~Xanadoo-Schicksals-Schloss~
Kirara lehnte sich auf ihrem Sofa zurück und betrachtete die magische Kugel, die vor ihr schwebte und in deren Inneren sie beobachten konnte, wie Nemesis und Shioni die ersten Schritte aufeinander zu taten.
Das Haar der Göttin war mittlerweile fast zu einem Giftgrün geworden, doch in ihrem Gesicht spiegelte sich keinerlei Emotion. Ihre regenbogenfarbenen Augen schienen tatsächlich unberührt auf die Szene zu blicken, während sie ihr Haar weiterhin zwischen ihren feingliedrigen Fingern drehte.
Um sie herum war alles in einem Weiß gehalten, das normalen Wesen in den Augen weh tat. Doch Kirara störte das nicht. Ihr ganzes Schloss war so erbaut. Aus purer Macht.
Dennoch gab es bestimmte Bereiche, die sehr an die Räumlichkeiten von Sterblichen erinnerten. Der Grund dafür war ganz einfach. Die Schicksals-Engel, die hier im Schloss lebten und arbeiteten, waren früher einmal Teil der normalen Welt gewesen. Auch Kirara. Doch das war so lange her, dass sie sich nicht einmal mehr daran erinnerte.
Als Schicksals-Engel wurde man nicht geboren, sondern von der Göttin erwählt. Man ließ seine Familie zurück und durchlief in dieser Welt aus purer Macht eine Ausbildung, die einen zu einem Wesen machte, wie es kaum eines gab. Für eine Göttin mussten jedoch Seelenwächter und auch Höllenfrüst ihren Teil dazu beitragen. So war Kirara auch damals das erste Mal auf Nemesis getroffen.
Die Farbe ihrer Haare wurde noch ein wenig heller, während sie beobachtete, wie Nemesis Shionis Hand ergriff und diese küsste. Nemesis war der perfekte Mann für sie, denn er schien tatsächlich der passende König für die Königin zu sein und dennoch hatte Kirara irgendwo tief in ihrem Inneren gehofft, dass es nicht so war. Doch nun war es sowieso zu spät.
"Du hast nach mir verlangt?", erklang eine tiefe, aber weibliche Stimme und Kirara blickte auf.
Vor ihr war eine junge Frau erschienen, die zwar ein wenig klein war, doch dafür wies sie perfekte Kurven auf. Ihr goldblondes Haar fiel ihr sanft über die Schulter und verdeckte ein wenig die dunkelvioletten Hörner auf ihrem Kopf.
Als sie den Kopf hob und ihre violetten Augen direkt auf Kirara richtete, wurden die vielen Tattoos sichtbar, die in schwarzen Schnörkeln fast ihr komplettes Gesicht bedeckten.
"Nadeschda", gab Kirara von sich und ihre Stimme hatte einen Tonfall, der nur als monoton zu bezeichnen war. Keine Regung, ob sie erfreut war die Dämonin zu sehen oder nicht.
Nadeschda erschauderte und nahm das grünliche Haar wahr. Ein deutliches Zeichen, dass etwas überhaupt nicht nach Kiraras Vorstellungen lief und sie ahnte auch schon, was es war. Immerhin war sie ihre Verbindungsfrau zur Hölle und somit bestens über das informiert, was gerade vor sich ging. Zumindest die meiste Zeit. Als Kind vom Bruder des Höllenfürsten konnte sie in Kreise eintauchen, die sich nicht wundern würden, wenn sie dort auftauchte.
Außerdem wusste nicht einmal der Höllenfürst selbst, dass seine Nichte für die Schicksals-Göttin arbeitete. Was gut war, denn das Verhältnis der beiden war bestenfalls eisig und schlimmstenfalls explosiv.
Kirara hob die Hand und winkte Nadeschda mit einem Finger zu sich. Einie Geste, die sie schon sehr oft getan hatte. Anfangs hatte sich Nadeschda in der Gegenwart der Göttin nicht wirklich wohlgefühlt, doch mittlerweile störte sie diese gefühlskalte Art nicht mehr. Nadeschda konnte sie dennoch lesen. Zwar nicht wie ein offenes Buch und nur, wenn sie sich Mühe gab.
Die Göttin zeigte auf die Kugel und Nadeschda trat neben sie, um ebenfalls hinein zu blicken. Als sie Nemesis erkannte, zuckte sie zusammen und musste schlucken. Das kam unerwartet. Jetzt verstand sie auch, warum der Höllenfürst nicht In der Hölle war.
Kirara wischte mit der Hand in der Luft und das Bild änderte sich. Nun war Makoto zu sehen, die sich mit einem weißhaarigen Mann unterhielt.
"Ist das nicht Slach, der Fürst der Lycaner? Der, der seinen Bruder gestürzt hat?", fragte Nadeschda überrascht und Kirara hob den Blick, um ihre regenbogenfarbenen Augen direkt auf sie zu richten. Ihr Mund bewegte sich nicht einmal und Nadeschda erwiderte den Blick, ehe sie nickte. Auch wenn die Göttin nichts gesagt hatte, verstand die Dämonin doch, dass sie ihr zugestimmt hatte. Worte waren für sie mühsam, da ihr sehr, sehr alter Geist oft nicht die richtigen fand. Vor allem auch mit den Sprachen, die sie sprach. Es kam nicht selten vor, dass Kirara in eine Sprache wechselte, die Nadeschda nicht verstand. Oder das ein Satz aus mehreren Sprachen bestand.
"Seine Seele ist bereits befleckt", erklärte sie und nutzte hier wieder Wörter in drei Sprachen, die Nadeschda jedoch zum Glück zusammensetzen konnte. "Wir müssen also ein Gleichgewicht schaffen."
Nadeschda nickte und blickte nachdenklich auf die Kugel. Sie hatte in der Zeit mit Kirara viel gelernt und wusste, dass es nichts bringen würde, wenn sie in der Vergangenheit einer befleckten Seele zurückreisten, um zu verhindern, dass sie befleckt wurde. Eine Befleckung ging durch sämtliche Zeiten und war dauerhaft, bis die Seele gereinigt werden konnte.
"Wenn schlägst du vor?", wollte Nadeschda leise wissen und wunderte sich nicht, als Kirara eine lange Zeit lang schwieg. Früher hatte Nadeschda geglaubt sie hätte ihr nicht zugehört, doch nun wusste sie, dass die Göttin nach Worten suchte und vielleicht auch versuchte, Nadeschdas Worte zu verstehen.
"Seinen Bruder", kam schließlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, die Antwort und die Blonde horchte auf.
Sie kramte in ihren eigenen Erinnerungen und ein Bild eines kleinen Jungen kam zum Vorschein. Rotes Haar und orangerote Augen. Dazu eine gut gebräunte Haut. Allerdings keine nennenswerte Ausstrahlung. Kein starkes Wesen. Sein Bruder hatte die ganze Macht geerbt, die ihre Rasse weiterzugeben hatte. Auch wenn der Vater ein sehr alter und mächtiger Lycaner gewesen war. Für zwei Kinder hatte die Macht nicht gereicht. Lucien, wie sich Nadeschda erinnerte, war also kein sonderlich ernst zunehmender Gegner für seinen Bruder.
"Was schlägst du vor?", fragte Nadeschda erneut und störte sich nicht daran, dass sie Kirara alles aus der Nase ziehen musste. Sie war schon froh, dass diese ihr überhaupt mitteilte, was sie vor hatte. Früher, in der ersten Zeit ihrer Bekanntschaft, hatte Kirara Nadeschda immer nur mitgenommen, ohne ihr irgendwas zu sagen oder zu erklären. Nadeschda hatte zugesehen und gelernt.
"Feuer", kam die einfache Antwort, die dafür sorgte, dass sich Nadeschda nachdenklich am Kopf kratzte. Feuer war nicht unbedingt das deutlichste, was sie sagen konnte, aber die Dämonin glaubte, dass sie die Gedankengänge der Göttin nachvollziehen konnte. Soweit sie wusste, beherrschte Slach das Element Metall. Eines der seltensten Grundelemente in der magischen Welt. Wenn sie diese Information mit Kiraras Aussage kombinierte, gab es durchaus Sinn. Feuer war zwar nicht so selten, doch sehr starkes, magisches Feuer konnte Metall durchaus besiegen.
Nadeschda strich sich eine Strähne ihrer blonden Haare hinter das leicht spitze Ohr, doch diese blieb nur kurz dort, denn sie hob den Kopf und blickte zu Kirara. "Was soll ich für dich tun?"
Nun hob auch die Göttin den Kopf und so etwas wie ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen.
"Wir werden einen kleinen Abstecher in die Vergangenheit machen", erklärte sie und Nadeschda lächelte. Sie liebte diese Reisen durch die Zeit.
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Im Bann der Unsterblichkeit ~Shionis Geschichte~
FantasyShioni ist eine Königin der mittleren Galaxie, die eigentlich zur Reichskönigin gekrönt werden soll. Doch kurz nach der Krönung sieht sie sich mit Verrat konfrontiert, der ihr bisheriges Leben zerstört. Allerdings hat das Schicksal ganz andere Pläne...