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Abends gehe ich extra früh heim und gehe noch duschen und ziehe mir etwas lockere Sachen an. Ne Jeans und T Shirt sehen neben meinem abgerissenen Freund passender aus als mein Anzug. Er ist pünktlich. Das finde ich schon mal großartig. Er ist mit einem Fahrrad gekommen und grinst breit. „Hast Du Hunger?" fragt er und hält fröhlich ein paar Fertiggerichte hoch. Wie es sich rausstellt hat er in einem veganen Restaurant was geholt. Das Essen ist richtig lecker. Wir unterhalten uns über Gott und die Welt. Der Junge kennt sich echt gut aus! Seine Weltanschauung ist wie erwartet sehr sehr weit links angesiedelt. Ich möchte mit ihm aber nicht über Politik streiten und deshalb höre ich lieber zu. Nach dem Essen fangen wir an Trompete zu spielen. Freja macht viele Ansatzübungen mit mir. Das Stück selber spielen wir dann noch zwei mal durch. Einmal gemeinsam und einmal mit Oberstimme. Es ist der Wahnsinn was er aus dem Instrument holen kann. Freja scheint das Ganze auch Spass zu machen. Zumindest üben wir bis weit nach Mitternacht. „Oh, Shit!" sagt er lachend. „Ich hab morgen Prüfung. Da sollte ich mich noch ein wenig hinlegen. Ich hau ab. Hast du morgen Abend wieder Zeit?" Ich freue mich und sage gerne zu. „Und morgen organisiere ich das Essen!" sage ich und habe schon eine Idee wo ich es her bekomme. Freja druckst ein wenig rum. „Ich bin Veganer. Soll ich nicht lieber was mitbringen? Ich weiß wer gut vegan kochen kann und bei wem man besser nicht bestellt." Ich gebe mich geschlagen. „Dann hole ich den Wein dazu. Lieber rot oder weiß?" Freja guckt zu Boden. „Ich trinke nicht." „Oh." sage ich enttäuscht. Freja  sieht meine Enttäuschung und sagt: „Ok, besorg Wein. Aber ich trinke nicht viel, sonst können wir das Spielen vergessen." Sein Händedruck zum Abschied ist fest und er schaut mir tief in die Augen. Als er weg ist wundere ich mich. Welcher Punk trinkt keinen Alkohol?!? Ich muss wohl mein Weltbild etwas aktualisieren.
Am nächsten morgen verschlafe ich erst einmal. Ich springe in meine Klamotten und haste in die Firma. Zum Glück ist kein Meeting so dass ich es so aussehen lassen kann als sei alles in bester Ordnung. Mark kennt mich aber leider zu gut und er zieht mich auf. „Na, hat der Wecker nicht geschellt?" Ich brumme ihn an und er zeigt mir fröhlich was wir zu tun haben. Ich muss nächste Woche nach Canada um mit den anderen Firmen um die Abbaurechte der Bodenschätze pokern. Ein Teil dieser Rechte habe ich mir im Vorfeld gesichert. Aber alle zu haben wäre ein Traum. Ich mache mich mit Mark auf den Weg zu einem Meeting. Unterwegs treffen wir Gabriel mit seiner neuen Sekretärin. Sie hat die gleichen blauen Augen wie Freja . Ich seufze leicht und muss an gestern Abend denken. Ich gehe im Geiste noch einmal unseren Abend durch. Ich habe mich nich nie so lange so interessant am Stück unterhalten. Der Kerl hat's echt drauf. Plötzlich fragt mich Mark ob ich an Freja denke ich nicke ehe ich nachdenke. Und schon schüttelt sich Mark vor Lachen. Seine Scherze werden langsam langweilig. Genervt komme ich im Meeting an. Zum Glück verpatzt Mark dieses Mal nicht seinen Vortrag. Zwischendurch streifen meine Gedanken schon ziemlich oft zu meinem Punk. Ich freue mich auf heute Abend!
Mark und ich müssen gemeinsam zu einem Aussentermin der nicht weit weg ist. Ich überrede Mark dass wir da hin laufen und ich locke ihn damit dass wir bei einer Fast Food Kette vorbei gehen werden. Ich frage mich wie Mark so dürr sein kann wo er das fertige Zeugs so liebt. Er kaut fröhlich wie ein Schuljunge seine labbrigen Pommes als wir Strassenmusiker hören. Die Musiker haben ein altes Klavier mitgebracht. Freja sitzt mit seiner Trompete auf dem Klavier und spielt. Klavierbegleitung und Trompete erscheinen als gleichberechtigte Instrumente. Die Klavierspielerin die ihn begleitet hat echt was drauf. Das Mödel hat Zauberhände und sie fliegt über die Tasten. Freja spielt kräftig aber sanft. Und wie er spielt! Ich könnte vor ihm auf die Knie sinken. Es ist unglaublich welch liebliche Töne er dem Instrument entlocken kann. „Wahnsinn was der mit seiner Zunge kann!" flüstere ich geflashed Mark ins Ohr. Der grinst mich dreckig an und sagt: „Kannst du ja heute Abend genießen!" Ich hab nur halb hingehört weil ich Freja gebannt anschaue. der hat uns gesehen und in einer Taktpause uns zugelächelt. Ich bleibe lange stehen um zuzuhören. Die Pianisten wechseln, Freja bleibt aber an der Trompete. Mark langweilt sich und fragt einen der anderen Zuhörer aus. Ich lasse mir seine Bemerkung von eben noch mal durch den Kopf gehen und werde wütend. Mark soll mit seinen bescheuerten Andeutungen bleiben wo der Pfeffer wächst! Ich unterhalte mich doch nur mit Freja und lerne von nem echt begnadeten Musiker ein Instrument. Nicht mehr und nicht weniger. Ich beschließe wenn ich das nächste mal Marks Papa treffe ein paar eindeutig zweideutige Bemerkungen fallen zu lassen. Vielleicht küsse ich Mark ja auch mal vor seinem Vater. Der ist nämlich richtig homophob und ich könnte mir so einer Aktion Mark richtig einen reinwürgen. Oh, ja! Rache ist süß!
Freja ist wieder pünktlich und hat Abendessen mitgebracht. Ich habe einen richtig guten Rotwein aufgemacht. Freja nimmt einen Schluck und schaut mich dann ungläubig an. Er lächelt schief und schließt die Augen. Er atmet ein paar mal tief ein und aus. „Schmeckt dir der Wein nicht?" frage ich ängstlich. Er öffnet seine Augen und schaut mich amüsiert an. „Doch! Das ist das leckerste was ich je in meinem Leben getrunken hab." sagt er. Ich wundere mich dass ich rot werde. Aber es ist so. Gemeinsam essen wir und mit ihm zu plaudern macht einfach Laune. Mein ganzer Stress von der Arbeit fällt von mir ab. Es ist einfach nur schön. Nach dem Essen spielen wir. Heute nur bis etwa elf. Danach ist bei mir die Luft raus. Eigentlich wollte sich Freja verabschieden aber ich überrede ihn noch ein Glas Wein mit mir zu trinken. Wir sitzen auf der Terrasse und genießen die Nacht. Ich hab keine Ahnung weswegen ich mich bei diesem Menschen so wohl fühle. Ich glaube weil er alles das ist was ich gerne wäre aber nicht bin. „Hast du morgen Abend wieder für mich Zeit? Frage ich hoffnungsvoll. Ich freue mich als er nickt. „Ich hab noch ne Probe. Kann ich um 21.30h bei dir sein?" Ich freue mich dass er sich überhaupt für mich Zeit nimmt und nicke glücklich.

RyanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt