Draußen wurde es dunkel, die Erzmagier waren bis auf Khadgar, Kalec und Modera alle gegangen und Raeion saß schon halb dösend und noch immer ungefunden auf der Bank und hoffte noch immer, ein Schamane würde aufkreuzen.
Er hatte schon viele andere Kämpfer ein und aus gehen sehen, doch keiner wies die Merkmale eines Schamanen auf.
Ein Blutelfenpaladin war hier gewesen.
Ein Orc-Krieger.
Ein Taurendruide.
Eine Nachtelfenpriesterin.
Eine Leerenelfenschurkin.
Und noch mehr.
Doch er war sich sicher, dass keiner der kurz Anwesenden ein Schamane gewesen war.Raeion gähnte herzhaft, was ihn ein paar schmunzelnde Mienen von den Erzmagiern ernten ließ, und streckte sich dann der Länge nach auf der Bank aus.
Sie war wenig bequemer als sein Nest und schon in dem harten Teil hatte er einen sehr gesunden Schlaf, also verschränkte er einfach die Arme hinterm Kopf und schloss die Augen.
Morgen würde er mehr Zeit haben.
Morgen würde er einen Schamanen finden..."Ah, da seid ihr ja endlich."
Er riss die Augen auf, ängstlich, dass Khadgar eventuell seinen Schwarm benachrichtigt hatte, doch es waren lediglich eine Nachtgeborene und ein hochgewachsener Blutelf mit goldenen Augen und schwarzen Haaren.
"Hmmh, es gab noch ein Treffen von unserem Schwarm wegen dem neuen Krieg.", erklärte der Mann lachend und machte so unmissverständlich klar, dass er ein Schwarzdrache war. "Und wegen einem kleinen Racker, der angeblich abgehauen ist und jetzt in Todesgefahr schwebt."
"Achso?" Khadgar hob nachdenklich eine Augenbraue. "Warum das? Und ich hoffe doch, ihr plant nicht, in den Krieg einzugreifen?"
"Weil er nicht nur verletzt ist, sondern auch keine Ahnung von Waffenhandhabung und Magie hat. Er wird sich nicht verteidigen können. Oh, und nein, wir werden nicht eingreifen, jedenfalls nicht aktiv. Verluste können wir uns nicht leisten."Raeion schluckte schwer.
Ein Schwarzdrache...und dann auch noch ganz offensichtlich sein Vater.
Hoffentlich verriet ihn Khadgar nicht..."Und der kleine Racker, habt ihr eine Beschreibung von ihm?"
"Er sieht erwachsen aus, ist aber weniger muskulös, mehr wie ein Teenager. Kurze schwarze Haare und eher rötliche Augen. Der linke Arm soll einbandagiert sein. Und er heißt Raeion."
"Habt Ihr schonmal darüber nachgedacht, dass er eventuell dem Wahnsinn verfällt?", meldete sich Kalec, während Modera Raeion musterte.
Khadgar nickte zustimmend. "Er hat Recht, ihr solltet vorsichtig sein. Furorion ist als der letzte seiner Art bekannt, wenn dann plötzlich ein zweiter Deathwing auftaucht...nun ja. Dann wird dieser Schwarm auch nicht lange überleben."
"Vielleicht kann man es noch verhindern." Modera legte den Kopf schief und deutete auf Raeion. "Der Gesuchte liegt offenbar direkt dort."Nun lag die Aufmerksamkeit aller auf ihm.
Wenn Blicke töten könnten, so sagte er sich, wäre Modera das schon lange.
Der Schwarzdrache, der mehr als offensichtlich Shairion hieß, starrte ihn lange an und kam dann zu ihm.
Sein Blick war ernst, so richtig väterlich ernst, und Raeion hasste ihn schon jetzt.
"Du solltest zurück zum Hort.", sagte er knapp.
"Warum sollte ich?", gab er unbeirrt zurück.
"Du kannst nicht kämpfen. Warum solltest du also nach draußen? Nicht mal die anderen Jungdrachen verlassen den Hort, und sie haben schon reichlich Erfahrung angesammelt." Shairion kniete sich neben die Bank. "Warum du eigentlich nicht? Warum lässt du dir nichts beibringen?"Raeion zögerte.
Sollte er seinem Vater das wirklich erzählen?
Dass er nur so stur war, in der Hoffnung, dass man seinen Vater dann rufen würde, um ihm ins Gewissen zu reden?
Er entschied sich dagegen, drehte den Kopf zur Seite und schnaubte. "Wüsste nicht, dass das wen anzugehen hat, der nie im Hort ist und sich seine Familie von einer Sterblichen ausspannen lässt."
"Raeion." Wieder diese ernste Stimme, doch ein wenig eingeschüchtert hörte der Jungdrache unerwartet viel angestaute Wut in ihr. "Chalan kenne ich länger als diese Drachin. Im Grunde genommen war sie diejenige, die mir eine zweite Familie beschert hat."
"Als Drache hast du andere Pflichten, als dich mit Sterblichen rumzuschlagen."
"Als Schwarzdrache hättest du die Pflicht, dich darauf vorzubereiten, am Ende deiner Ausbildung mit ihnen eine freundschaftliche Beziehung zu haben.", konterte sein Gegenüber ungeduldig. "Ich kann dir nur raten, deine Ausbildung schnell hinter dich zu bringen, dann bist du frei. Wenn du jetzt in den Hort zurückkehrst, dich jetzt einer Gruppe zuordnest, bist du in allerbestens drei Jahren schon da raus."
"Dann wäre ich zwanzig Jahre alt und was, wenn ich dann gar keine Lust mehr auf Abenteuer habe?"
"Geh zurück zum Hort.", wiederholte sich Shairion ab und stand wieder auf.
"Du hast mir gar nichts zu sagen!", zischte Raeion und sprang auf die Füße. "Weißt wohl nicht, was für Pflichten ein Vater hat, wenn die Mutter nicht da ist, huh?"
"Vater?" Er zog die Augenbraue hoch und musterte ihn lange. Dann schüttelte er jedoch kaum merklich den Kopf. "Der Eine von den Sieben bist du?"
"Wenn du von mir gehört hast, hättest du dich wenigstens auch mal ab und an zeigen können.", gab er anklagend zurück.
"Es ist Krieg, Raeion, ich hatte keine Zeit."
"Aber du hast Zeit, Kaffeeklatsch mit den Erzmagiern zu halten, ja?"
Shairion seufzte. "Du hast doch gar keine Ahnung, also warum wirfst du alles gegen mich?" Er legte seine große Hand auf seinen Kopf und wuschelte ihm durch die Haare. "Es tut mir leid, dass ich nicht kommen konnte, wirklich. Wenn möglich ändere ich das in Zukunft, auch wenn ich nichts versprechen kann. Also, was ist mit deiner Mutter?"
"Angeblich ist sie in intensiver Behandlung, aber das schon seit meinem Schlüpftag." Die Arme vor der Brust verschränkend, um es nicht zu zeigen, musste er sich eingestehen, dass er diese Geste genoss.
"Also ist sie tot.", merkte Shairion rücksichtslos an. "Solche Ausreden hört man immer."Stille herrschte für eine gefühlte Ewigkeit.
Doch dann trat die Nachtgeborene vor, und zum ersten Mal fiel Raeion auf, dass sie ein kleines Mädchen von vielleicht sechs Jahren auf dem Arm trug.
Es sah aus wie eine Nachtgeborene mit langen weißen Haaren, cremefarbener Haut und goldenen Augen, die typisch shalassischen schimmernden Zeichen auf ihrem Körper waren allerdings in den arkanen Lichtern stark sichtbar.
Er musste sich eingestehen, dass sie schon recht hübsch war, und vielleicht, nur vielleicht konnte er sie in späterem Alter für sich beanspruchen. Zwar kamen sie vom selben Vater, doch die Mütter waren nicht die gleichen, also würde es sicher nicht als Inzest durchgehen.Die Mutter der Halbsterblichen spannte sich jedoch an und ihr Lächeln wirkte nicht mehr ganz so ehrlich.
"Deinen Arm...wenn du magst, kann ich ihn heilen.", schlug sie ihm vorsichtig vor.
"Wäre nett, danke."
Zu seiner Enttäuschung wurde das niedliche Mädchen in einiger Entfernung zu ihm abgesetzt und dann sein Arm genommen, die Verbände mit einem raschen Dolchschnitt schnell von seinem Arm genommen.
Die plötzliche Luft an seinem sonst gut verpacktem Arm ließ ihn schaudern, die umso wärmere Hand der Shal'dorei allerdings noch mehr.Wieder erfüllte Stille den Raum, in der Raeion seinen Blick wieder zu dem kleinen Mädchen schweifen ließ.
Er wusste ihren Namen nicht, fragte sich also, welcher es sein könnte, während sie seinen Blick erwiderte.
Ungläubig stellte er fest, dass das nicht einmal pubertierende Mädchen genau denselben habgierigen Blick wie er selbst zeigte.
Ohne zu Zögern starrte sie ihm direkt in die Augen, um ihm zu zeigen, dass er nicht allein so fühlte.Eine hastige Geste ließ sie jedoch zusammenzucken und niedergeschlagen schlurfte sie zu den Erzmagiern, setzte sich hinter ihnen auf die Treppe und sah mit beleidigt geblähten Backen wieder zu ihm.
Obwohl er schmunzeln musste, sah er doch wieder zu seinem Vater hoch.
Dieser sah besorgt aus.
Ganz offensichtlich wollte er nicht, dass er und seine Tochter eine Beziehung aufbauten...auch wenn dies bereits geschehen war."Fertig." Chalan trat zurück und sah zu, wie er langsam seinen Arm anwinkelte und streckte.
Tatsächlich, es schmerzte nicht mehr.
"Danke.", schaffte er es zu sagen, auch wenn er noch ein bisschen sauer war, dass sie ihre Tochter von ihm fernhielten.
"Kein Problem." Sie strich sich ein paar Strähnen aus dem Gesicht und wandte sich dem Mädchen zu. "Aria, komm her."
Noch immer mit dem beleidigten Blick schüttelte sie trotzig den Kopf und Raeion schmunzelte.
Ihr Name war süß und schön zugleich und wie sie dann noch indirekt versuchte, zu ihm zu kommen..."Aria, das ist nichts, worüber wir zu diskutieren haben." Chalan stemmte die Hände in die Hüften und starrte ihre Tochter ernst an.
Diese begann breit zu grinsen und wuselte die Treppe hinauf, kletterte auf das steinerne Geländer und sprang von dort auf eine dünne Kante, die sich durch den gesamten Raum bis zur Tür zog, und benutzte diese, um ihm näher zu kommen.
Ihre Eltern hatten das wohl noch nicht verstanden, denn sie bewegten sich nicht.
Doch als sie sich nach vorn kippte, rannte ihre Mutter zu ihr, um sie aufzufangen, Shairion ließ entsetzt Raeion los...jedoch teleportierte sich Aria direkt in Raeions Arme und flüsterte: "Lauf."
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The might of Azerite
Action~ Noch unbemerkt kauerte die schwarzhaarige Gestalt am Rand Der Wunde in Silithus. Die goldenen Augen huschten über die Landschaft, misstrauisch die Goblins dabei beobachtend, wie sie das golden-blaue Gestein namens Azerit, welches durch Sargeras' S...