Kapitel 1

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Mit einem hellen bling öffneten sich die Fahrstuhltüren vor mir. Sofort erblickte ich Mike, der an die Türen der schwarzen Limousine schritt, die vor wenigen Augenblicken unsere Zufahrt hochgefahren sein musste. Aus der nun geöffneten Tür stieg ein Mann aus. Genau genommen konnte ich vom Fahrstuhl aus zunächst nur einen schwarzen Stiefel sehen, der mit einer gewissen Bestimmtheit auf dem grauen Pflaster auftrat, dann einen Kopf.

Das Schließen der Fahrstuhltüren vor mir unterbrach mein Starren. Mit einem genervten Stöhnen schob ich schnell meinen Fuß zwischen die beinahe geschlossen Türen und verließ den Fahrstuhl. Es war schließlich nicht das erste Mal, dass ich eine schwarze Limo in unserer Auffahrt gesehen hätte. Prominenten Gäste und solche die es gerne wären, ließen sich oft in ihren teuren Fahrzeugen bis direkt vor die imposanten Flügeltüren unseres Hotels kutschieren.

Auf dem Weg zur Rezeption konnte ich aus meinem Augenwinkel erkennen wie der soeben angekommene Gast im Foyer, nur wenige Schritte von dem von mir angesteuerten Ziel entfernt, von Mr Bertington empfangen wurde. Wenn der seinen Allerwertesten aus seinem Büro hierher bewegte, dann konnte das nur auf einen besonderen Anlass hindeuten.

Hinter dem Tresen der Rezeption angekommen nahm ich den Grund für Bertingtons Erscheinen näher in Betrachtung. Er war durchschnittlich groß, gekleidet in einen scheinbar schlichten dunkelgrauen Anzug und auf seiner Nase saß eine überdimensionierte schwarze Sonnenbrille.

Berühmte Menschen und ihre Macken...

Seine dunkelbraunen Haare hatte er sich in einen hohen, locker sitzenden Dutt gebunden. Trotz seiner jungen Gesichtszüge, die mich ihn auf nur wenige Jahre älter als ich selbst schätzen ließen, wirkte er durch seine Erscheinung sehr erwachsen. An seine Seite trat nun eine Frau, ungefähr des gleichen Alters und hakte sich vertraut bei ihm ein. Sie trug einen langen Mantel mit schwarzem Fellkragen und fiel durch ihre außerordentliche Größe auf. Mit ihren High Heels überragte sie ihre männliche Begleitung um gut einen Kopf.

Um nicht beim erneuten Starren ertappt zu werden, fokussierte ich meinen Blick nun auf den Computerbildschirm vor mir und checkte die Anreisedaten für die heute zu erwartenden Gäste. Bertington bezahlte mich schließlich nicht dafür, dass ich faul herumstand.

Es war unmöglich aus der Liste an Namen auszumachen wer dieses Paar war, welches nun zum Fahrstuhl geführt wurde. Allein für diesen Vormittag wurden noch über ein Dutzend Anreisende erwartet. Nachdenklich schaute ich Mike hinterher, der den Gepäckwagen mit einer nicht gerade dürftigen Anzahl an Koffern und Taschen neben das Paar in den Fahrstuhl schob. Er grinste verschwörerisch in meine Richtung und formte unauffällig irgendwelche Worte mit dem Mund, die ich nicht ausmachen konnte.

Nachdem sich die Türen geschlossen hatten und sich der Fahrtsuhl in Bewegung setzte, verfolgte ich an der Anzeige darüber in welcher Etage die Fahrt enden würde.

8 - 9 - 10

Nicht euer Ernst. Das wollte mir Mike also mitteilen.

Mit einem kurzen Augenverdrehen richtete ich meinen Blick wieder zurück auf den Monitor, um zu schauen wer die Premier Suite - die einzige Suite in der zehnten Etage - gebucht hatte.

Mrs und Mr Hefford.

Falls ich den Namen schon einmal gehört hatte, konnte ich nicht sagen in welchem Zusammenhang. Ob es sich bei den Heffords um ein Pärchen handelte, das wissen wollte wie es ist, einmal in der teuersten Suite der Umgebung zu übernachten und dafür monatelang gespart hatte? Wahrscheinlich nicht - ihr geplantes Abreisedatum verriet mir, dass sie länger als eine Nacht bleiben würden. Vielleicht waren es auch Möchtegern-Promis, die sich nach Aufmerksamkeit sehnten.

Das Läuten des Telefons unterbrach meinen Gedankengang. Das blonde Mädchen am Tresen neben mir, ihr Namensschild konnte ich nicht erkennen, welches vor einigen Wochen hier angefangen hatte, nahm ab: „Grand Hotel Excelsior. Wie kann ich Ihnen behilflich sein?" Nach wenigen Sekunden streckte sie den Hörer in meine Richtung und sagte bloß: „Für dich."

Verwundert nahm ich ihn entgegen. Noch bevor ich mich melden konnte, fragte die Stimme am anderen Ende der Leitung: „Samuel?"

„Am Apparat."

„Mr Bertington erwartet dich im zehnten Stock."

Ich erkannte die Stimme von Elsa, der etwas in die Jahre gekommenen persönlichen Assistentin von Bertington.

„Im zehnten Stock?", antwortete ich ungläubig.

„Ja ja, Service für Mrs und Mr Hefford", sagte sie, wahrscheinlich genervt davon, dass ich mich nicht sofort auf den Weg machte. Dabei betonte sie ihren Namen so als müsste ich wissen wer die Heffords sind.

Ich konnte nicht anders als erneut nachzufragen: „Aber warum denn ich?"

„Aber warum denn du? Weil du dafür bezahlt wirst? Außerdem hat deine Schicht gerade begonnen und Lucinda ist noch zu unerfahren. Nun stell keine Fragen mehr und geh schon."

Bevor ich auflegen konnte, fügte sie noch hinzu: „Ach und Samuel? Zuvorkommend, aber nicht aufdringlich."

Zuvorkommend, aber nicht aufdringlich.
Wie als wäre es mein erster Tag in diesem Hotel und ich auf dem Weg zur Queen höchstpersönlich.

Trotzdem betrachte ich während der Fahrt in die zehnte Etage prüfend mein Spiegelbild und zupfte meine schlichte Uniform zurecht. Was würde mich wohl erwarten? 

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