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Kapitel 16

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Kapitel 16

Seine dunklen Augen starrten mich an. Gebe mir doch eine Antwort, Nael. Er blickte an mir vorbei. Seine Gedanken trifteten davon und das konnte man ihm ansehen. Worte aus seinem Mund waren jedes Mal aufs Neue eine Besonderheit. Seine Sprache war das Töten und diesbezüglich sprach er gerne und häufig.

„Woran denkst du?", fragte ich ihn. „An die Zeit, als ich dachte, es gäbe ein Ausweg." Meine Aufmerksamkeit galt voll und ganz diesem Mann. Ich wollte hören, was er zu sagen hatte, was er dachte, was er fühlte. Ich wollte wissen, wieso er so war, wie er war, wer ihn zu diesem Charakter erzogen hatte und wer ihm die Menschlichkeit geraubt hatte.

Ich wollte wissen, worüber er nachts nachdachte, welche Zweifel und Hoffnungen er mit sich trug. „Gibt es denn keinen, Nael?" Ich wollte, dass er mir in die Augen blickt. Nach dem Erwähnen seines Namens trafen sich diese dunklen Augen auf meine und ich schämte mich dafür, die Schönheit dieser intensiven Dunkelheit zu bewundern.

„Sprich nicht meinen Namen" So kühl und emotionslos war die Stimme, dass man meinen könnte, ich wäre sein Feind. „Wieso nicht?" Es wunderte mich, doch er blieb still. Neugier weckte meinen Mut. Ich tritt einen Schritt näher. Um uns herum war es still, was mich nervöser machte, denn es bedeutete, dass ich komplett alleine mit ihm war.

„Nur meine Mutter darf ihn aussprechen. Sonst verliert er an Bedeutung"

Verständlich. Aber ich hatte jedesmal das Bedürfnis seinen Namen auszusprechen, denn dadurch hatte ich eine gewisse Distanz überwunden, die er geschafft hatte, die ich aber auch wollte. Was ist aus dieser geworden? Hatte ich mein Schicksal akzeptiert? Sah so meine Zukunft aus? Mit einem Mann, den ich kaum kannte und der ein schwarzes Herz besaß, wenn überhaupt eines vorhanden war?

„Wo ist sie?" Er schloss die Augen. „Deine Mutter" Kurz herrschte erdrückende Stille zwischen uns. „Du musst nicht reden, wenn du nicht möchtest.", fuhr ich fort. Woher kam dieses Verhalten bloß? Was bin ich geworden?

Dieser Mann mit der Narbe im Gesicht, der dunklen Miene und der Waffe im Hosenbund, hatte mich entführt und dazu aufgefordert ihm bei einem Mord zu helfen. Er hat es nicht verdient, dass ich sanft zu ihm sprach. Er hat es überhaupt nicht verdient, meine Stimme zu hören. Also entschied ich mich zu schweigen.

„Hatte ich nicht vor", antwortete er barsch. Natürlich kam so eine Antwort. Was hätte ich denn auch sonst erwarten können? Dass er mir seine Lebensgeschichte erzählt und den Grund, weshalb er so ein kaltherziger Mensch wurde? Nicht in diesem Leben.

Ich verschränkte die Arme etwas zu schnell vor der Brust, was er bemerkte, genau so wie meine genervte Miene. Tatsächlich könnte ich ein leichtes Schmunzeln in seinem Gesicht erkennen.

„Du bist es wohl nicht gewohnt, dass man dir mal nicht sein Herz ausschüttet", raunte er.

„Hast du überhaupt eins, dass du es mir ausschütten könntest?", provozierte ich ihn und zog die Augenbrauen hoch. Er blickte wieder weg.

„Ich glaube nicht"

Nachdem Nael das sagte, empfand ich dieses widerliche Gefühl, ihn zu stärken und ihm näher zu sein. Direkt danach wurde die Tür des Flures aufgerissen. Nael wendete aufmerksam seinen Kopf in die Richtung der Tür.

Langsam trat ein Mann im schwarzen Anzug herein. Mit einer schnellen Handbewegung schob mich Nael hinter seinen Rücken, wo ich mich an seiner Jacke festkrallte, um Halt zu erlangen. Naels komplette Rückenmuskulatur war angespannt und seine Hand wanderte langsam zu seinem Hosenbund. Bitte nicht.

Yurek", knurrte der Mann. Die unregelmäßige Atmung von Nael stimmte mich nervöser. Ich hatte Angst um ihn. Wenn er stirbt, was passiert dann mit mir? Wer wird diese Halle führen? Wer wird die Menschen, die ihn schätzen, führen?

Überhaupt, wieso interessiert mich das? Der unbekannte Mann lief Schritte näher auf ihn zu.

„Wir sind nicht gekommen, um zu verlieren", sprach er überzeugt. „Ihr hättet gar nicht erst kommen sollen", antwortete Nael ihm gefährlich ruhig.

„Wir haben gehört, dass du sie entführt hast. Ab und an bekommt man tatsächlich zu Hören mit was für Frauen aus der obersten Oberschicht du es zu tun hast. Aber ein einfaches Mädchen vom Dorf bei Nael Yurek? Da scheint mehr dahinter zu stecken und möglicherweise ist sie deine Geisel. Schlauer Junge. Guter Plan. So wie all deine anderen erfolgreichen Pläne. Nael Yurek verliert nämlich nicht, habe ich Recht? Doch dieses Mal gibt es keinen Ausweg-„

Nael antwortete nicht. „Entweder die Halle, oder die Frau "

Oh mein Gott. Wieso entschied er über mein Leben?

Ich bereute es, jemals mit Nael geredet zu haben und in dieser Firma gearbeitet zu haben, die er überfallen hat. Aber das war mein Schicksal. Und ich hatte keine andere Wahl, als es zu akzeptieren.

Nael hob den rechten Arm, während er mit der linken Hand meinen Arm festhielt. Es ertönten wieder diese lauten Schussgeräusche und augenblicklich rannten wir los. Als wir draußen in der Kälte waren, sahen wir mehrere Autos aneinandergereiht, hinter deren Tür sich Leute mit Waffen befanden. Alles ging so schnell.

„Tempo", befahl Nael mir und packte meine Hand fest. Auf irgendeine Weise hatte er seinen Körper vor mich gehalten, während wir rannten.

Vielleicht wollte er mich beschützen, aber vielleicht bildetet ich es mir auch bloß ein aus Angst. Denn davon hatte ich in diesen Momenten genug. Sie schossen plötzlich Patronen und das mit einer Schnelligkeit, dass ich ahnte, dass wir jeden Moment sterben werden.

Er schaute nach hinten zu mir und in dem Augenblick sprach er tausend Worte. Als würde er sich entschuldigen, gleichzeitig erklären und rechtfertigen für das, was gerade passiert und passiert ist. Ich wollte ihn verstehen, doch dann knallte es. Es knallte genau in sein Bein. Aus den Ecken der Halle kamen endlich Naels Männer mit Sturmwaffen herausgestürmt.

Nael fiel zu Boden und ich schrie auf. Das ist nicht wahr. Er wurde angeschossen. Der Mann, dem ich es gewünscht hätte, dass er so leidet, wie ich, seit ich meine Familie nicht mehr sehen konnte und er meine Zukunft zerstört hatte, fiel auf den Boden.

„Nein", flüsterte ich, während ich resigniert dabei zu sah, wie Mengen an Blut aus der Wunde floss. „Nein. Nein. Nein", wiederholte ich wimmernd. Sofort hielt ich meine Hand auf die Wunde. Währenddessen gab Nael kein Ton von sich.

Er schloss die Augen bloß. Ich könnte abhauen. Zu meiner Familie gehen. Ihn hier alleine verbluten lassen. Aber was wäre ich dann für ein Mensch? Besser als er wäre ich im Leben nicht. Er hatte mich nicht diesem Mann im Anzug gegeben, wie konnte ich ihm dann anders danken?

Plötzlich traf ein Schuss den Baum direkt hinter mir. Aus Angst und Panik packte ich die Waffe von Nael und stützte sie auf meinem rechten Beim, da ich noch in der Hocke war.

„Milana", hörte ich Naels schwache Stimme, die mich davon abhalten sollte. Doch ich war so wütend, dass sie trotz, dass er schon am Boden lag und hilflos war, weiter schossen.

Also zielte ich auf den Mann auf der linken Seite, der seine Waffe auf mich gerichtet hatte und gerade nachlud. Ein Schuss ging daneben, also versuchte ich es nochmal. Und nochmal.

Währenddessen schrie ich, denn die Wucht mit der dir Waffe wieder zurückdrückte, nach dem die Patrone rausschoss, war so stark, dass sie mir schon wehtat.

Beim vierten Mal traf ich den Mann. Um mich herum waren Naels Männer, die ebenfalls feuerten. Ich lies die Waffe traumatisiert fallen und blickte zu Nael, dessen Augen Schock ausstrahlten. Was habe ich getan?

„Ich habe ihn..."

Nael schloss seine Augen. Eine Träne verlies meine. „Ich..."

Und so schnell verfärbte sich ein Teil meines einst so reines und von bösen Taten freies Herz schwarz. Schwarz, wie seine Seele. Schwarz, wie alles was diesen Mann umgab. Schwarz, wie die Energie, die mich einnahm, sobald ich in seiner Nähe war. Doch ich sah das Weiße, das Helle. Ich sah es in seinen Augen.

GANGSTER OF THE STREETSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt