Kapitel 2

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„Jetzt wird sie dafür büssen müssen…“

Amy schreckte hoch. Schweissgebadet lag sie in ihrem kleinen Bett. Die Laken waren durchwühlt; waren Zeugen, dass sie sich wild umhergewälzt und keinen wirklichen Schlaf gefunden hatte. Die Ginger seufzte und blickte auf die Uhr.
7.00 a.m
Toll, es waren gerade mal fünf Stunden vergangen, seit sie gestern zuhause angekommen war. Panisch war sie den ganzen Weg nach Hause gerannt. Hoffte, dieser Psycho würde ihr nicht folgen, was er zum Glück auch nicht getan hatte. Die Erinnerung an den Dolch in seiner Hand war ihr noch zu präsent. Und diese kalten, grünen Augen, die sie so abschätzend angesehen hatten. Amy schüttelte sich bei diesem Gedanken. Sie war um Haaresbreite dem Tod entkommen. Hätte sie ihn nicht weggestossen können, hätte er sie ohne zu zögern einfach abgeschlachtet. Wie genau sie es geschafft hatte, dass er durch den ganzen Raum flog, wusste sie nicht. Doch sie wollte es auch gar nicht wissen. Viel lieber wollte Amy es vergessen. Alles, was sie in dieser Nacht erlebt hatte einfach für immer aus ihren Gedanken streichen und nie mehr daran erinnert werden. Amelia stand seufzend auf, zog sich an und ging in die Küche. Obwohl man es weniger eine Küche nennen konnte. Vielmehr war es eine kleine Kochnische, die dringend einmal renoviert werden sollte. Sie fing an, Tee aufzukochen, als plötzlich ihr Telefon zu klingeln begann. Ein Blick darauf verriet ihr, dass es Mr. Pearson war, der sie in dieser Herrgottsfrühe zu erreichen versuchte. Warum rief er sie nicht auf dem Handy an? Was wollte er von ihr? Sie hatte sich doch heute extra freigenommen, um an ihrem Geburtstag zu feiern.
Wenn Amy daran zurückdachte, wie Martha ihr die Party ihres Lebens versprochen hatte, wurde sie traurig. Sie war nie eine Person gewesen die viel feierte, doch ihre beste Freundin war so aus dem Häuschen gewesen, dass sie zugesagt hatte. Diese Zeit, in der sie unbeschwert mit Martha quatschen konnte, schien so fern. Denn sie war tot. Ihre beste Freundin war tot. Einfach so. Ermordet. Von den Aliens und ihrem Anführer. Martha würde nie mehr zurückkommen.
Das eindringliche Klingeln des Telefons riss sie schliesslich aus ihren Gedanken. Als sie den Anruf entgegen nahm, fing ihr Chef auch sofort an zu schimpfen, warum sie nicht schon früher abgenommen hatte und wozu sie eigentlich ein Handy besass, wenn sie sowieso nicht ranging. Er hatte sie auf dem Handy angerufen? Nun, kein Wunder, dass sie das nicht gehört hatte. Schliesslich hatte sie ihr Mobiltelefon immer auf lautlos eingestellt. Amelia liess ihn zetern während sie es sich mit der Tasse Tee auf dem Bett bequem machte. Ein Sofa besass sie nicht mehr. Das war, wie fast alles andere, zerstört worden. Ihr Blick wanderte durch die kleine Wohnung. Ein einzelnes Zimmer. Nichts Auffälliges war zu sehen. Nichts, das irgendwie auf die Persönlichkeit der Besitzerin schliessen liess. Nichts, woran man sich festhalten konnte und nichts, was eine glückliche Erinnerung hervorrief. Nur vier nackte, kahle Wände.
Mr. Pearson hatte aufgehört zu schimpfen und die Ginger richtete ihre Aufmerksamkeit nun auf das gesprochene Wort, welches gedämpft durch das Telefon drang.
„Miss Jackson, Ich weiss, dass heute ihr Geburtstag ist, und sie mit Miss Brown feiern wollten. Doch wir brauchen Sie hier. Und da Miss Brown von uns gegangen ist, werden Sie nicht feiern gehen. Natürlich nicht. Also können Sie sich wenigstens etwas nützlich machen und arbeiten kommen. Ich erwarte Sie in einer Stunde im Taco. Sollten Sie nicht da sein, brauchen Sie morgen auch nicht mehr zu kommen.“
Mit diesen Worten legte er auf und Amy starrte empört auf den Hörer. Was bildete sich dieser Trottel eigentlich ein? Sie hatte gestern eine Spätschicht und war erst nach Mitternacht fertig und jetzt erwartete er von ihr in aller Herrgottsfrühe wieder auf der Matte zu stehen? Doch hatte sie überhaupt eine Wahl? Wenn sie noch pünktlich kommen wollte, musste sie sich beeilen. Amelia stand auf und stiess dabei an den Nachttisch, auf dem sie die Tasse Tee abgestellt hatte. Mit Schrecken sah sie der Tasse zu, wie sie über den Rand des Tischchens rutschte. Sie versuchte, das Gefäß am Fallen zu hindern, aber es war zu spät. Schon segelte es zu Boden, doch es kam nicht dort an; denn just im selben Augenblick, indem Amy ihre Hand ausstreckte, blieb die Tasse mitten in der Luft schweben.
Was zur Hölle?
Sie betrachtete das seltsame Geschehen verwirrt und zuckte zurück, als der Trinkbehälter plötzlich zu Boden fiel und sich der heisse Tee auf dem Boden verteilte. Verwirrt beobachtete die Ginger, wie sich die Flüssigkeit immer weiter ausbreitete. Bis sie realisierte, was gerade geschehen war. In ihrer Wohnung hatte gerade eine Tasse der Schwerkraft getrotzt! Doch das war unmöglich! So was gab es nicht. Aber… die Aliens waren auch real gewesen. Sie stockte. Aliens! Panisch drehte sie sich um, doch der Raum hinter ihr war leer. Ein logisches Argument, warum hier etwas Seltsames passierte, war gerade gestorben. Die zweite Begründung dafür wäre, dass sie verrückt wurde. Vielleicht hatte sie sich gestern Abend irgendwo den Kopf gestossen. Oder aber ihr Gehirn hatte durch den Schock, plötzlich im Angesicht des Todes zu stehen, einen erheblichen Schaden erlitten. Beide Erklärungen gefielen ihr nicht. Oder sie hatte sich auch ganz einfach getäuscht. Amy wusste, dass sie sich selbst anlog, doch sie wollte sich gar nichts Anderes vorstellen. Schnell packte sie einen Lappen und wischte den Tee auf, ehe sie zur Haustür hastete und zur Arbeit ging.

The Wind of Destiny - A Loki FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt