Als ich mich wieder beruhigt habe von meinem halben Nervenzusammenbruch lege ich mich hin und denke über den Abend mit Alex nach. Eigentlich hat er alles richtig gemacht. Ich habe mich noch nie so wohl bei jemandem gefühlt, obwohl wir uns erst seit ein paar Wochen kennen.
Ausserdem hat er nie blöd auf meinen Rollstuhl gestarrt oder ihn überhaupt erwähnt. Es scheint ihm wirklich nichts auszumachen, aber warum nicht? Ich meine übersehen kann man das ja nicht.
Ich bin zu müde um weiter nachzudenken und lege mich schlafen.
Als ich wieder aufwache ist es bereits 10:30Uhr. Ich reibe meine Augen und setze mich an den Bettrand.
Ist das mit Alex wirklich passiert? Hatten wir ein Date? Habe ich geheult?
Ich komme mir gerade vor als hätte ich einen üblen Filmriss.
Als ich realisiere, dass dieser Abend wirklichkeit war, hatte ich sofort extreme Schmetterlinge im Bauch. Also eigentlich einen ganzen Zoo aber wir wollen ja nicht übertreiben.
Ich hieve mich in den Rollstuhl und mache mich fertig für den Tag. Als ich aus meinem Zimmer fahre steht Alex lässig in der Tür zur küche. Er bemerkt nicht, dass ich hinter ihm stehe und nicht durch kann, wenn er da steht. Ich fahre ihm leicht gegen sein Bein.
"JO! Musst du mich so erschrecken am Morgen früh? Ich hätte fast einen Herzinfarkt gehabt!" Sagt er ironisch empört. "Ja mein lieber muss ich, sonst verhungere ich hier noch." Antworte ich auch in einem ironischen Ton. Er lacht und ich lache sofort mit, dann stellt er sich auf die Seite und winkt mich durch. "Nach Ihnen gnädige Dame." Sagt er und zwinkert mir zu.
"Vielen Dank der Herr." Antworte ich und muss schon wieder lachen.
Ich glaube wir können beide nicht ernst bleiben in solchen Momenten, aber ich finde das überhaupt nicht schlimm. Im Gegenteil, ich finde es lustig und ich mag seinen Humor.
Als Luca & marea nach gefühlten 100 Jahren auch endlich wach sind, sind Alex und ich schon lange fertig mit frühstücken und ziehen uns um, um an den Strand zu gehen.
Als wir startklar sind, sagen wir den beiden noch wo wir hinfahren, damit sie dann später nachkommen können. Beide nicken mit vollem Mund und Alex und ich können uns ein kichern nicht verkneifen. Sie sehen einfach zu lustig und süss zugleich aus.
Am Strand angekommen packt Alex die sachen aus dem Auto und bringt sie zu unserem Platz. Dann kommt er zurück.
"Darf ich dich bis zur Decke tragen? Dann musst du den Rollstuhl nicht ständig ansehen und fühlst dich etwas freier." Sagt er vorsichtig und sieht mir dabei stets in die Augen.
"Mhm.." murmle ich. Es ist mir unangenehm wenn mich jemand tragen muss oder generell wenn mir jemand helfen muss, aber ich kann es nicht ändern also lasse ich es zu.
Als Alex mich auf die Decke setzt rennt er zurück zum Auto. Er war so schnell weg, dass ich nicht hinterher schauen konnte und kaum habe ich geblinzelt stand er mit einer roten Rose vor mir.
"Jo, ähm.. ich weiss du magst Überraschungen nicht und das ganze aber.. ich möchte das du meine Freundin wirst.." sagt er und schmunzelt mich an.
Ich bin wie erstarrt. Auf der einen seite freut es mich total, dass er diesen Schritt macht. Auf der anderen Seite weiss ich garnicht wie mir gerade geschieht.
"Ja ich will." Sage ich aus Reflex und versuche mein durcheinander in meinem Kopf zu vertuschen. Alex merkt dies aber und wiederholt, was er gesagt hat. Als die Schmetterlinge in meinem Bauch immer stärker wurden antwortete ich ihm mit: "ich möchte auch, dass du mein Freund bist Alex, aber..."
Er küsst mich auf die Lippen und sagt: „psst.. nichts aber."
Ich könnte das einfach stundenlang machen, aber wie es der Teufel will höre ich das Lachen von Marea. Es ist wirklich nicht zu überhören.
Wir schauen in ihre Richtung und ich sehe wie Luca ein Zeichen macht. Definieren kann ich es aber nicht. Ist Jungssprache glaube ich.
Die beiden setzen sich zu uns und schauen uns extrem interessiert an, als ob jetzt gerade etwas passieren würde. Ohoh.. sie haben uns gesehen.. was die jetzt wohl von uns denken? Ach egal sollen sie doch, ich bin glücklich und das ist die Hauptsache.
"Naaaaaa.... wollt ihr uns nicht etwas erzählen?" Sagt Luca und kneift Alex in die Seite. Alex zuckt sofort weg. "Ähhm.. nein vielleicht später.." antwortet er auf die Frage von Luca. Marea macht das gleiche mit mir, nur zucke ich nicht weg wie Alex. "Darf ich?" Frage ich Alex und er nickt.
"Ähm ja.. wo soll ich anfangen.. also.. ähm.. wir hatten gestern unser erstes Date und haben uns gestern das erste Mal geküsst und vorhin hat er gefragt ob ich seine Freundin sein will und ich habe eingewilligt." Sage ich in die Runde. Luca & Marea klatschen sich ab und nicken sich zu. Alex und ich sehen uns gegenseitig an mit einem riesigen Fragezeichen auf dem Gesicht.
Schlussendlich umarmen wir uns alle und Luca und Marea wünschen uns Glück. Es war irgendwie seltsam das Ganze aber naja.. da versteh einer die zwei.Nach einer guten halben Stunde Karten spielen, lachen und quatschen wollen alle ins Wasser um sich abzukühlen. Wie es so ist sitze ich auf der Decke und starre einfach vor mich hin. Marea tippt mir auf die Schulter und sagt: "willst du nicht mit kommen, ins Wasser?"
"Wie denn?" Frage ich sie und deute auf meine Beine. "Kein Problem süsse ich regle das." sagt Marea und fängt an zu rufen:
"ALEEEEX!! Kannst du kurz kommen?"
Alex springt sofort aus dem Wasser und lässt Luca da stehen wie bestellt und nicht abgeholt.
"Ja?" Fragt er.
"Kannst du Jo nicht ins Wasser tragen und ihr ein wenig helfen?" Sagt Marea.
"Klar kein Problem. Warum sagst du denn nichs Jo? Du weisst doch, dass wir über alles reden können und das es dir nicht peinlich sein muss mich um Hilfe zu bitten." Sagt Alex und sieht mich an. Ich nicke nur, mehr kriege ich in diesem Augenblick einfach nicht raus - es ist mir einfach peinlich, ob er will oder nicht.
Alex hebt mich hoch als wäre ich federleicht für ihn und trägt mich ins Wasser, bis er hüfttief drin steht.
"Alles okay?" Fragt er fürsorglich.
"Ja, denke schon.. nur bitte.. bitte lass nicht los." Antworte ich ihm.
Einerseits, weil ich angst habe zu ertrinken - obwohl ich Schwimmerin war, es ist nicht das selbe ohne funktionierende Beine.
Andererseits, ich bin ihm so nahe wie nie zuvor und es fühlt sich an wie ein ganzes Feuerwerk in meinem Körper.
Ich spüre seinen Herzschlag tief aus seiner Brust. Ich glaube ihm geht es genauso wie mir mit dem Feuerwerk.
Als wir nach der 20 Minütigen Wasserschlacht aus dem Wasser gehen, setzt mich alex wieder auf die decke und legt ein Handtuch um meinen Rücken.
"Diese Narbe da... ist die vom...?" Fragt er ohne die Frage zu beenden. Ich verstehe und antworte kurz und knapp: "ja sie ist von der OP nach dem Unfall."
Ich umgehe dieses Thema jedesmal, weil es mich zu sehr an meine Familie erinnert und es immernoch extrem in mir schmerzt, wenn ich an sie denke.Die Traurigkeit ist schnell vergessen als Marea, tollpatschig wie sie ist, den ganzen Eistee über dem Sand verteilt, weil sie gestolpert ist.
Alex und Luca lachen sich schlapp und äffen sie nach. Ein kichern kann ich mir nicht verkneifen.Nach weiteren 15 Minuten ist es schon spät am Nachmittag und wir beschliessen langsam den Heimweg anzusteuern.
Zuhause angekommen geht jeder für sich duschen und macht sich frisch für den Abend. Luca will heute Abend unbedingt auf den Jahrmarkt, weil es dort seine lieblings Achterbahn gibt. Ich halte nicht mehr viel von Jahrmärkten. Früher bin ich jede Bahn mindestens 3X gefahren aber heute ist das ziemlich schwierig. Trotzdem will ich kein Spassverderber sein und gehe auch mit.
Als wir am Jahrmarkt ankommen sehe ich die vielen Menschen und ich fühle mich richtig unwohl.
Alex scheint das aber nicht zu merken und albert mit Luca rum.
Marea beugt sich zu mir und fragt: „alles okay Jo?" „ja.. geht so.." antworte ich ihr. „Soll ich dich schieben?" fragt sie und ich nicke.Nachdem Luca, Alex und Marea ein paar Bahnen gefahren sind machen wir uns wieder auf den Heimweg. Ich bin sichtlich erleichtert, aber Alex scheint das wieder nicht aufzufallen. Was ist bloss los mit ihm?!
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Liebe im Rollstuhl ~ "Geht" das überhaupt?
RomanceJo ist eine ganz normale junge Frau. Sie liebt es mit Freunden etwas zu unternehmen und ihr Leben einfach zu geniessen. Doch an jenem Tag ändert sich ihr Leben schlagartig. Ein schwerer Autounfall reisst ihre gesamte Familie in den Tod. Sie hat...