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Kapitel 11

Mein Lippen klebten aufeinander und angewidert schmeckte ich den salzigen Geschmack meiner Tränen in meinem Mund. „Halte Sie an", flüsterte ich, während er mit dem Auto eine Feldstraße entlang raste. Er blickte angespannt auf die Straße und packte fester das Lenkrad.

„Halten Sie an, habe ich gesagt", schrie ich fordernd und schlug gegen das Armaturenbrett. Er verkrampfte sich komplett, erkennbar an den weißen Knöcheln, die hervortraten. „Sei ruhig. Sei ruhig, oder ich schieße dir zwischen die Augen" Ich spürte die brennende Wunde in meiner Unterlippe, auf die ich vor lauter Aufregung und Adrenalin weiterhin biss.

Ich schwieg tatsächlich. Gott, ich war noch nicht bereit, zu sterben. Die Schärfe in seiner Stimme allein machte mir klar, wie ernst er es meinte. Dieser Mann, der Bullen ohne mit der Wimper zu zucken ins Bein schoss, war viel zu gnadenlos für Witze. Nach einer Weile, ich wusste nicht wie lange, wurde ich ungeduldig. Meine Eltern warteten daheim auf mich, mit der Suppe meiner Tante. Wie ironisch, dass ich nun im Auto des Menschen saß, der dafür verantwortlich war, dass ich erst die Suppe abholen musste.

Wohin-"

Er unterbrach meinen Versuch eine Frage zu stellen, indem er auf das Lenkrad schlug. Oh mein Gott. „Ein Wort noch", knurrte er. Sein Blick war immer noch starr auf die Straße gerichtet.

Ich schloss meine Augen und schluchzte mit einem Mal unkontrolliert auf, als alles auf mich einwirkt und mir bewusst wurde, wo ich war und vorallem mit wem. Meine Tränen konnte ich nicht mehr kontrollieren und hielt mir die Hand vor die Augen.

Ich weinte so bitterlich in mich hinein, dass ich erst dann aufhörte, als wir stehenblieben, er ausgestiegen war und meine Tür voller Wucht aufriss. „Steh auf", befahl er mir, ohne mich anzufassen. Vor ihm, auf wackelnden Beinen, nahm ich meine Hand von meinem Gesicht.

„Die Bullen", fing er an zu erzählen. „Die Bullen haben ihr erstes Ziel erreicht" Ich blickte ihn fragend an. „Es ist mittlerweile kein Geheimnis mehr, wie ich aussehe. Hätte ich dich freigelassen so hätten sie ihr zweites Ziel erreicht"

Damit sagte er mir indirekt, dass er vermutete, dass ich alles, was ich über ihn wusste der Polizei weitererzählen würde. Und damit hätte er auch Recht behalten. Ich hätte alles dafür getan diesen Mann hinter Gitter zu bringen. Ein für alle Mal.

Er hatte eine Ruhe in seinem Blick, doch seine Worte schnitten brutal in meine Ohren. „Ich trage Verantwortung. Du bist nicht der Position das verstehen zu können. Genauso wenig, wie du die Macht hast, uns an sie zu verraten, gar zu zerstören"

„Zerstören? Wen soll ich zerstören? Worüber redest du, du elendiger Mistkerl?", fragte ich ihn mit zitternder Stimme. Es war der Zeitpunkt gekommen, an dem ich ihn nicht mehr sieze, denn das würde bedeuten, dass ich ihn respektiere und das tat ich mit Sicherheit nicht.

„Ihr zerstört Leben und Existenzen von Menschen, die euch rein gar nichts angetan haben. Madrid geht wirtschaftlich zu Grunde, wenn ihr nicht bald aufhört. Ihr könnt euch es doch nicht grundlos erlauben eine ganze Stadt zerstören. Sowas ist weder realistisch, noch möglich"

Ich starrte ihn mit glasigen Augen an. „Woher weist du das, Milana?" Sein Blick wanderte über mein Gesicht. „Ich vermute es", antwortete ich und in meinem Kopf ratterte es so sehr, dass mir kurz schwarz vor Augen wurde. „Vermutungen sind Theorien, ohne Beweise", antwortete er spottend.

„Wieso tut ihr das? Wieso richtet ihr solche Schäden an?" Meine Stimme zitterte so sehr, dass nicht offensichtlicher sein könnte, dass ich Angst hatte. Ich fürchtete ihn und er wusste es. Er lachte auf. In der eisernen Kälte bildete sich ein Nebel.

GANGSTER OF THE STREETSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt