5.Kapitel

11 3 1
                                    

,,Also, ich weiß nicht ganz genau, wo der Anfang ist, aber ich kann es versuchen. Ich habe nur keine Lust, dass es so wie gestern wird."
Mason wollte gar nicht daran erinnert werden und unterbrach sie nicht. Nach dieser kurzen Pause fuhr sie fort.
,, Na ja, alles schreckliche fing damit an, als der neue Präsident gewählt wurde, Wiliam Wilson!" Sie sprach den Namen so abfällig aus, als ob sie ihn am liebsten umbringen würde.
,,Warum magst du...", wollte Mason fragen, doch Ella unterbrach ihn.
,,Wirst du schon noch mitkriegen. " Mason nickte.
,,Also, der wurde halt gewählt. Am Anfang war es ja ok, er hatte auch ein relativ guten Eindruck gemacht. Er war jung und versprach nur das Beste. Wo der jetzt ist, würde ich auch gerne mal wissen", murmelte sie.
Angespannt lauschte Mason weiter. Endlich bekam et seine Antworten und hoffentlich auch seine Erinnerungen zurück.
,, Wo war ich? Ach ja, kurz darauf erzählte er uns von einer Krankheit, einem Virus,  der sich ausbreitet und sich jeden und alles schnappt, was es bekommt. Die Meisten haben anfangs nicht einmal dem Präsidenten geglaubt, bis die ersten Todesmeldungen, Fotos oder Videos veröffentlicht wurden. Viele sind geflüchtet, nach Europa, Asien oder sonst wohin. Da kam der Virus irgendwann auch hin, also hatte das Flüchten nichts gebracht." Mason merkte, dass sie es nicht mehr ihm erzählte. Sie hatte sich wieder einen Punkt gesucht, dem sie alles schilderte.
Jetzt war sie in ihrer Vergangenheit versunken, so dass Mason sich nicht mehr traute sie zurück zu holen.
,,Kurz nach der Ankündigung des Virus kam die neue Verordnung, dass Kinder verboten werden sollten. Kinder wurden verboten, verstehst du." Sie schrie nicht ihn an, sondern den Punkt in der Ferne auf dem Wasser. Trotzdem zuckte Mason ihn an. 
Schnell fing sie sich wieder und auf einmal blickte sie zu ihm. Mason schaute abermals in ihre diesmal traurigen kalten Augen. Die Freude war erloschen.
,, Anfangs wehrten sich  viele Menschen oder protestierten auf offener Straße. Dabei gab es anschließend so viele Todeszahlen und Verletzte, dass die Meisten anfingen dem Verbot nachzugehen. Wir bekamen Angst. Die Krankheit war an diesem Zeitpunkt wieder in den Hintergrund gerückt. Diese unfassbare Regel oder auch Verordung war einfach nicht zu glauben. Sie wurde nicht wahrgenommen oder realisiert, bis die ersten Kinder aus ihrem zu Hause rausgeschmissen wurden." Mason dachte an sein zu Hause, dass er vergessen wollte. Ob das bei ihm genau so war, überlegte er.
,,Nein, bei dir war es nicht so!" Ella schien seine Gedanken erraten zu haben.
,,Du hast mir erzählt, dass du so auf die Straße gesetzt wurdest und du anschließend selber abgehauen bist. Du hattest es nicht mehr ausgehalten." Mason wandte sich kurz von ihr ab, um seine aufkommenden Tränen nicht zu zeigen. Er konnte, obwohl er sich selbst versuchte davon zu überzeugen, die Wahrheit von seinen Eltern doch nicht wirklich wahrzunehmen, es nicht  ertragen. Ihm fiel es wieder schwer darüber nach zu denken.
,,Wie schlimm das für die Kinder gewesen sein musste", sagte er leise.
,,Ja, natürlich. Viele Eltern währten sich daher ja auch gegen dieses Verbot. Was sollten sie auch mit den Babys machen. Kleinkinder kann man ja auch nicht auf die Straße setzen. Menschen mit schlimmen Absichten, wie Entfüher und so gab es ja immer noch.
Dann kamen noch die Guards, die Wärter. Manche nennen sie auch gleich Nightguards, da sie entweder ganz früh oder ganz spät kommen. Sie nehmen die Kinder mit. Es ist unterschiedlich wohin die kinder gebracht werden. Bei uns kommen sie alle in ein großes Gebäude. Es ist in der Nähe, wo ich dich gefunden habe. Daher war es auch so gefährlich. Sobald jemand dich sieht, bist du geliefert." Mason lief ein Schauer über den Rücken. Wenn Ella nicht gekommen wär, wäre er ihnen wahrscheinlich direkt in die Arme gelaufen.
,, Ich weiß echt nicht, was die da vorhaben, aber glaub mir ich will es nicht wissen."
,,Warum wurden denn Kinder verboten", traute sich Mason nun doch zu fragen.
,,Es wurde behauptet, dass Kinder den Virus am schnellsten übertragen und dass es sicherer ohne sie sei.
Also alle Kinder, von Babys bis 22 Jährige wurden rausgeschmissen oder von den guards mitgenommen. Von Lippa habe ich gehört, dass sie extra früh oder so spät in der Nachg kommen, weil die Meisten nie damit um diese Uhrzeit rechneten. Dort begriffen die Eltern oft nicht, was mit ihnen passiert, da sie so plötzlich aus ihrem Schlaf gerissen wurden. Also die Kinder sind bestimmt dann schlimmer dran als wir. Heißt aber nicht, dass wir nicht auch auf der Flucht sind. Ich denke, dass die alle Kinder wollen, warum auch immer. Aber ich wette, dass hat was mit der Krankheit zu tun. Ich will nicht wissen, was passiert wäre, wenn die Kinder alle bei ihren Eltern geblieben wären. Die meisten Menschen sind jetzt tot. Die Krankheit hat sich so schnell am Ende verbreitet, dass selbst die Kinder, die versteckt wurden, oft keinen Ausweg mehr wissen, als dieses Gebäude. Wenn man erstmal drin ist, kommt man bestimmt nur selten wieder heraus."

Mason stand benommen auf. Er musste sich erst einmal an diese Geschichte gewöhnen und hoffte, dass die Erinnerungen diesmal nicht so schnell zurückkamen. Er wartete sogar kurz und hatte überlegt, sich irgendwie darauf vor zu bereiten, doch diesmal passierte nichts. Verwirrt versuchte er sich zu konzentrieren, doch seine Erinnerungen blieben verschwunden.
,,Ist alles ok", fragte Ella etwas besorgt. Auch sie stand auf.
,,Warum sagt ihr die ganze Zeit, ich wäre getroffen worden?" Er war erleichtert, dass er endlich Fragen stellen durfte und hoffte, dass das weiterhin anhielt.
,,Die Guards sollen, so weit uns erzählt wurde mit Erinnerungslöscher herrumlaufen. Damit können sie Menschen ihre Erinnerungen löschen. Eigentlich dachte ich, dass die auch nicht zurückkommen, aber vielleicht geht das ja schon." Sie blickte ihn aufmunternt an.
,, Woher wisst ihr eigentlich so viel?"
,,Na ja, wir wissen viel von Lippa, einer von Logans Gefährten. Sein Vater war ein Guard und hat ihm alles erzählt. Also sein Vater wurde so weit ich weiß dazu gezwungen. Also, ihm wurde gesagt, wenn er da mit macht, darf er seinen Sohn behalten. Er hat aber ein Gespräch mit angehört von seinen Kollegen. Sie haben darüber geredet, wann sie das Kind von ihm endlich mit nehmen dürfen. Daher hat Lips Vater ihm alles erzählt und ihn weggeschickt."
Überrascht blickte Mason ihn an. Er hatte gar nicht darüber nachgedacht, dass diese Guards auch Familie haben können.
,,Wir sollten uns vielleicht wieder umziehen. "
Mason zog sich bereits sein mittlerweile relativ trockenes T-shirt an. Auch Ella zog sich um.
,,Was ist das überhaupt für eine Krankheit oder für ein Virus", fragte Mason, obwohl er mit dem Gedanken spielte, dass er das vielleicht gar nicht wissen sollte, aus Angst, dass seine versteckten Erinnerungen dabei auftauchen.
,,Das willst du noch nicht wissen...
Auf jedenfall bist du am Ende Tod", sagte sie nach einer kurzen Pause. Mason schluckte.
,,Wir sollten echt mal gehen." Mason folgte ihren Blick in den Himmel. Er war mittlerweile düster und dunkle, schwere Wolken hingen über ihnen.
,,Du hast Recht", antwortete er.
Seine Klamotten waren noch etwas nass, was ihm im Moment nicht störte. Ihm war sowieso kalt. Er nahm auch bereits an, dass es bald regnen würde und dass seine Sachen dann umsonst getrocknet waren.
,,Kommst du", fragte Ella, die bereits auf den Rückweg war.
Mason nickte und rannte zu ihr.

Obwohl weiterhin viel zu viele Gedanken durch seinen Kopf strömten, konnte er den Wind hören, der immer stärker um die Blätter wehte.
Sie liefen noch nicht lange, als Mason sie fragte:,, Sag mal, wie war das bei dir?"
,,Was?" Obwohl sie eigentlich wusste, was er meinte.
,,Na ja, wie bist du bei denen oder bei uns gelandet?"
Ella redete auch nicht gerne über ihre Vergangenheit, wie wahrscheinlich jeder der Freunde. Da Ella schwieg, erwartete Mason keine Antwort mehr.
,,Ich...ich bin im Waisenheim aufgewachsen", seufzte sie traurig. Überrascht, dass sie überhaupt auf seine Frage eingegangen war, blickte er sie an.
,,Heutzutage haben sie es ja auch wilkommenshaus genannt, da jeder Fremde, neue Kinder, Pflegeeltern oder sonst wer erwünscht war. Wir mussten alle in einem Raum schlafen, wir waren 20 Kinder. Also wir hatten drei solcher Räume und ein Raum, der nur für Kinder bestimmt war, die sich nicht an die Regeln gehalten haben. 
Jedenfalls kam dann einmal ein Junge mit dem ich mich angefreundet habe. Er hieß Blue und war älter als ich. Er wurde auf der Straße von der Polizei
erwischt und kam zu uns. Blue hat mir das mit dem Virus erzählt und anschließend von dem Kinderverbot, was dort noch relativ neu war. Unsere Leiterin wollte aber keine 40 Kinder rausschmeißen, aber davon erzählte sie uns sowieso nichts. Dann hat er mir von den Guards erzählt, von den Wächtern, die die Kinder dann einfach abholen und dass die Polizei ihn nur hier rein gesteckt hat, damit sie die Kinder gleich an einem Platz einsammeln können.
Er hat gesagt, dass das bald bestimmt passieren wird, dass wir mitgenommen werden. Daher hat er gesagt, ich solle abhauen. Er würde mir auch helfen."
Bei den Gedanken an ihren alten Freund, lächelte sie.
,,Warum wollte er denn nicht mit", fragte Mason, der die ganze Zeit einfach gelauscht hatte, um sie nicht zu stören.
,,Er wäre bald 18 Jahre alt geworden und hat gehofft, dass die ihn dann als Erwachsenen gehen lassen. Ich wünschte wir hätten da gewusst, dass auch noch 22 Jährige gesucht wurden. Ich hatte sowieso gebettelt, dass er mitkommt, aber er wollte nicht. Er hat gesagt, ich sei ohne ihm besser dran. Na ja, dann bin ich abgehauen. Als ich dann ungefähr fünf Tage später zurückkam, waren alle weg. Dann habe ich irgendwann Oliver getroffen und mit ihm dich und dann halt die Anderen." Sie versuchte ihr lächeln auftecht zu erhalten.

,,Was war eigentlich jetzt mit Oliver", fragte Mason vorsichtig.
,,Das weiß ich nicht!" Auf einmal wirkte sie etwas wütend. Dieses Thema schien sie offenbar schnell zu verletzen.
,,Logan sagt mir nichts und du kannst dich an nichts erinnern. Er ist abgehauen, du bist hinterher. Du hast  dich auch mit Logan über etwas gestritten, aber ich weiß halt nicht über was. " Ihre blauen Augen musterten ihn nocheinmal und durchbohrten seine Augen, als ob er ihr etwas verheimlichen sollte.

Plötzlich knackste ein Ast. Erschrocken hoben beide die Blicke von einander und starrten in die Richtung aus der das Geräusch kam.

Die schwarze KrankheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt