Kapitel 10

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Still lehnte ich an der Wand und schloss die Augen. Es war mittlerweile tiefste Nacht, aber irgendetwas hielt mich davon ab, wegzudämmern. Es war ein seltsames Gefühl, das mich wachhielt, aber wenn ich jetzt nicht meinen Gedanken freien Lauf lassen könnte, würde ich am nächsten Tag in einer Art Halbschlaf verweilen, nicht ganz wach und unkonzentriert, und das wirkte sich negativ auf mich aus. Ich presste mich noch etwas stärker an die Wand.
Irgendetwas stimmt nicht.
Ich war mir sicher, dass sich in genau diesem Moment etwas veränderte.
Der Lauf der Geschichte...nun ja...Läuft in neue Richtungen.
In diesem Moment hörte ich Geräusche.
Naja.
Eher laute Schreie und Protest.
"LASST MICH ENDLICH LOS, ODER...äh...DAS ÜBERLASSE ICH LIEBER EURER FANTASIE!!"
Die Stimme war weiblich und voll Trotz. Ich musste bei ihrem Klang an ein bockiges Kind denken, dem man gerade einen Keks weggenommen hatte.
Was wohl los ist? Die meisten Leute, sie hierher gebracht waren, hatten keinen Ton von sich gegeben.
Oder waren zumindest leiser gewesen.
Die Schreie wurden wieder etwas leiser, und ich schloss erneut die Augen. Jemand, der hier hineinkam, musste wohl irgendetwas verbrochen haben. Was, darüber konnte ich ja morgen nachdenken.
Doch das seltsame Gefühl war immer noch da.
Als ich meine Augen erneut öffnete, hörte ich ein das leise Geräusch von zerbrechenden Eisengittern. Interessiert sah ich mach links. Tatsächlich betrat gerade dort ein äußerst zerknirscht wirkender Junge seine Zelle. Seine Haare waren kohlrabenschwarz, und seine Augen schimmerten in einem dunklen Grünton. Sein Gesicht zeigte keinerlei Emotion, aber an der Art, wie er sich bewegte, hatte ich die Zerknirschung und...Frustration erkennen können.
Rechts neben mir machte es ebenfalls plopp, als Eisengitter zerstört und wieder eingesetzt wurde. Ein Mädchen mit dunkelbraunen Haaren und etwas helleren Augen, deren Farbe mich an eine Waldlichtung erinnerte, betrat die Zelle rechts neben mir. Ihr entschlossener Auftritt und ihr Schönheit wurden etwas dadurch getrübt, dass sie halblaut die schlimmsten Flüche vor sich hinmurmelte. Sie hielt sich krampfhaft aufrecht, woraus ich schloss, dass sie gerade am Boden zerstört war, aber das nicht zeigen wollte, und daher...Ähm...Eher unschöne Begriffe von sich gab.
Das seltsame Gefühl würde stärker, als ich die Beiden beobachtete.
"WAS SOLL DAS HEIßEN, KEIN PLATZ MEHR DA?! LASST MICH LOS!" Oje. Die bockige Stimme war wieder da, und offenbar wurde sie in eine Zelle direkt hinter dem anderen Mädchen gesteckt.
Ihre hellgelben Haare und ihre kreischend blauen Augen passten perfekt zusammen und ließen sie erstaunlich harmlos wirken, wenn auch ein wenig künstlich.
Allerdings fuchtelte das Mädchen wild mit einem Schwert herum, dass sie wohl irgendwie an der Inventarkontrolle vorbeigeschmuggelt hatte, und stach dabei mit erstaunlicher Präzision zu.
Nur mit vereinten Kräften gelang es den sechs Wächtern, die sie begleiteten, sie in ihrer Zelle einzusperren. "LASST MICH HIER RAUUUUUUUS!!!", schrie sie, wobei man gewiss noch ein paar Ausrufezeichen hinter den Satz hätte setzen können.
Jetzt war das Gefühl fast unerträglich.
In gewohnter Emotionslosigkeit schritten die Wächter davon, im Gleichschritt, versteht sich. Doch ich erkannte die wenigen Anzeichen der Erleichterung, die sich in ihren Schritten zeigten. Der Wächter, der gerade Aufsicht hatte, steckte das Schwert ein, dass er gezogen hatte, und starrte wieder wachsam auf die Zellen.
Insbesondere auf die des blauäugigen Mädchens, dass immernoch lauthals schrie und ihrer Umgebung keine Aufmerksamkeit schenkte. Am liebsten hätte ich mir die Ohren zugehalten.
"Beruhig dich", sagte der Junge mit einer leisen, aber bestimmten Stimme.
Erstaunlicherweise hörte das Mädchen sofort auf zu schreien. "Cyrus?", fragte sie verblüfft. Erst jetzt registrierte sie die Umgebung. "Wir stecken hier fest, oder?" "Ja", antwortete der Junge angespannt. "Hättest du weniger Zeit mit Schreien und mehr mit Denken verbracht, könnten wir längst hier raus sein."
Ich hatte das Gefühl, im nächsten Moment zu platzen, weil das seltsame Gefühl jede Ecke meines Körpers ausfüllte.
In diesem Moment fiel mir auf, dass wir genau vier Personen in diesem Gang waren. Das bedeutete, mein unbekannter Nachbar war verlegt worden.
Hm.
Ich war mir sicher, dass irgendetwas nicht stimmte.
Von einem Moment auf den anderen war das seltsame Gefühl verschwunden, und ich atmete tief durch.
Es war an der Zeit, Fragen zu stellen.
Diese Personen waren anders als diejenigen, die bisher neben mir gewesen waren. Das seltsame Gefühl war zurückgekehrt, und es war stärker geworden.
Also stellte ich die erste Frage, die mir in den Sinn kam:
"Wer seid ihr?"
Nicht besonders einfallsreich, ich weiß.
In diesem Moment kamen weitere Wächter mir neuen Personen in Gang 15.
Die zwei Zellen, die noch übrig waren, wurden besetzt.
Links von mir: Ein Junge mit braunblonden, verwuschelten Haaren und einer langen grünen Robe.
Rechts von mir: Meine ehemalige Zellennachbarin.
Moment. WER?
Doch, ich war mir ganz sicher. Diese weißen Haare, die roten Augen...Sie war diejenige, die einst neben mir gesessen hatte.
Bumm! Mit voller Wucht kehrte das Gefühl zurück, und diesesmal war ich mir sicher, zu explodieren. Mühsam schnappte ich nach Luft. Vor mir zogen verschwommene Bilder vorbei.
Für einen Moment, nicht mehr als ein kurzes Blinzen, sah ich mich selbst, wie ich mal gewesen war.
Und ich sah einige wohlbekannte Personen im Hintergrund.
Den finster schauenden Jungen. Das Mädchen mit den weißen Haaren. Das Mädchen mit den hellgelben Haaren, sehr deutlich. Und die Beiden anderen.
Und, fast noch kürzer, ein Mädchen mit blauen Augen.
Augen, kristallklar wie Bergseen.
Plötzlich wurde ihr Bild durch das eine grinsenden schwarzen Katze ersetzt.
Dann war alles vorbei und ich sah wieder den vergitterten Ausgang meiner Zelle.
Mühsam presste ich die Worte hervor.
"Wer...seid...ihr?"
Die anderen sahen mich erschrocken an.
Sehe ich so schrecklich aus?
Der Junge neben mir - war sein Name Cyrus gewesen? - behielt seine starre Miene bei, auch wenn er noch angespannter als zuvor wirkte. "Mein Name ist Cyrus", meinte er glatt. "Die Schreitante da hinten ist Ronja."
"Hey!", rief Ronja empört. Wenigstens war sie nicht mehr erstarrt.
"Meiner ist Tiffany", erklärte das Mädchen, das geflucht hatte, "und der in der Robe ist Flo. Die mit den weißen Haaren ist Ann." Verwirrt versuchte ich, mit die Namen einzuprägen.
Tiffany sah mich irgendwie wissend an.
"Und wer bist du?"
Was soll ich darauf antworten?
Ratlos schüttelte ich den Kopf.
"Ich weiß es nicht.
Nennt mich einfach E."
"Warum E?", fragte Flo.
Ja, warum E?
"Keine Ahnung", sagte ich wahrheitsgemäß.
"Hm", meinte Cyrus und bohrte seinen skeptischen Blick tief in mich hinein.
Instinktiv wich ich zurück.
"Okay, E. Hast du vielleicht eine Ahnung, wie wir herauskommen?" Flo hatte die Worte von sich gegeben.
"Äh...Nein." Aus irgendeinem Grund war mir die Antwort peinlich.
Ronja meldete sich zu Wort. "Hast du NIE versucht, auszubrechen?!" Sie klang verwundert und schockiert.
"Äh...Nein." Es waren dieselben Worte, und wieder waren sie mir unendlich peinlich.
Ronja musterte mich kritisch.
"NIE?"
"Ja. Ich habe es nie versucht."
"Er nicht. Aber ich schon."
Synchron drehten alle den Kopf zu Ann, diese Worte von sich gegeben hatte.
"Ich saß hier schon einmal drin. Und ih habe auch schon einmal einen Weg aus dieser Hölle gefunden."
Sie sah mir direkt in die Augen.
"Allerdings war ich da allein."
Mir war seltsam unwohl.
"Und das Gefängnis war gerade erst aufgebaut worden."
Was?
"Aber...Das steht hier schon seit einer Ewigkeit!"
Zumindest hatte ich mir das immer vorgestellt. Die beeindruckende Regelmäßigkeit, die Organisation...Und nie hatte jemand seinen Dienst verpasst oder Missverständnisse hervorgerufen.
Es war alles so perfekt gewesen.
"Nein." Das Wort traf mich hart. "Das hat man nur versucht, uns glauben zu machen." Ann ließ unerwähnt, woher sie wusste, dass das nicht so war. "Als ich hier war, waren die Wächter unkonzentriert. Gelangweilt. Langsam.
Mittlerweile ist das hier eine echte Elite."
Eins war allerdings den Anwesenden nicht entgangen. "Warum warst du denn eingesperrt?", fragte Tiffany schließlich.
"Das weiß ich nicht", antwortete Ann wenig überzeugend.
Cyrus musterte sie, wie er mich gemustert hatte, doch Ann wich nicht zurück.
Stattdessen erwiderte sie seinen Blick.
"Du." Die Worte waren leise, aber bestimmt.
"Ja." Ann antwortete im gleichen Tonfall.
Erneut trafen sich ihre Blicke. Für einen Moment hielt ich den Atem an. Dann sagte Cyrus:
"Also weißt du nicht, wie wir hier herauskommen?"
"Nein", sagte Ann nachdrücklich.
"Gut." Cyrus und Ann sahen gleichzeitig weg.
Irgendwie hatte ich das vage Gefühl, dass sich meine Welt bald auf den Kopf stellen würde.
Zumal Ronja mich ansah, als würde sie nach etwas suchen.
Verdammtes komisches Gefühl.

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Die Sonne sank langsam hinter dem Horizont.
Nemo und ich saßen als Katzen nebeneinander. Ich war vollkommen erschöpft.
Im Laufe des Tages waren wir quer durch verschiedene Biome gestürmt, von denen einige noch nicht einmal auf der Karte meiner Freundin verzeichnet waren.
Jetzt hatten wir es uns auf einem kleinen Hügel bequem gemacht. Noch lange nachdem die Sonne verschwunden war, kuschelten wir uns aneinander.
Ich wusste nicht genau, von wo ich Nemo kannte. Als ich ihn gesehen hatte, waren wir nur zwei Dinge klar gewesen: Wie er hieß und das er sich - wie ich - verwandeln konnte. Außerdem fühlte ich mich ihm seltsam verbunden.
Lass uns noch eine abschließende Runde fliegen, schlug ich vor.
Nemo nickte nur, während ich mich kurz in einen Papagei verwandelte und in Richtung Dschungel flog.
An einer Stelle war er verdächtig hell.
Was ist da los?, sendete Nemo mir zu.
Anstatt zu antworten, raste ich so schnell wie möglich auf die Stelle zu.
Knisternd verschlang das Feuer Block für Block seiner Umgebung.

Die Geschichte vom Katzenkrieger [ABGESCHLOSSEN]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt