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Beschwingt gehe ich am nächsten Morgen in die Firma. Ich habe die ganze Nacht nur an Freja gedacht. An ihren Kuss, ihr Lachen wie wir geredet haben und wie wir zusammen geschlafen haben. Wenn ich geahnt hätte dass sie ein Mädchen ist dann wäre die Nacht anders verlaufen. Glaube ich. Bestimmt. Im mich selbst belügen bin ich gut. Die Nacht wäre nicht anders verlaufen. Ich denk mal dass Freja weiß dass ich kein Mädchen bin und so lange sie nicht den ersten Schritt macht mache ich gar nix. Ich bin für so was einfach zu schüchtern.
Aber sie hat mir gestern Abend einen Kuss geschenkt. Einfach so. Ich hoffe so sehr dass ich noch einen kriege. Übermorgen ist die Einweihung unserer Kirche. Wenn der Auftritt gut wird, vielleicht ja dann? Ich hoffe so sehr dass Freja mich ich mag. Ich mag sie auf alle Fälle. Ich liebe es einfach Zeit mit ihr zu verbringen. Unweigerlich muss ich an unsere erste Begegnung in der Bahn denken. Sie hat ihr Brot verschenkt und ich habe sie dafür zwar ausgelacht aber im Grunde meines Herzens auch bewundert. An dem Vormittag halte ich oft mein Handy in der Hand um Freja anzurufen oder ihr eine Nachricht zu schicken.
Gegen Mittag kommt Finja um mich zum Mittagessen abzuholen. Mark kommt natürlich auch mit. Ich habe ihn natürlich gefragt warum er unbedingt immer mit uns seine Pausen verbringen will und er hat mir verraten dass er Finja mag. Er sagt nie einen Ton. Wenn ein Mädchen in seiner Nähe ist auf das er steht kann er einfach nichts sagen. In der Hinsicht sind wir uns wirklich ähnlich. Bei Freja bekomme ich ja auch kaum noch die Zähne auseinander. Trotzdem liebt Mark es sie in den Pausen zu sehen und ihr zuzuhören wie sie mit mir redet.
Finja fragt mich über mein Land in Afrika aus. Ich erzähle ihr bereitwillig was ich gestern mit Freja besprochen habe und dass sie sogar mitkommen will! Ich muss bei dem Gedanken lächeln und werde rot. Auf die Frage wann wir denn fahren weiß ich keine Antwort. Ich erkläre dass die Entscheidung an Freja hängt weil sie den volleren Kalender hat. Finja fragt ob ich sie denn schon angeschrieben hätte und ich schüttle beschämt den Kopf. „Ich traue mich doch nicht sie anzuschreiben." sage ich schüchtern. Finja nimmt mein Handy und schreibt ihrer Schwester: ‚Hallo Schatz! Hab den ganzen Tag an dich gedacht. Hast du dir schon Gedanken gemacht wann du Zeit hast mit mir nach Afrika zu fliegen? 😘 Ich bin entsetzt dass sie das geschrieben hat. „Musst nur noch auf Absenden drücken." fordert sie mich auf. Erleichtert lösche ich die Nachricht. Ich lösche versehentlich Frejas Nummer. Mist! Aber weil Finja so gemein zu mir war frage ich sie nicht ob sie mir die Nummer ihrer Schwester geben könnte. Ich hoffe ganz einfach dass sich Freja bei mir meldet. Sie ist doch auch sonst auch immer so selbstbewusst.
Kurz nachdem wir uns von Finja verabschiedet haben bekomme ich von Freja eine Nachricht. Sie hat ihren Kalender durchwühlt und das Wochenende Zeit. Ansonsten erst wieder nach Weihnachten. Freudig sage ich ihr zu und rufe dann meinen Piloten an. Mein ganzer Körper kribbelt bei dem Gedanken ein ganzes Wochenende mit ihr zu verbringen. Ich buche uns zwei Hotelzimmer und bin glücklich.
Meine Sekretärin ist noch immer im Urlaub. Ich mache also meine ganzen Termine selber und muss halt auch Bürozeiten einplanen. Ich frage mich ob Nancy wieder kommt. Wenn nicht werde ich mir bestimmt keine neue Sekretärin einstellen. Die nerven mich eher als dass sie mir helfen. Nancy hat ja fast nur Blödsinn veranstaltet und die Hälfte meiner Termine nicht oder falsch eingetragen. Colin kommt rauf und ich begrüße ihn mit dem üblichen „Hallo Spencer." er grinst müde und legt mir einige Berichte vor. Mein Land ist relativ dicht besiedelt (für Afrika). Und die Dörfer sind bisher autark. Die dortige Bevölkerung wehrt sich gegen den Verkauf ihres Landes (wieso auch nicht, denke ich). Leider hat es in den letzen Monaten dort nicht geregnet so dass die Ernten ausgefallen sind beziehungsweise sehr wenig geerntet werden konnte. Die Menschen dort benötigen dringend Trinkwasser und Lebensmittel. Colin hat mir eine Auflistung von dem gemacht was dort sofort hin gebracht werden müsste. Ich bin geschockt und frage Colin ob er mir helfen könnte das Zeugs zu besorgen. Colin freut sich und nickt. Seine Freunde um Adam haben zum Glück gute Kontakte. Colin verspricht mir dass die Hilfsgüter schon am Wochenende da sein werden. Als wir alles organisiert haben grinsen wir uns an und Colin nickt mir grinsend zu. Von Colin ein Grinsen zu bekommen ist so schwierig wie eine eins in der Matheklausur zu bekommen. Man muss sich schon enorm anstrengen.
Die Banken finanzieren mir die Lebensmittel für Afrika natürlich nicht. Ich werde es privat bezahlen und halt mal auf den Urlaub verzichten. Ich muss das noch meiner Schwester Jenny beichten. Meine kleine Schwester ist cool. Ich liebe sie über alles und sie begleitet mich immer auf meine offiziellen Termine und wir fahren immer gemeinsam in den Urlaub. Sie ist echt hübsch und ich liebe es wenn sie sich zurecht macht. Dann hab ich die schönste Frau an meiner Seite und alle sind neidisch. Mark hat Jenny mit mir zusammen groß gezogen. Wir sind also eher die Eltern für Jenny als Bruder. Jenny ist die einzige Frau mit der Mark und ich ungezwungen plaudern können. Colin fragt mich zum Schluss ob ich wirklich damit einverstanden wäre seinen Hackerkumpel einzustellen und ich sage ihm zu. Ich denke mal dass Colin schon weiß wen er da in die Firma holt. Ich mache mir kurz Sorgen ob ich da zu blauäugig bin aber die nächste Nachricht von Freja lässt mich diese Sorgen schnell vergessen. Sie fragt ob wir uns am Abend noch mal zum Üben treffen sollen. Ich sage freudig zu. Sie schreibt dass sie wieder was zum Kochen mitbringen wird. Ich soll ihr schreiben worauf ich Appetit hätte. Ich weiß es nicht. Und das schreibe ich ihr dann auch: ‚Keine Ahnung, ich lass mich überraschen."
Ich bin aufgeregt und habe ein bisschen Angst vor heute Abend. Es ist das erste mal dass wir uns treffen und ich weiß dass sie ein Mädchen ist. Ob ich mich trotzdem so gut mit ihr unterhalten kann? Ich hoffe dass ich es nicht versaue.

RyanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt