Bella outet sich

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Die Lochis waren mit Jessy und Bella in der Fußgängerzone verabredet. ,,Hast dich abgeregt?", fragte Heiko. Roman nickte. ,,Absolut." ,,Keine schmutzigen Tricks?", hakte Heiko nach. ,,Niemals", schwor Roman. ,,Und ich muss mir keine Sorgen machen, Durchfall oder 'nen Ständer zu kriegen?" Heiko verzog das Gesicht. ,,Wenn, dann ist es nicht meine Schuld", meinte Roman und grinste. Dann sah er Jessy und Bella kommen und ging gut gelaunt auf sie zu. ,,Mensch, Rolli. Schön dich zu sehen. Hab dich total vermisst." ,,Wie schön, das es euch beiden Spaß macht. Da geht einem ja richtig das Herz auf", säuselte Jessy. ,,Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als mit Rolli in den Park zu GEHEN!" Roman sah Bella prüfend an. ,,Ja, schön." Jessy übergab leicht irritiert den Rollstuhl an Roman, der sich zu Bella hinunterbeugte: ,,Wie GEHT es dir denn, Rolli?"  Jessy berührte Romans Arm. ,,Sie versteht uns doch nicht." ,,Wer weiß?", fragte Roman und sah Jessy direkt in die Augen. ,,Vielleicht GEHT es ja doch?" Heiko legte den Arm um Roman. ,,Ach, der Spast denkt, Rolli wäre gar nicht behindert." Dann nahm Heiko Jessy an der Hand und zog sie mit sich.  ,,Keine Sorge, wir machen uns einen schönen Tag. Roman wird schon einsehen, was für ein Idiot er ist ..." Roman winkte Jessy mit einem gespielt freundlichen Lächeln zu. ,,Ciao, Jenny, äh, Jessy." Doch Jessy winkte mit dem gleichen falschen Grinsen zurück. Roman wunderte sich kurz, wandte sich aber an Bella: ,,Also, was GEHT?"Dann schob er Bella durch die Fußgängerzone Richtung Park. 

Dort angekommen hielt er plötzlich an. ,,So, steh auf. Bevor es peinlich wird.", forderte er Bella auf. ,,Los, hopp, hopp. Raus aus dem Wägelchen", wiederholte Roman, als Bella nicht reagierte,und schüttelte den Rollstuhl. ,,Also schön." Entschlossen packte Roman Bella unter den Armen und hob sie aus dem Rollstuhl. Bella ließ teilnahmslos ihre Beine baumeln. Roman war so damit beschäftigt, sie zu tragen, dass er die Schaulustigen um sich herum kaum wahrnahm. ,,Jetzt geh!", befahl er Bella in seinen Armen und ließ ihre Füße über den Boden schleifen. ,,Jetzt geh schon!" Roman verlor langsam die Geduld. ,,Du hast es nicht anders gewollt!", drohte Roman und ließ Bella einfach fallen. Bella plumpste zu Boden wie ein nasser Sack und blieb reglos liegen. Erst jetzt bemerkte Roman die Spaziergänger, die ihn fassungslos anstarrten. Er hob beruhigend die Arme. ,,Keine Sorge, die tut nur so." Er beugte sich über Bella und brüllte: ,,Steh auf, du Mongo!" Ein junges Pärchen beobachtete entsetzt, wie Roman Bella seine Arme um die Hüften schlang und mit seinen Beinen versuchte, ihre Beine zu bewegen. ,,Links, rechts, links, rechts!" Roman marschierte mit Bella durch den Park, als plötzlich Benji und seine Crew vor ihm auftauchten. 

,,Bist du behindert?", fragte Benji entsetz. ,,Nein, aber sie auch nicht!" Roman brüllte Bella an: ,,Marschier, du Mongo!" ,,Alter, nur weil du schwul bist und dich nicht traust, es zu zu geben, musst du deine Wut nicht an 'ner Behinderten aus lassen!" Benji ging drohend auf Roman zu, doch der ließ sich nicht beirren. Er drehte sich mit Bella im Kreis und tanzte:  ,,Eins, zwei, Cha-cha-cha, drei, vier, Cha-cha-cha!" ,,Alter, sei froh, dass ich keine Schwulen schlage!", rief Benji. ,,ICH BIN NICHT SCHWUL!", brüllte Roman. Benji hatte genug. Er krempelte seine Ärmel hoch und seine Jungs taten es ihm nach. Kampfbereit gingen sie auf ihn zu. Roman geriet in Panik, ließ Bella fallen und rappte los: ,,Schwul, schwul, gay! Schwu, schwu, schwu, schwul, gay, gay. Schwul, schwul, schwul, gay! Schwu, schwu, schwu, schwul, gay, gay. Schwul, schwul, gay: Schwuchtel, Schwuchtel, Schwuchtel, Schwuchtel, Schwuchtel, Schwuchtel, Schwuchtel, Schwuchtel, Schwuchtel, Schwuchtel, SCHWUCHTEL!" Benji und seine Crew sahen ihn irritiert an. ,,Find ich schön, dass du dich jetzt geoutet hast ..!" Benji legte seine Arme auf Romans Schultern. Roman lächelte Benji verschmitzt zu, doch Benji zeigte nur mahnend auf den Rollstuhl. Roman zog Bella missmutig darauf zu und setzte sie unsanft hinein. Alle umstehenden Spaziergänger schüttelten ungläubig die Köpfe. Roman beachtete sie nicht weiter. Er war total wütend und enttäuscht und schob mit grimmiger Miene den Rollstuhl vor sich her. 

,,Wenn du doch nur sprechen könntest, dann würde Heiko mir glauben ...", murmelte er. ,,Ich kann sprechen", sagte Bella, doch Roman war so sehr in seinen Monolog verstrickt, dass er gar nicht auf sie achtete. ,,Oder wenigstens gehen. Du müsstest ja gar nicht viel sagen. Enfach: Show, don't tell. Und so ..." ,,Ich kann gehen!", rief Bella genervt, aber Roman bemerkte es immer noch nicht, sondern schwafelte einfach weiter. ,,Aber nein, jetzt hat Jessy auch noch recht und kriegt, was sie will. Und Heiko und ich? Wir werden uns auf ganzer Linie blamieren. Ach, wenn du mich doch nur verstehen könntest, Rolli ..." Roman seufzte tief. ,,Ich heiße Bella", sagte Bella mit fester Stimme. ,,Wenn du mich doch nur verstehen könntest, Bella, dann würde alles gut und ...", fuhr Roman fort. ,,Ähm, Roman?", fragte Bella. ,,Ja, bitte?", fragte Roman zurück. Und dann rappelte es. Roman hielt so plötzlich an, dass Bella fast aus dem Rollstuhl kippte. ,,Alter!", empörte sie sich. ,,Da, es spricht!" Roman sprach einen Mann im Vorbeigehen an und zeigte auf Bella. ,,Ich meine sie! Sie kann ... Sie kann sprechen! Hab ichs doch gewusst! Sie kann sprechen! Ha, ha! SPRECHEN! Hahahahaaaaa!" ,,Bist du fertig?", Bella drehte sich zu Roman um. ,,Ha, das muss ich aufnehmen!", freute sich Roman und zog sein Smartphone heraus. ,,Warte!" Bella sah Roman bittend an und nahm seine Hände. ,,Ich verspreche, dir zu helfen. Aber nur, wenn du die Klappe hälst." ,,Was hast du vor?" Roman sah Bella fragend an. 

Bella sah ihm direkt in die Augen. ,,Vertrau mir." Bella drückte mit ihren Händen sanft auf Romans Hände: ,,Ich sorge dafür, dass du dein Beweis kriegst, der nichtnur Heiko überzeugt, sondern den auch Jessy nicht so schnell vergisst. Aber wir schaffen das nur zusammen." Roman sah Bella ernst an. ,,Wieso sollte ich dir jetzt plötzlich auch nur einen Augenblick lang Glauben?" ,,Hast du eine andere Wahl?" Bella sah ihn herausfordernd an. ,,Klar, ich mach ein Video, zeig es Heiko und dann ...", begann Roman, doch Bella unterbrach ihn: ,,Und dann? Jessy kann sehr überzeugend sein. Vielleicht dreht sie es so, dass sie das ganze aus Liebe und für ihn gemacht hat?" Roman runzelte nachdenklich die Stirn. ,,Ich verspreche dir: Wenn wir zusammen halten, bleibt Heiko nichts anderes Übrig. Erst wenn er die wahre Jessy sieht, dann ... na ja. " Bella lächelte Roman an. Sie ließ seine Hände los und er steckte halb überzeugt sein Smartphone wieder ein. Mit gespielt schlechter Laune, schob er Bella zurück zu Jessy und Heiko in die Fußgängerzone. Jessy grinste ihn verschwörerisch an. ,,Und? Was GING?" ,,Nichts, leider. Schon gar nicht deine Schwester. Er übergab den Rollstuhl an Jessy. ,,Ich muss mich wohl bei dir entschuldigen, oder besser gesagt: Bei euch." Jessy winkte gönnerhaft ab.

,,Ach, gar kein ..." Doch Heiko unterbrach sie. ,,Ich finde, dass ist das Mindeste!" Heiko verschränkte erwartungsvoll die Arme. Roman räusperte sich. ,,Entschuldigung, Jessy. Entschuldigung, Heiko. Ich habe mich wie ein Idiot verhalten." Heiko nickte. ,,Schön, das du es endlich Einsiehst. Könntest du dich jetzt bitte noch kurz, damit sie sieht, dass du es auch wirklich Ernst meinst, vor Jessy verbeugen?" Roman kochte vor Wut, doch er machte eine leichte Verbeugung vor Jessy. ,,Wie Charmant.", freute sich Jessy. ,,Ich glaube, das geht noch tiefer." Heiko war unerbittlich. Roman verbeugte sich mit zusammengebissenen Zähnen noch ein Stück tiefer. Jessy fächelte sich Luft zu und rief affektiert: ,,Ich werde noch ganz rot!" ,,Zufrieden?" Heiko genoss die Situation. ,,Jetzt nimm ihre Hand, sie ihr in die Augen und sag: Jessy, du bist das tollste, schönste und netteste Mädchen der Welt" ,,Muss das ...?" Roman sah Heiko leicht verzweifelt an.  Heiko trommelte ungeduldig mit seinen Fingern auf seinem Arm herum. ,,Roman?" Roman holte tief Luft und ratterte los: ,,Jessy, du bist das tollste, schönste und netteste Mädchen der Welt." Jessy legte scheinbar gerührt den Kopf schief. ,,Mir fehlen die Worte." Heiko legte Roman die Hand auf die Schulter. ,,Siehst du, Bruderherz? War doch gar nicht so schwer ..." Halt deine Schnauze, dachte Roman.

Bruder vor Luder mal andersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt