6| Old ways won't open new doors

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Es regnete

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Es regnete. Jedoch konnte man die Abfolge der vielen, schweren Tropfen, die in raschen Abständen gegen die Scheibe prasselten, kaum mehr als Regen bezeichnen. Es schüttete. Und zwar so heftig, wie es in ihrer Heimat seit vielen Jahren nicht mehr geschüttet hatte.

Beinahe kam es Saya so vor, als würde der Himmel mit ihr trauern. Ihr Herr hatte den ganzen Vormittag über geflucht, über den Regen, ihre angeblich schlecht verrichtete Arbeit, dem anderen Sklaven, welcher eine teure Vase zu Bruch gehen hatte lassen und über noch so viel mehr, das Saya allerdings nicht verstand, denn er fluchte den Rest auf Arabisch.

Der andere Sklave, Tayo, stammte aus Nigeria. Er war nicht wesentlich älter als Saya, maximal neunzehn. Sein Englisch war holprig, aber für sie verständlich. Seine Haut hatte einen helleren Teint, als sie es kannte, es war eine Art Kaffeebraun, besser konnte Saya es nicht beschreiben.

Tayo war schüchtern, sprach nicht viel und wenn, dann klang seine Stimme so schrecklich verzweifelt und hoffnungslos, dass es Saya die Tränen in die Augen trieb. „Weißt du", hatte er einmal in einem unbeobachteten Moment zu ihr gesagt, „mein Name bedeutet Geboren zum Glücklichsein. Wenn das hier Glück sein soll, dann frage ich mich, was Gott wohl für einen verkehrten Humor hat." Und bevor Saya irgendetwas auf seine verbitterten Worte erwidern konnte, war ihr Herr ins Zimmer gestürmt und hatte sie angeschrien, was ihnen denn einfiele, einfach zu quatschten, anstatt zu arbeiten. Er hätte sein Geld schließlich nicht für nutzlose und faule Esel ausgegeben.

Aus Angst vor neuerlichen Schlägen waren sie beide auseinander gestoben und hatten ihre Arbeiten noch schneller als gewöhnlich gefordert erledigt. Saya hatte sich im Laufe der unzähligen Wochen, die sie bereits hier war, angewöhnt, während der Arbeit ein Lied zu summen, welches ihre Mutter stets gesungen hatte, als sie noch ein kleines Kind war und nicht einschlafen wollte.

Aus diese Weise schien die Zeit schneller zu vergehen und auch die Schmerzen waren besser zu ertragen. Nachdem ihr Herr schon nach kurzer Zeit festgestellt hatte, dass sie in der Küche absolut untauglich war, musste sie nun die Böden fegen und putzen, Kleidung waschen und Einrichtungsgegenstände von Staub befreien. Arbeitete sie nicht schnell genug oder war ihr Herr mit ihrer Leistung nicht zufrieden, erhielt sie eine Strafe.

Meist waren es Schläge, mit der Hand oder einer Pferdepeitsche. Manchmal, wenn es sich um kleinere Dinge handelte, bekam sie für einen oder mehrere Tage nichts zu Essen. Selten verweigerte man ihr auch das Wasser, dass sie in dieser Hitze so dringend brauchte. Diese Strafe war die schlimmste. Schlimmer als all der äußerliche Schmerz war der innerliche, wenn ihr Körper nach Wasser lechzte und sie nichts trinken konnte.

As sie das krächzende, trockene Hustengeräusch ihres Herrn vernahm, griff sie rasch wieder nach dem Lappen, tunkte ihn in den Wassereimer und bearbeitete den blanken Steinboden damit, bis kein Staubkorn mehr zu sehen war. Als ihr Herr an ihr vorbeilief, senkte sie den Blick zu Boden und duckte sich, hoffte, dass sie unbemerkt blieb. Ein stechender Schmerz und ein leises Knirschen ließen sie jäh aufschreien. Er war auf ihre Finger getreten. Sie wimmerte, versuchte ihre Finger unter seinen Schuhen hervorzuziehen, was den Schmerz verstärkte.

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