ich im schwimmen." Livia schaut uns nur mit ihrem bekannten arroganten Blick an und man sieht ihren Neid.
Wir reden noch ein paar Minuten über den Wettkampf bis wir dann gemeinsam in die Umkleide gehen um zu Duschen und uns wieder anzuziehen. Als wir aus dem Hallenbad gehen stehen die Eltern von Marea und meine nebeneinander und reden. Mein grosser Bruder starrt auf sein Handy und meine kleine Schwester springt wild herum.
Wir begrüssen alle und verabschieden uns gleichzeitig, weil Marea's Eltern weg müssen.
Meine Familie nimmt mich in den Arm und gratuliert mir auch herzlich zu meinem heutigen Sieg. Dann laufen wir alle lachend zum Auto. Als wir alle drin sitzen sagt mein Vater: "na wie wär's mit Pizza essen beim guten italiener?" Und alle sind damit einverstanden.
Während der ganzen Autofahrt ist es ziemlich laut, wie immer. Meine kleine Schwester singt die Lieder aus der Kinder CD laut nach, mein Bruder und ich sticheln uns von der Seite an, mein Vater versucht sich während dem ganzen Lärm auf die Strasse zu konzentrieren und meine Mutter liest eine Zeitschrift.
Ich geniesse die Zeit mit meiner Familie, denn unter der Woche sehe ich sie kaum. Ich schaue aus dem rechten Fenster und beobachte die Landschaft. Bäume rasen an mir vorbei, ab und zu ein Häuschen oder ein Bauernhof und Riesen grosse Felder. Ich versinke in einen Tagtraum und schliesse nach einiger Zeit die Augen.
Als ich die Augen wieder aufmache ist es still, so kenne ich das von meiner Familie garnicht. Plötzlich spüre ich diesen unterträglichen Schmerz in meinem Rücken. Ich kann mich nicht bewegen und trotzdem versuche ich den Kopf in Richtung des Autoinneren zu drehen um zu sehen wo meine Familie ist. Ich sehe niemanden und beginne sehr schnell zu atmen.
Ich höre Stimmen die auf mich zu kommen, aber es sind nicht die Stimmen meiner Familie. Meine Augen flackern und ich versuche bei Bewusstsein zu bleiben. Ein Mann bricht die Tür auf und hebt mich vorsichtig hinaus auf den Boden. Plötzlich kommen nochmal 2-3 Personen mit grossen Taschen auf mich zu gerannt. Ich glaube es sind Rettungssanitäter oder Feuerwehrleute und dann ist alles dunkel, schwarz und still.Als ich aufwache ist es nicht mehr dunkel, schwarz und still. Im Gegenteil, es ist hell, weiss und es piept immer wieder etwas. Ich öffne die Augen und sehe mich um. Ich sehe einen Tisch und daneben stehen 2 Stühle, ein Fenster mit blick richtung Felder und Wald und sehr viele piepsende und blinkende Maschinen um mich herum.
Ich bin in einem Krankenhaus! Warum? Was ist passiert? Frage ich mich im inneren. Ich versuche mich daran zu erinnern, aber mir fällt nichts ein. Ausser die Autofahrt mit meiner Familie nach dem Wettkampf.
Ich drücke den Knopf um eine Schwester zu rufen. Es vergehen nichtmal 10 Sekunden und schon steht sie mit einem Arzt namens Prof. Dr. Meier in meinem Zimmer.
"Johanna! Du bist wach! Wie geht es dir?" Fragt er mich sofort. "Warum bin ich hier und warum habe ich diese extremen Schmerzen im Rücken?" Antworte ich ihm mit einer Gegenfrage.
"Du erinnerst dich nicht mehr?"
"Nein." Antworte ich.
"Du hattest einen schweren Autounfall mit deiner Familie." Sagt er und senkt den kopf.
"ICH HATTE WAS?!" Frage ich ihn und meine Augen reissen weit auf.
"Einen schweren Autounfall mit deiner Familie,Johanna. Du bist leider die einzige die es überlebt hat, es tut mir so leid." Antwortet er mir mit einem mitleidigem Blick.
Ich musste diese Worte erstmal sacken- und mir nochmal durch den Kopf gehen lassen.
"Wie geht es mit den Schmerzen?" Setzt er das Gespräch fort.
"Ich kann meine Beine nicht bewegen! Warum nicht? Und mein Rücken tut höllisch weh." Antworte ich ihm mit einer zittrigen fast weinerlichen Stimme.
"Das ist das nächste, was ich dir sagen wollte. Du kannst deine Beine nicht bewegen und nicht spüren, weil du dir beim Aufprall des anderen Autos, den wirbel gebrochen hast und dadurch ist das Rückenmark durchtrennt worden."
"Und was heisst das im Klartext?!" Frage ich ihn schockiert.
"Johanna.. es tut mir leid aber..., du bist Querschnittsgelähmt. Du wirst nie wieder gehen können." Antwortet er während dem er etwas in seine Unterlagen schreibt.
Ich kann seine Worte nicht fassen und plötzlich laufen mir die Tränen über die Wangen.
Die Schwester versucht mich zu trösten, was ihr nach unzähligem "alles wird gut" und "ich bin für dich da" auch gelingt.
Der Arzt macht noch ein paar Untersuchungen und notiert alles sorgfältig in meine Akte, dann verabschiedet er sich.
"Soll ich jemanden für dich anrufen? Eine Freundin oder einen Freund?" Sagt die Schwester die noch immer in meinem Zimmer steht.
"Meine beste Freundin, bitte." Antworte ich ihr. Man hört meinen Schock und meine Trauer immer noch in meiner Stimme.
Die Schwester nickt und geht hinaus.
Ich liege alleine hier in meinem Zimmer, alles ist so steril und still. Ich gehe in meinem Kopf nochmal die Wörter des Arztes durch und wieder kommen mir die Tränen.
Ein paar Minuten später klopft es an meiner Tür und die Schwester kommt rein. "Deine beste Freundin ist unterwegs, jedoch wird es noch ca. Eine halbe Stunde dauern. Möchtest du etwas trinken oder essen?" Fragt sie mich mit einer sehr verständnisvollen Stimme.
Ich schüttel den Kopf und versuche nach meinem Handy zu greifen, was mir aber nicht gelingt. Die Schwester ist aufmerksam und reicht es mir. "Wenn du noch etwas brauchst, dann kannst du einfach klingeln okay?"
"Ja, danke." Antworte ich ihr.
Ich schaue auf mein Display und merke, dass ich nicht nur 1-2 Tage im Koma lag. Nein, es war ziemlich genau 1 Monat und 6 Tage.
Ich schaue die Nachrichten durch und versuche allen zu antworten die mir geschrieben haben. Zu 90% sind die Nachrichten von Marea.
Plötzlich klopft es an der Tür und wenn man vom Teufel spricht, da steht sie - Marea.
Sie schaut mich mit offenem Mund und weit aufgerissen Augen an.
"Ach du scheisse! Was ist denn mit dir passiert?!" Fragt sie mich als sie zum Tisch läuft um sich einen Stuhl zu holen. Ich erzähle ihr alles was der Arzt mir gesagt hat und auch sie bekommt Tränen in den Augen.
Sie nimmt mich ganz vorsichtig in den Arm und flüstert mir mit zittriger Stimme "ich bin immer für dich da und das werde ich auch in Zukunft sein. Versprochen." Ins Ohr.
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Liebe im Rollstuhl ~ "Geht" das überhaupt?
RomanceJo ist eine ganz normale junge Frau. Sie liebt es mit Freunden etwas zu unternehmen und ihr Leben einfach zu geniessen. Doch an jenem Tag ändert sich ihr Leben schlagartig. Ein schwerer Autounfall reisst ihre gesamte Familie in den Tod. Sie hat...