Erster Teil - Kapitel 2

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Auch die Tiefgarage der Sozialbauten war schon seit einigen Jahren nicht mehr in Benutzung und seit der Zwangsräumung auch nie wieder beachtet worden. Die über zweihundert Wohnungen des Stadtviertels waren schon seit Jahren wegen Asbestproblemen unbewohnbar und die Stadt hatte kein Geld, das zu erneuern oder abreißen zu lassen.

Seit dieser Zeit lebten wir schon in der unterirdischen Parkplatzoase. Eine Tiefgarage eignete sich hervorragend als Unterschlupf, denn man hat jede Menge Platz für Ausrüstung, Autos und sonstigen Schnickschnack. Sarah kannte sogar jemanden, der uns eine Hebebühne installiert hatte. Wir hatten jede Menge Schränke und Regale in einer Ecke der Garage aufgestellt, in der ich meine Gewehre und diverses Zubehör aufbewahren konnte. Thomas verstaute dort seine Nahkampfausrüstung und Sarah lagerte dort ihre technischen Gadgets. Einen großen Teil der Fläche hatten wir uns mit Holzfußboden ausgekleidet und ein paar Ziegelwände hochziehen lassen. Wir hatten sogar Warmwasser und Storm dort unten, weshalb es gegenüber einer normalen Wohnung eigentlich gar keine Nachteile hatte. Den Rest der Garage nutzen wir als Parkplatz für die Autos und für unser Schusstraining. Es diente uns schon seit drei Jahren als Unterschlupf und bisher hatten wir damit noch überhaupt keine Schwierigkeiten.

Niemand wusste von unserem Unterschlupf, oder dass es uns als Unterschlupf diente, und fast niemand wusste von unseren Aufträgen. Nur Hamilton, unser einziger Auftraggeber.

Jetzt lenkte ich den Range Rover langsam am Rest meiner Flotte vorbei und ließ ihn bis ganz nach hinten ausrollen. Dann stellte ich den Motor ab und stieg aus dem Auto aus.

Sarah kam aus ihrer Computerecke gestürmt und begrüßte mich flüchtig.

»Was habt ihr – was war denn bei euch los? Verdammt nochmal, dieses dumme Funkloch hat alles durcheinandergebracht!«, rief sie mir zu, während ich einen kurzen Blick auf meinen Kofferraumdeckel warf.

»Ich habe einen Pistolenschützen übersehen.«, erklärte ich leicht genervt, während ich die Beifahrertür für Tom öffnete.

»Was?«, fragte sie etwas lauter und kam mir zur Hilfe.

Ich signalisierte ihr mit einer Handbewegung, dass sie ihr Headset noch aufhatte und reichte Thomas dann eine Hand, um ihn zu stützen.

»Oh sorry! ...Was hast du?«, fragte sie etwas leiser, während ich Thomas half aus dem Auto zu klettern.

»Eine unserer Zielpersonen hat ihn am Bein erwischt.«

Sarah betrachtete die Wunde etwas genauer und zeigte ihr Mitgefühl durch eine schmerzverzogene Miene.

Sie strich ihm durch seine kurze braune Undercut-Frisur und klopfte ihm dann auf die Schultern.

»Das wird schon wieder. Leg dich auf die Couch, ich werde mir das gleich ansehen!«

Ich half ihm bis zum großen weißen Ecksofa zu kommen und lies mich dann neben ihm auf das weiche Polster fallen.

Er schien mit diesem Tag wirklich abgeschlossen zu haben, zumindest zeigte sein Erscheinungsbild das. Die schwarze Kampfkleidung mit den roten Linien sah benutzt und dreckig aus und war blutverschmiert an der Stelle wo er angeschossen worden war. Aber er hatte nicht die Körperspannung verloren, die ich von ihm gewohnt war. Möglicherweise lag das an der Aufregung und an den Schmerzen. Seine Miene war leicht schmerzverzogen und seine sonst so phosphoreszierend blauen Augen kniff er jetzt ungewollt stark zusammen. Den Gesichtsausdruck war ich von ihm überhaupt nicht gewohnt, aber er war bis jetzt auch noch nie angeschossen worden.

»Wir haben drei Leute umgebracht...«, begann ich nach einer kurzen Zeit der gerade angenehmen Stille.

»Aber was wäre passiert, wenn wir es nicht getan hätten?«, fragte er rhetorisch zurück.

Desertfire - Wenn die Realität als Fake verkauft wirdWhere stories live. Discover now