Erschrocken öffnete er die Augen. Nur ein Albtraum, versuchte er sich zu beruhigen. Sein Herz raste wie verrückt, als ob er gerade einen Marathon gelaufen wäre.
Auch sein Körper fühlte sich komisch an. Er schwitzte stark und er lag auf etwas hartem, wie Stein. Überrascht setzte er sich auf und musste seinen Kopf halten, der nach dem langen liegen bereits eingeschlafen war und sich, ebenfalls wie ein Stein anfühlte.Der Junge wuschelte sich selbst durch seine Haare, um zu prüfen, ob er nicht doch noch schlief. Die Luft stank nach Abfall und durch das Aufschauen, bewahrheitete sich seine Vermutung. Er lag auf dem Flaster einer Müllkippe.
Er begutachtete die verschiedenen Berge, die fast alle aus kleinen, als auch großen Plastikpartikeln bestanden.
Wo er war, traute er sich gar nicht zu fragen, schließlich war er schon verwirrt genug. Er fand es schlimmer, dass er sich an nichts erinnern konnte.Bevor er sich weitere Fragen stellen konnte, versuchte er aufzustehen. Etwas wackelig auf den Beinen, blickte der Junge sich abermals um. Vielleicht lagen ja doch Antworten vor seinen Füßen.
Vor ihm erstreckte sich ein riesen Haufen Müll und auch neben ihm war die Aussicht auf Erkenntnisse weniger erfolgreich. Im Prinzip lag überall nur Abfall, was seine Nase ihm hätte auch vorhersagen können.
Er musste sich wieder hinsetzen, um nicht umzufallen. Trotz des Gefühls lange geschlafen zu haben, war er zimlich müde und hätte am liebsten weitergeschlafen. Doch das Schlimmste waren einfach die fehlenden Erinnerungen.Wer war er?
Es fehlte einfach etwas und es war schrecklich es nicht zu finden. Der Junge schloss die Augen und versuchte sich mühevoll zu erinnern und zu konzentrieren. Da war kein Name, kein Selbstbilb, überhaupt keine Bilder. Die einzige Erkenntniss in seinem Gedächnis, waren die Begriffe. Er wusste, was Müll, ein Baum oder ein Haus für eine Bedeutung haben. Doch die Geschichten dahinter fehlten.
Wo waren die Erlebnisse?
Diese Begriffe waren einfach da ohne eine besondere Bindung spüren zu können.
Plötzlich riss ihn ein Geräusch aus den Gedanken. Es hörte sich an, wie eine Art Schuss, der den schwarzen Nachthimmel auch nicht aufhellte.
Schnell rappelte er sich wieder auf und versuchte diesmal auch stehen zu bleiben, was halbwegs gelang.Sollte er jetzt Angst haben?
So genau wusste er nicht, ob dieses Geräusch ein Schuss war. Im Moment bewunderte er kurz das Wort Schuss, da er, wie bei den anderen Begriffen wieder kein Erlebniss zu diesem Wort zuordnen konnte.
Der Junge könnte Panik bekommen oder Angst haben. Doch er blieb still. Er lauschte! Er hörte den Wind rauschen, der sich leise mit dem Blättern entfernter Bäume unterhielt. Er hörte eine Eule, die ihren Nachtgesang der Welt präsentierte und bewunderte wieder das Tier mit einem Bild in seinem Kopf ohne das Gefühl es je gesehen zu haben.
Er spürte die kalte Nachtluft, die vorsichtig um sein Körper tanzte.
Er hörte einfache Stille, als ob er und die Eule, die einzigens Lebewesen an diesem Ort wären.
Die leise Atmosphäre beruigte ihn, sodass er den Zustand von Wut und Panik nicht wahrnahm.Doch aufeinmal stolperte der Junge erschrocken zurück, als aufeinmal ein Mädchen die Stille zerbrach. Ein blondes Mädchen kletterte hinter einem der Müllberge hervor und rief:
,, Ach Mase, da bist du ja. Schnell, Oliver wurde geschnappt, gleich bist du es auch, wenn du dich nicht beeilst." Mason war gleich etwas eingeschüchtert, da er nicht erwartet hatte, dass das für ihn im Moment noch fremde Mädchen in so einem Ton zu ihm sprach. Sein Gesichtsausdruck verriet ihm, dass er nicht viel von den Wörtern verstand. Doch darauf achtete die Fremde überhaupt nicht. Nachdem der Junge sich etwas gefasst hatte und nocheinmal über die Worte des Mädchens nachdenken konnte, fiel ihm etwas ein.
,,Mason", schrie sie diesmal.
,,Wo bleibst du denn?"
Sie war bereits wieder auf dem Rückweg und achtete kaum auf ihn. 'Mason', er wusste, dass dieses Wort etwas besonderes war. Auf einmal spürte er so etwas, wie Erleichterung in ihm. Er hatte ein Teil von ihm wiedergefunden, seinen Namen.
Mit dem Namen fühlt man sich verbunden, da er schon immer da war, meist schon vor der Geburt.
,,Mason", er musste den Namen einmal vor sich hin flüstern, um ihn nocheinmal vor sich zu haben. Seine Erinnerungen waren mit diesem Puzzleteil noch nicht vollständig, aber jetzt hatte er einen Grund zum Hoffen, sie wiederzubekommen.
,,Jetzt komm schon Idiot, die Anderen warten nicht auf dich oder willst du, dass dir wieder etwas passiert?"
Das Mädchen forderte ihn abermals auf, mit ihr zu kommen. Diesmal war sie noch ungeduldiger. Mason blieb wohl keine andere Wahl. Wahrscheinlich hatte sie antworten auf seine Fragen.Er folgte ihr still. Er traute sich nichts zu sagen, da das fremde Mädchen ihn immer wieder wütend anstarrte. Sie hatte bereis erwähnt, dass er sich nicht nocheinmal so einer Gefahr aussetzen sollte, was Mason sowieso zum Grübeln brachte.
Welcher Gefahr sollte er sich denn ausgesetzt haben?
Das Mädchen lief vor ihm her und ihre langen blonden Haare hüpften über ihre Schultern in ihrem Schrittempo, obwohl sie teilweise bereits braun, zerzaust und dreckig waren. Auch ihr Gesicht verriet, dass sie schon lange kein Wasser gesehen hatte. Dafür erkannte man ein paar Wunden an ihren nackten Armen. Mason überlegte, ob sie vielleicht auf der Straße leben könnte. Sie war auch ein bisschen Jünger als er, vielleicht 14,15 oder doch 16? Obwohl, er wusste überhaupt nicht, wie alt er selbst war. Abermals überraschte ihm, dass er zuteilen konnte, was oder wer alt oder jung war.
Im Moment besaß er nicht einmal ein Selbstbild. Um sich eins zu beschaffen, blickte er an sich runter. Er trug eine dunkle Hose und ein dunkel blaues T-shirt. Seine Sachen waren, wie bei dem Mädchen sehr verdreckt und sahen bereits etwas runtergekommen aus. Sein linkes Knie war aufgeschürft, was man an dem großen Loch in der Hose feststellen konnte. Wo das Blut hinfloss, konnte er anschließend jedoch nicht sagen. Diese Wunde war ihm auch nicht aufgefallen, da er sie überhaupt nicht mehr spürte. Da sie aber teilweise noch offen war, schloss er sich, dass diese Wunde vor nicht allzulanger Zeit entstanden sein musste. Mason bemerkte den Dreck in der Wunde, interessierte sich aber anschließend für seine Arme. Seine Arme waren vergleichbar mit den von dem Mädchen. Dort zierten sich ebenfalls ein paar Narben und Wunden. Außerdem war auch hier sein linker Ellenbogen aufgeratscht, doch er verspürte keinen Schmerz.Sein Körper schien auch hier keine Aussicht auf Erkenntnisse zu bringen. Mason wollte sein Gesicht sehen, um vielleicht sich selbst wiederzufinden.
Also blickte er sich um. Sie liefen auf dem Schotter einer langen Straße entlang. Links und Rechts befanden sich viele Häuser, darunter ein paar Hochhäuser. Er bestaunte die hohen Gebäude, doch ihm fiel auf, dass kein Licht in ihnen brannte. Überhaupt nirgendwo schien ein Funke Licht durchzugehen. Die einzige Lichtquelle bot der Vollmond, im Nachthimmel, was den Weg sehr erleichterte.
Nicht einmal Laternen oder kleine Lampen schmückten die dunkle Straße.
Das Mädchen vor ihm, schien das fehlende Licht auch nicht zu stören. Doch er traute sich nicht sie zu fragen.,,Jetzt beeile dich mal", riss sie ihn aus seinen Gedanken. Er war so auf seine Umgebung fixiert, dass er gar nicht gesehen hatte, dass sie in einem kleinen Pfad abgebogen war. Schnell lief er ihr hinterher, damit er sie bei der Dunkelheit nicht aus den Augen verlor.
Ihre blauen Augen blitzten ihn an.
,,Wohin gehen wir eigentlich", traute er sich nun doch zu fragen.
Sie blieb stehen und drehte sich um, wobei Mason beinahe in sie reingelaufen wäre. Sie liefen schon gefühlt seit Stunden durch die kaum beleuchtete Gegend.
,,Was hast du gerade gefragt?"
Sie wirkte so, als ob sie gleich auf ihn springen würde, um ihn umzubringen.
,,Ich habe nur gefragt, wohin wir gehen!" Langsam war er es nun doch satt, seine Fragen zu entgehen.
,,Mason, ich habe im Moment echt keine Lust auf Witze!"
,,Ich mach keine Witze!" Er versuchte in diesem Moment selbstbewusst zu wirken, da er sich sicher war, es schon einmal gewesen zu sein.
,,Hör auf, ich bin sowieso schon sauer genug auf dich und Oliver, aber...", schrie sie und verstummte.
,,Sag mir nicht, du wurdest getroffen", vollendete sie ihren Satz.
,,Getroffen, wieso?"
Sie seufzte.
,,Ein Grund mehr, wütend zu sein. Du bist einfach weggegangen mit ihm ohne mir etwas zu sagen und jetzt...
Jetzt ist Oliver geschnappt worden, wegen dir. Was hattet ihr überhaupt vor?"
Mason verstand kein Wort oder wollte er es einfach nicht verstehen? Ohne Erinnerungen konnte er es nicht glauben.
,, Weißt du, wie viel Glück du hattest? Du hättest auch geschnappt werden können. Ich hab mir Sorgen gemacht." Sie wurde leiser und blickte ihn in die Augen. Mason blieb weiterhin stumm und hörte ihr zu.
,,Und dann finde ich dich, total verwirrt und... Und du wurdest getroffen. Man Mason! Und du erzählst mir nicht einmal, was ihr vorhattet. Nein,du kannst es mir ja auch nicht mehr erzählen. " Sie schubste ihn und er taumelte drei Schritte nach hinten. Mason sah sie erschrocken an. Sie hatte Tränen in den Augen. Er wusste nichts mehr von so einer engen Beziehung zwischen ihnen. Er kannte ja nichteinmal mehr ihren Namen. Die Tränen, die nun aus ihren Augen kamen, wuschen einen kleinen Teil des Schmutzes herrunter, der in ihrem Gesicht klebte.
,,Es...", versuchte er anzufangen ohne wirklich zu wissen, was er sagen sollte.
,,Nein", schrie sie, drehte sich um und lief weiter. Mason verstummte und wandte seinen Blick ab.
Wären andere Menschen auf disem Weg gewesen, hätte jeder sie bestimmt angeguckt.Mason blickte auf, wo waren jetzt überhaupt die ganzen Menschen?
Im Moment schien alles verlassen und still.
Im Moment wollte er aber erst recht nicht mehr nachfragen und das unbekannte Mädchen lieber in Ruhe lassen.
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Die schwarze Krankheit
Science FictionDie Schwarze Uhr! Mit Uhr ist die Zeit gemeint, die langsam abläuft. In der Welt ist kein Schutz mehr, niemand ist mehr sicher. Mit Schwarz verbindet man das Nichts oder auch die Hoffnungslosigkeit der Menschen. Man sieht nichts im Schwarz! Man fin...