Kapitel 11

3 0 0
                                    


Seine Augen glühten unheilvoll, als er mich anblickte.
Die schwefelgelben Punkte brannten sich in mich hinein, hinterließen eine Spur der Verwüstung in meinem Innersten.
"Du bist nichts", zischte er.

*^00^**^00^*Indigo*^00^**^00^*

Flammen.
Hellauflodernde, brennende Verwüstung.
Von dem Baum, in dem meine Freundin lebte, war kaum noch etwas zu sehen.
Panisch simste ich: Feuer! Wir müssen es löschen! Irgendwie!
Nemo zischte an mir vorbei und zwitscherte aufgeregt. Als ich an ihm vorbeiwollte, flog er mir allerdings in den Weg.
In die Flammen zu fliegen und gegrillt zu werden, ist auch keine Lösung!
Nemo war nicht panisch.
Wenn er das wäre, wäre er völlig unkoordiniert durch die Gegend geflogen.
Panik war das schlimmste, was ihm passieren konnte. Sie machte ihn kopflos, dumm, unvorsichtig.
Gerade hatte er seine Gefühle allerdings im Griff.
Wir können es nicht löschen. Waren das meine oder Nemos Gedanken? Auf jeden Fall war es eine glasklare Erkenntnis.
Aber ich wollte das nicht einsehen.
Was bei Nemo die Panik war, war bei mir die Wut, auch wenn ich das niemals zugegeben hatte.
Zerstörung.
Der Dschungel ist am Brennen.
Das kann ich nicht zulassen.
Heiße Wut kroch in mir hoch und übernahm alle Steuerhebel. Ich spürte, wie sich meine Gestalt veränderte.
Macht.
Starke Schwingen.
Undurchdringbare Schuppen.
Tödlicher Feueratem.
Ich war das Feuer, die Zerstörung selbst geworden.
Und ich fühlte mich unglaublich wohl.

+^00^++^00^+Ronja+^00^++^00^+

Irgendeinen Weg muss es doch geben, nach draußen zu gelangen! In dem vergangenen paar Stunden war mir das wieder und wieder durch den Kopf gegangen. Doch sobald ich versuchte, vernünftig über das Problem nachzudenken, legte sich ein Schleier aus Müdigkeit über meine Gedanken.
Ich persönlich schob die Schuld auf dem anstrengenden Tag, dem Schlafmangel, den Fall in dieses blöde Gefängnis und darauf, dass ich so viel Energie fürs Schreien verwendet hatte.
Auch die anderen waren schon lange am Grübeln, bis auf ein paar Ausnahmen.
Cyrus zum Beispiel - ich bin zwar kein Genie, aber das da zwischen ihm und Ann irgendwas ist, erkenne selbst ich.
Ann ihrerseits wirkt zwar nicht unkonzentriert, aber mein Gefühl sagt mir, dass sie nicht an eventuelle Fluchtmöglichkeiten denkt.
Auch Tiffany, die Farmbesitzerin, wirkt eher geschockt. Was ist passiert? Sie wirkte, als wäre für sie eine Welt zusammengebrochen.
Flo - hieß er so? Namen waren eher Cyrus' Gebiet - verhielt sich genauso wie Tiffany. Nur nicht ganz so offensichtlich.
Und dieser E schließlich...
Keine Ahnung. Ich konnte seine Gefühle nicht erkennen. Das war seltsam, denn irgendwie verriet jeder seine Emotionen, selbst Cyrus, wenn man ihn lange genug beobachtete. Aber E...
Nicht nur, dass sein Aussehen sich auf einen komplett schwarzen Körper mit sehr dunkelgrauen Augen beschränkte, er zeigte auch keinerlei Emotion, außer manchmal beim Sprechen. Ich glaubte nicht, dass er nachdachte. Er saß hier offenbar schon sehr, sehr lange, sodass er den Glauben an Flucht bestimmt längst verloren hatte.
Und es gab noch etwas, dass ich an ihm seltsam fand.
Er kam mit irgendwie bekannt vor, obwohl ich mir sicher war, ihn noch nie gesehen zu haben.
Diese Stimme...

Aber zurück zum Thema.

Eigentlich dachte also niemand nach.
Von wegen: Ein paar Ausnahmen...

Aber davon würde ich mich nicht unterkriegen lassen.
Wir werden von hier flüchten, so wahr ich Ronja heiße!
...
Wir werden es zumindest versuchen!

In diesem Moment fiel mir etwas ein.
"Cyrus? Ist du-weißt-schon-wer eigentlich entkommen? Vor der alten Oma mit den Creepern?"
Cyrus setzte gerade zu einer Antwort an, als er von Tiffany unterbrochen wurde.
"Was für eine Oma? Und wer ist die Person, von der ihr redet?"
Cyrus zögerte.
"Wir sitzen alle in demselben Gang", warf E ein, "Also sollten wir auch ehrlich zueinander sein. Findet ihr nicht?" Seine Stimme war entschlossen und sein Ton herausfordernd.
Charakterzüge eines Anführers.
Andererseits kennt er sich hier auch am Besten aus.
Neben Ann.
"Er hat Recht", sagte Flo fest.
"Keine Geheimnisse."
Cyrus sah mich kurz an, und als ich ihm meine Zustimmung sendete, erzählte er, was ihm passiert war.
Cyrus war von uns Beiden zwar eindeutig der Vernünftigere, aber bei jeder Entscheidung mussten Beide von uns mit der Lösung einverstanden sein. Das hatte schon immer funktioniert und funktionierte auch jetzt. Dadurch, dass wir so unterschiedlich Charakterzüge besaßen, wurden in der Regel alle Vor- und Nachteile abgewägt. Das war ziemlich praktisch.

Interessiert lauschte ich Cyrus' Schilderung. Leider wusste er auch nicht, was mit ihr passiert war. Wir hätten sie nach ihrem Namen fragen sollen.
"Wer ist sie denn jetzt?", fragte Tiffany leicht genervt. Cyrus antwortete schlicht: "Keine Ahnung. Wir haben vergessen, sie nach ihrem Namen zu fragen." "Kannst du ihr Aussehen beschreiben?", fragte Flo ruhig und mit sanfter Stimme. Ich hielt es nicht mehr aus. "Sie sah aus wie eine schwarze Katze. Mit grünen Augen." Augenblicklich ruhten fünf Augenpaare auf mir.
Vielleicht hätte ich mich zurückhalten sollen.
Ann, Flo und Tiffany sahen sich gleichzeitig erschrocken und erleichtert an.
E fixierte mich ausdruckslos.
"Wie eine...schwarze...Katze?", er klang panisch.
Das ist nicht die Reaktion, die ich erwartet habe.
Über zu wenig Aufmerksamkeit kann ich mich jetzt allerdings nicht mehr beschweren.

"Okay. Ich habe das leichte Gefühl, die meisten von euch kennen diese Person.
Klärt mich auf." Am liebsten hätte ich sie Arme vor der Brust verschränkt.
Tiffany wartete keine Sekunde, bevor sie losredete. Ab und zu löste Flo sie ab. Von dem Moment an, wo Tiffany sie in ihrem alten Schuppen gefunden hatte, bis hin zu dem, wo sich der Boden unter ihr aufgetan hatte. Darunter, dass ausgerechnet eine gewisse Cindi dafür verantwortlich sein soll, schien sie besonders zu leiden.
Mit wenigen Worten erklärte Flo ihre - und seine - Beziehung zu Cindi, die offenbar die dritte (beziehungsweise, mit der schwarzen Katze, die vierte) im Bunde war.
Cindi hatte den größten Teil der Farm erbaut, war offenbar ein eher schüchternes, freundliches Wesen gewesen, aber dann...
"Das war nicht die Cindi, die wir kennen." Flo sah mir fest in die Augen. "Vielleicht haben wir sie auch nie gekannt."
Tiffany betrachtete trübsinnig die Wand.
In gewisser Weise ähnelte sie in dieser Pose E.
Apropos E...
"Du kennst sie auch?"
E schüttelte den Kopf.
"Nicht persönlich, aber..."
"Aber was?", unterbrach ich ihn ungeduldig. Rück endlich damit raus!
E fixierte mich mit seinem Blick.
Gar nicht so einfach, in so dunkle Augen zu blicken, die sich kaum von ihrer Umgebung unterschieden, aber irgendwie zogen sie mich an. Wie hypnotisiert starrte ich zurück.
Von irgendwoher kenne ich dich! Fragt sich nur, von wo...
"Ich hatte...eine Art Vision." Überrascht antwortete ich: "Eine...Vision? Ist das nicht irgendwie...Übernatürlich und so? Du weißt schon?"
Ich hatte Legenden gehört, Geschichten über einen gewissen "Herobrine". Bei Es Schilderungen musste ich unwillkürlich daran denken. Dieser unheimliche Typ sah aus wie jeder andere, wenn er zum ersten Mal hier erscheint, also bevor er sich für einen eigenen Skin (Das ist der Fachbegriff. Woher weiß ich das eigentlich?) entscheidet. Der einzige Unterschied ist, dass Herobrine leuchtend weiße Augen besitzt. Gruselig. Außerdem soll er fliegen können, sich unsichtbar machen, Blitze und Feuerbälle schießen, er lässt Monster erscheinen, zerstört prächtige Bauten, es kursieren sogar Geschichten, dass er kleine Pyramiden baut, Gänge gräbt, Fackeln zerstört...
Eine Art Super-Griefer also.
Griefer waren Personen, die anderen das Leben schwermachten und versuchten, ihnen allen Spaß am Leben zu nehmen.
Oder gleich, dich umzubringen.
Und das sogar ohne vernünftigen Grund!
Vollidioten.
Aber ein Griefer mit Superkräften...
Nicht das ich daran glaube, aber unheimlich ist es schon.
Und E war es, der diese Bilder in mir wachgerufen hatte. Gruselig genug ist er ja.
Wobei. Irgendwas hinderte mich daran, in E so eine Person zu sehen.
Hm.
Während E von seiner Vision erzählte, verschwanden diese Gedanken aus meinem Kopf und machten Platz für neue.
Unter anderem für die folgenden:
Eine Vision?
Ein Mädchen mit...Moment, dass bin ja ich!
Warum hatte ich noch nie eine Vision?
Kristallklare Augen? Er hat doch nicht etwa..?!
Ich will auch eine Vision!
In eine schwarze Katze?!
Gibt's hier Kekse?
Okay, manche Gedanken waren sinnvoller als andere. Aber was entscheidend war: Alle der anwesenden Personen waren in der Vision vorgekommen, plus jemand mit blauen Augen und einer schwarzen Katze.
Hm.
Irgendwie wird die Sache immer komplizierter.

Die Geschichte vom Katzenkrieger [ABGESCHLOSSEN]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt