Kapitel 15
Feinde. Sie hatten tatsächlich Feinde, wie in einem schlechten Film über Banden und Gangs. Ich konnte immer noch nicht realisieren, dass ich in eine Gegend, wie diese, reingeraten bin.
Man hat mich förmlich mit Gewalt dazu gezwungen die selbe Luft wie diese Menschen zu atmen. Sie sind nichts weiter als Sklaven eines mächtigen Nael Yureks, von dem sie sich niemals lösen könnten. Er hatte so scheinbar vollends manipuliert, so dass sie freiwillig keinen Weg aus diesem Teufelskreis suchen würden. Alle verließen den Raum, als hätte jeder seine Aufgabe und seinen Posten.
Bloß er und ich, wir, blieben am selben Fleck. Er war ruhig, als ob er bloß auf die folgenden Szene gewartet hatte und dafür hasste ich ihn. Er hätte uns wegbringen sollen. Irgendwohin, wo es sicher war. Genau das hätte er tun sollen.
„Oh, Scheiße", fluchte ich mit brüchiger Stimme. Sobald ich sah, wie ein dunkel gekleideter Mann im Türrahmen stand, begannen meine Atemprobleme. An seinem Hosenbund war einer der größten Waffen zu sehen.
Nael hob seine eigene Waffe und feuerte auf den Mann, ohne dass dieser eine kleine Reaktion geben könnte. Sein toter Körper fiel auf den Boden. Leblos. Kalt. Erschreckend. Mich ekelte der Anblick an. Das war zu viel für mein zuvor einseitiges Leben, ohne Panik und Blut. Ich war all das doch gar nicht gewohnt. Ich war nicht vorbereitet.
Plötzlich dann auf eine widerliche Weise damit konfrontiert zu werden, machte mich verrückt. Es machte mich verrückter den je. Es zerstörte mich innerlich. Ich wollte hier weg und betete, dass alles ein Alptraum ist. Ich kniff die Augen so fest wie möglich zusammen, um mir den Anblick zu ersparen, doch mit Pech tauchte der tote Mann klarer vor mir auf.
„Nein. Nein. Nein", flüsterte ich weinend. Dann drückte Nael mich hinter seinen Rücken, um mich zu schützen vermutetet ich, denn es kamen weitere Männer in den Raum gerannt. Es ertönten die lautesten Geräusche, die ich je erhört hatte. Ich fürchtete, dass mein Trommelfell jeden Moment platzte und ich konnte den Schmerz nicht mehr aushalten.
„Milana", sprach Nael plötzlich laut. Sein Körper bewegte sich schematisch, denn er feuerte immer noch Patronen ab. Ich wusste nicht, wie viele leblose Körper schon auf dem Boden lagen, denn sein Rücken verdeckte mir die Sicht. Zum Glück. Er ersparte mir dadurch den Rest des Traumas, das ich schon hatte, seit meiner Begegnung mit ihm. Dieser Mann war ein einziger und nicht endender Fluch.
„Ja?", flüsterte ich so leise, dass ich meine eigene Stimme nicht hörte, doch er hörte mich. Oder aber ging er felsenfest davon aus, dass ich antwortete.
„Fasse in meine Hosentasche" Ich zögerte und fing an stärker zu weinen. „Los", brüllte er. Hatte ich denn eine Wahl? Langsam führte ich meine rechte Hand in seine Hosentasche. Ich konnte eine Packung erkennen, doch ich wusste nicht, was es ist.
„Öffne sie schnell", befahl er mir. Mit zitternden Händen und verschwommener Sicht riss ich die Packung auseinander. Übrig blieben kleine kalte Patronen auf der Innenfläche meiner Hand.
„Gebe sie mir auf meine rechte Seite in fünf Sekunden und ziehe deine Hand sofort zurück" Ich zählte runter.
Der Rest verlief hektisch. Ich händigte ihm die Patronen zitternd und zog sie sofort wieder zurück. Für eine kurze Zeit war es still, bis Nael Arm wieder nach oben ging und die schmerzenden Geräusche fortfuhren.
Grauenvoll.
Nael packte meine Hand und zog mich an den toten Körpern, die auf dem Boden lagen, als würden sie bloß seelenruhig schlafen, vorbei. Nach dem dritten Körper konnte ich es nicht mehr aushalten und schloss fest meine Augen. Dann drehte er sich zu mir.
„Ist dir etwas passiert?" Ich konnte nicht antworten. Und wie mir etwas passiert ist. Du bist passiert, Nael. Nur du. Alles ist seine Schuld. Schmerz ist mir passiert. Angst ist mir passiert. Panik ist mir passiert. Ich zuckte mit den Schultern. Nael schloss seufzend die Augen und atmete tief aus. „Hast du eine Kugel abbekommen?" Ich schüttelte den Kopf, woraufhin er zufrieden nickte. „Gut", antwortete er. Nichts war gut und das wusste er genau so, wie ich wusste, dass ich die Blicke der leeren und starren Augen der Leichen niemals vergessen wurde.
Für eine kurze Zeit blickten wir uns still an, während so viele Fragen in meinem Kopf schwirrten. Eine davon sprach ich aus. „Darf ich gehen, Nael?" Meine Stimme war sanft, denn so war die Chance höher, dass er mir antwortete. „Sie werden dich ausfragen", antwortete er und kam einen Schritt näher.
So kaputt und müde, wie mich die Schießerei machte, hatte ich das dringende Verlangen mich gegen seine Brust zu lehnen, was so verdammt absurd und toxisch war. „Ich werde lügen", antwortete ich ehrlich. "Ich werde hiervon nichts erzählen. Wieso sollte ich auch? Ich weiß ja nicht einmal, wo wir sind. Sie werden euch nicht finden, also lass mich gehen" Dieser Kontrast war vollkommen verrückt.
"Ich werde nicht die Wahrheit sagen" Aber ich würde die Polizei ohne mit der Wimper zu zucken belügen und sagen, dass ich keine Ahnung hatte, wie genau die Halle aussah und was hier vor sich ging, bloß um aus diesem Alptraum zu fliehen. Ein für alle Mal.
„Das steht dir nicht" Seine Mundwinkel hoben sich leicht, nachdem er das sagte. Naels Augen leuchteten mehr, als zuvor und ich wusste nicht, woran es lag, doch ich bewunderte es. Hatte er die Leere in meinen Augen bemerkt, so wie ich vorhin den Zorn in seinen? Konnte hinter ihm ein Mensch stecken, der freundlich und nett war? Der Menschen nicht so locker tötete, als hätte er nie was anderes gemacht?
„Was steht mir denn dann?", fragte ich leise und betrachtete seine dunkeln Wimpern. Danach fiel mein Blick wieder auf die Narbe auf seiner rechten Wange, doch ich wollte nicht, dass er sich unwohl fühlte. Als ich ihm wieder in die dunklen Augen schaute, bemerkte ich den intensiven Blick, der mich dabei erwischt hatte, ihn analysiert zu haben.
Er antwortete mal wieder nicht. Manchmal interessierten mich Antworten auf gewisse Fragen nicht, weil sie so offensichtlich waren, dass ich keine brauchte.
Doch diesmal hätte ich die Antwort um jeden Preis gewollt.

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GANGSTER OF THE STREETS
Roman pour AdolescentsSie lag in seinen Ketten. Und sie lernte mit diesen zu tanzen. "So schnell verfärbte sich ein Teil meines einst so reines und von bösen Taten freies Herz schwarz. Schwarz, wie seine Seele. Schwarz, wie Alles was diesen Mann umgab. Schwarz, wie die A...