Kapitel 7: Mörderin

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Hakenschuhe klackten am nächsten Abend über den Asphalt. Ein böiger kalter Wind verursachte eine Gänsehaut. Sie schaute auf ihre Armbanduhr und richtete noch einmal ihre Haare. Das Klacken hörte auf. Die Frau blieb vor einem noblem Hotel stehen. Ein Schild am Eingang wies auf geschlossene Gesellschaft hin. Sie trug ein wunderschönes schwarzes Kleid, mit tiefen Ausschnitt. Elegantes Make-Up hob ihre natürliche Schönheit hervor. Eine teure Silberkette schmiegte sich um ihren Hals. Funkelnde Ohrring blitzen zwischen blonden Locken hervor. Wortlos zückten ihre manikürten Fingernägel eine Eintrittskarte und reichten sie dem Türsteher, ein bulliger Kerl im teuren schwarzen Anzug, der sichtbar über seinem Kreuz spannte. Er hatte keine Chance zu Erkennen, dass die Karte eine Fälschung war und ließ die Frau herein. Ihre Handtasche wurde durchsucht und eine Dame in teurem Kostüm tastete sie mit geübten Händen ab. Es waren wichtige Gäste geladen, für deren absolute Sicherheit gesorgt werden musste.

Die Frau ließ sich an der Bar nieder und bestellte einen Cocktail. Ihre eisblauen Augen streiften durch den Raum während sie auf ihr Getränk wartete. Es gab einen DJ, der geschmackvolle Musik spielte. Reiche Leute in teuren Kleidern standen in Grübchen im Raum und unterhielten sich angeregt. Kellnerinnen mit strengen Pferdeschwänzen glitten durch die Gäste und verteilten kleine Häppchen. Niemand nahm die Frau an der Bar wirklich war.

Eine Stunde verging, dann erhob sich die Frau von dem Barhocker am Tresen und steuerte auf die Toiletten zu. Sie hatte vorher darauf geachtet, dass sie hier die einzige war. Sie holte aus einem Spülkasten eine Plastiktüte heraus und daraus eine Glock. Mit routinierten Fingern kontrollierte sie noch einmal das Magazin und lies die Pistole in ihrer Handtasche verschwinden.

Für eine Frau ungewöhnlich schnell kam sie wieder aus dem Badezimmer

heraus, ihre Handtasche war nun exakt 670 g schwerer als zuvor, was natürlich niemand bemerkte. Auf halben Weg zurück zum Tresen stolperte sie und viel einem gut aussehenden dunkelhaarigen jungen Mann förmlich in die Arme. Sie stammelte sofort eine Entschuldigung. Etwas davon wie ungeschickt sie doch sei. Der Mann lächelte und versicherte ihr, dass es nichts zu entschuldigen gäbe. Sie setzen sich zusammen in einen ruhige Ecke und unterhielten sich angeregt. Sie war Verlegerin einer angesagten Frauenzeitschrift, er Erbe eines bedeutenden amerikanischen Energiekonzerns. Er trug ein teuren Smoking, eine Designeruhr und seine Haarschnitt hatte sicherlich einiges an Geld gekostet. An seinem Hals viel der Frau eine Kette auf, die unter seinen Sachen verschwand.

Die Zeit verging wie im Flug, bald waren nur noch einige wenige Gäste der Party übrig. Sie schlug vor sich auf seinem Zimmer weiter zu unterhalten. Er willigte sofort ein.

Sie verließen das Restaurant über einen Seitengang der zum Hotel, dass sich darüber befand, führte. Die Kameras auf dem gesamten Weg zu seinem Zimmer waren vor einer halben Stunde ausgefallen und würden erst wieder eine Stunde später einwandfrei funktionieren. Er zog sie durch die Lobby. Dies war ein großer Raum mit schweren hohen Glastüren zur Straße hin, großen Bildern abstrakter Kunst an den Wänden und kleine stylische Sitzgruppen, die im Raum verteilt waren. Von der Tür führte ein roter Teppich zur Rezeption. Der Rezeptionist schaute gelangweilt in einen Computer. Hinter ihm befand sich eine Wand an der beeindruckend viele Schlüssel in verschiedenen Größen und Formen hingen. Kein einziger von ihnen schloss eine Tür in diesem Hotel auf, da es hier nur Key-Karten gab. Ein Wachmann drehte mit unbeweglicher Miene in der menschenleeren Lobby seine Runde und nickte den Beiden kurz zu. Sie folgten dem roten Teppich zu den Fahrstühlen. Es dauerte nicht lange bis bei einem die silbernen Türen mit einem fröhlich Bing aufgingen. Der Fußboden war mit edlen Teppich ausgelegt. Rechts und links waren zwei große Spiegel montiert. Er drängte sie an einen von ihnen und küsste sie leidenschaftlich. Sie erwiderte den Kuss mit der gleichen Leidenschaft. Die Türen glitten kurz danach auf. Zu seinem Zimmer war es nicht weit. Er steckte die Key-Carde in den Schlitz an der Tür, ging als erster hinein und schaltete das Licht an. Es war ein großzügig geschnittenes Hotelzimmer mit großen Bett und Designerlampe. Über dem Bett war eine großformatige Fotografie der Skyline der Stadt bei Nacht. Um das Bett war flauschiger cremefarbener Teppich auf Parkettboden. An der Decke war Stuck. Schwere schneeweiße Vorhänge hingen vor bodentiefen Fenstern, die auf einen Balkon hinaus führten.

Die Frau schloss die Tür hinter ihnen. Er setzte zu einem Satz an, vielleicht wollte er ihr sagen, wie toll er sie fand oder wie schön der Abend war, oder es war etwas belangloses über das Hotelzimmer oder das morgige Wetter.

Er kam nicht dazu den Satz zu beenden, denn die Frau schoss ihm ein Loch in den Hinterkopf und sprenkelte die schweren weißen Vorhänge und den cremefarbenen Teppich scharlachrot.

Alex stand da wie versteinert und schaute auf den toten Mann zu ihren Füßen hinab. Sein Blut tränkte den Teppich. Sie ließ die Waffe langsam sinken.

Lauf, dachte sie, gleich wird jemand hier sein. Lauf! Doch sie rührte sich nicht, denn eine leise Stimme in ihrem Inneren fragte sie, was sie da eigentlich gerade getan hat. Wer bist du, zu entscheiden wer stirbt und wer lebt? Mörderin! , kreischte die Stimme. Alex schüttelte heftig den Kopf, um sie zu verscheuchen. Solche Zweifel und Selbstanfeindungen kannte sie überhaupt nicht von sich. Es war weiß Gott nicht das erste Mal, dass sie ein Leben beendete. Sie führte nur Befehle aus. Wer sterben muss entschieden andere.

Endlich konnte sie sich in Bewegung setzen. Sie hörte bereits Schreie auf dem Flur. Alex zog das Kleid, mit Hilfe eines Reißverschlusses, der die komplette Seite lang runterging, in wenigen Sekunden aus. Darunter trug sie ein schwarzes Top und eine kakifarbene Shorts. Das Kleid fiel zu Boden und verfehlte das Blut, das sich bereits zu einer großes Pfütze ausgebreitet hatte, nur knapp. Die Hakenschuhe ließ sie ebenfalls zurück. Nun war jemand an der Tür und klopfte laut dagegen. Nicht lange und jemand würde sie mit einem Generalschlüssel öffnen. Alex riss ihren Opfer die Kette vom Hals und stopfte sie in ihre Hosentasche. Dann sprintete sie barfuß in Richtung Ballkon. Die Tür hinter ihr flog bereits auf. „Stehen bleiben!" Das musste der bullige Wachmann aus der Lobby sein.

Keine Zeit für die Türklinke. Sie schoss drei Kugeln auf das Fenster der Balkontür und sprang einfach hindurch. Die Scherben schnitten ihr in die nackten Füße. Ohne zu zögern schwang sie sich über die Brüstung. Sie befand sich im dritten Stock. Die Balkone führten auf eine kleine Seitenstraße hinaus. In der Ferne waren Sirenen zu hören, die schnell näher kamen. Sie ließ die obere Kante, an der sie hing, los um ihre Finger gleich danach um die untere Kante des Balkons zu schließen. Der Balkon des nächsten Stockwerks war zwei Meter unter ihr. Der Plan war gewesen, sich auf diesen zu schwingen. Rob hatte dafür gesorgt, dass das Zimmer nicht vermietet war. Sie hätte sich darin Perücke und Kontaktlinsen entledigt, dort deponierte Turnschuhe angezogen und wäre einfach hinaus spaziert. Doch das ging jetzt nicht mehr. Man hatte sie gesehen. Sie musste es bis zu der neun Meter unter ihr liegenden Straße schaffen und das möglichst schnell. Sie durfte jetzt keinen Fehler machen, sonst wäre sie tot. Sie ließ den Balkon los, fiel und packte mit eisernem Griff die Brüstung des nächsten Balkons. Ein Schuss ertönte. Schmerz schoss durch ihren rechten Arm. Fast fiel sie. Der Wachmann war oben auf dem Balkon erschienen.

„Keine Bewegung!", schrie er wieder, die Waffe im Anschlag.

Alex beachtete ihn nicht und hangelte sich weiter hinab. Mit dem verletzten Arm war es noch schwieriger, aber sie biss einfach die Zähne zusammen. Schon war sie beim nächsten und letzten Balkon. Weiter Schüsse fielen, keiner traf sie. Die Sirenen waren jetzt schon ganz nah.

Alex ließ sich die letzten Meter auf den Boden fallen. Sie landete in der Hocke, die Wucht des Aufpralls spürte im gesamten Körper. Sie hatte keine Zeit zum verschnaufen und rannte so schnell sie konnte los, weg von der Hauptstraße. Scherben und Steine schnitten in ihre Fußsohlen. Im Rennen zückte sie ein schmales Tasten-Handy aus ihrer Hosentasche, drückte lediglich die eins und steckte es wieder weg. Sie bog am Ende der Seitenstraße um die Ecke und fand sich in einer engen Gasse hinter den Geschäften wieder. Grüne Müllcontainer standen neben den Hintertüren und hier und da lagen Müll und Lumpen herum. Am Ende war ein ungefähr 1,50 Meter hoher Maschendrahtzaun an dessen obere Kante spitze Dornen angebracht waren. Super, auch das noch. Hinter sich hörte sie Rufe. Sie konnte nicht zurück. Sie klaubte sich zwei dreckige Lumpen vom Boden und wickelte sie fest um beide Hände. Dann rannte sie auf den Zaun zu, fasst im Sprung die obere Kante und schwang sie mit einer einzigen fließenden Bewegung auf die andere Seite. Sie spürte die Dornen durch die Polsterung kaum. Die Polizei war jetzt am Anfang der Gasse aufgetaucht. Sie ließ die Lumpen fallen und rannte weiter. Die nächste Biegung führte nur noch Richtung Hauptstraße. Sie hatte keine andere Wahl. Barfuß und blutend wird es schwer sein unbemerkt unterzutauchen. Sie hatte das Ende der Gasse fast erreicht, als ein Wagen genau dort eine Vollbremsung machte und die Beifahrertür öffnete. Alex sprang hinein. Der Wagen fuhr los.

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