Kapitel 1 - Abschied für immer

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 KAPITEL 1

Abschied für immer

 

Warum muss ich genau jetzt umziehen?

Klar, es sind Sommerferien und letzte Woche hatte Felix wegen einer anderen mit mir Schluss gemacht. Aber genau deshalb möchte ich nicht von hier wegziehen....

Freunde hatte ich hier nicht wirklich gehabt, aber Felix liebe ich wirklich und seine Trennung hat mir so weh getan! Ich hätte so gerne mit meiner besten Freundin darüber gesprochen, aber die Tatsache, dass ich gar keine habe, zieht ein ausführliches Gespräch mit Taschentüchern, Eis und viel Geheul ins Lächerliche. Gut, ich hätte das Gespräch über meine gescheiterte zweimonatige Beziehung auch mit jemand anders führen können, doch das wäre nicht das Gleiche wie mit einer besten Freundin...

„Stella?" , rief mein Vater und riss mich aus meinen traurigen Gedanken, als er die Tür meines Zimmers öffnete.

„Hast du immer noch nicht fertig gepackt? Der Umzugswagen kommt doch in einer Stunde!" Bevor er mir noch eine Predigt über die Grundsätze des Lebens halten konnte, sprang ich auf und nahm mit einer flinken Bewegung den Stapel Pullis von meiner Fensterbank und beförderte sie in einen großen braunen Karton.

Mein Vater schmunzelte. „Siehst du? Geht doch! Aber beeil dich bitte die Möbelpacker bauen gleich noch die restlichen Möbel in deinem Zimmer ab, wenn sie im Wohnzimmer fertig sind." Dann verließ er mein Zimmer und brav wie ich war – na ja, nicht so wirklich – machte ich mich schnell noch an die letzten Dinge.

Mein Vater lieb Ordentlichkeit, auch wenn man nicht behaupten kann, dass seine Freundin Anna die Ordentlichste ist. Mit ihr ziehen wir nämlich zusammen – und mit ihrer Tochter! Sophia ist die größte Zicke, die ich je in meinem Leben kennen habe und tut immer einen auf Miss Perfect.

Grässlich!

Mein Vater hatte Anna vor einem halben Jahr auf einer Benefiz Veranstaltung für weiß- Gott-was kennengelernt und seit dem regelmäßig getroffen. Sie haben sogar mal zusammen URLAUB gemacht, als Basti – mein Bruder – und ich in einem Zeltlager der Pfadfinder waren.

Meine Mutter hat sich als ich zehn war von meinem Vater getrennt. Das war keine schöne Zeit. Sie hat ihn für einen anderen verlassen und mir warf sie die ganze Zeit nur einen mitleidigen Blick zu, bevor sie ihre Sachen packte und ging.

Sie hat einfach ihren limettengrünen Koffer mit ihrem Zeug vollgepackt, Bastian und mich umarmt und stieg in einen schicken schwarzen Porsche ein, der vor unserem Haus gehalten hatte.Mit Jochen als Fahrer.

Wir sahen sie zwar immer noch regelmäßig und ich habe mich schon einige Male mit ihr zum „Shopping & Dinner mit deiner Mom" getroffen, wie sie es gerne nannte und sie schaute auch ab und an bei Bastis Fußballspielen zu, aber es war nicht mehr das alte...

Mit Papa verstand sie sich inzwischen wieder ganz gut und sie gingen etwa zwei bis dreimal im Jahr zusammen essen - auf freundschaftlicher Basis -, doch ich versteh immer noch nicht warum sie UNS für JOCHEN sitzen gelassen hatte!

Danach hatte mein Vater keine anderen Frauen gedatet, wie es andere Väter vielleicht getan hätten. Er kümmerte sich mit Herz & Seele um uns und hatte immer ein offenes Ohr. Allerdings konnte auch er auch keine beste Freundin ersetzten.

Als er dann auf dieser Veranstaltung Anna kennenlernte, fand ich das voll okay und habe mich total für ihn gefreut. Allerdings blieb mir erst mal der Mund offen stehen, als er uns eröffnete, dass wir mit Anna und Sophia zusammenziehen würden. Verständlich, oder?

Doch Anna war ganz nett – Sophia allerdings nicht! – und ich kannte sie ja auch schon eine ganze Weile...

Und heute war der Tag, an dem wir in unsere deutlich größere Nachbarstadt ziehen würden, die etwa zwei Stunden von unserem Dorf entfernt lag...

Das hieß: Neues Haus, neue Schule, neue Leute und Patchworkfamily!

Während ich mal wieder am Tagträumen war, hatte ich meine Sachen auch schon fertig in große Kisten gepackt und machte mich auf den Weg nach unten.

Auf der Treppe kamen mir die kräftig gebauten Möbelpacker entgegen. Perfektes Timing...

In der Küche steckte ich eine Flasche Wasser und mein Handy, das auf dem Küchentresen gelegen hatte in eine Umhängetasche und folgte meinem Vater, der das Zeichen zum Aufbruch gegeben hatte.

Mein Bruder Bastian saß schon im Auto und ich ließ mich ebenfalls in die ledernden Sitzpolster sinken.

Mein Vater fuhr los und ich blickte ein letzte Mal zu unserem alten Haus, was in sonnigem Gelb gehalten war.

Mein Vater fuhr los. Weg von meiner alten Heimat. Weg von Freunden, die nie welche waren. Und weg von meiner Vergangenheit.

Eine Träne rollte über meine Wange, doch ich wischte sie verstohlen weg...

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