Die kalten Wesen

818 22 0
                                    

An einem wunderschönen sonnigen Nachmittag fuhr Edward Bella und mich zur Grenze zwischen Wolf- und Vampirgebiet. Jacob stand dort bereits und wartete auf uns. Ich stieg zuerst aus und ging zu ihm rüber. ,,Hey Stinker", begrüßte ich ihn und gab ihm eine Faust (umarmen ließ ich lieber sein). ,,Wollen wir wieder darüber streiten, wer mehr stinkt?", erwiderte Jake darauf und sah mit einem leidenden Blick zu meiner Schwester rüber, die gerade Edward zum Abschied leidenschaftlich küsste. Mich ließ es grinsen. ,,Hey schöne Frau", begrüßte er meine Schwester dann mit einer Umarmung, als sie zu uns rüber kam. ,,Hey", erwiderte Bella nur. ,,Also, was wollt ihr heute machen?", fragte Jake dann, während Edward weg fuhr und wir ins Auto stiegen, ,,Wandern, Motorrad fahren, einfach nur rumhängen, ihr sagt an. Aber heute Abend sind wir auf einer Party." Damit meinte er wohl die Ratsversammlung, von der Seth mir schon erzählt hatte. Es würde seine erste sein und er war deswegen schon ganz aufgeregt. Beinahe so wie ein kleines Kind, dass sich auf Weihnachten freute. 

Wir hatten den Tag damit verbracht, eine Art verstecken zu spielen: Bella musste sich verstecken und Jake und ich mussten sie suchen. Wer sie zuerst fand, bekam einen Punkt. Am Ende stand es 15 zu 10 für mich. Hihi. Am Abend auf dem Weg zur Ratsversammlung fragte Bella dann an Jake gewandt (während ich den Rest aus meinem Blutbeutel raus quetschte): ,,Bist du sicher, dass das okay ist? Ich hasse es in eine Party rein zu platzen." ,,Eigentlich platzen wir in eine Ratsversammlung", erwiderte ich darauf und verstaute den leeren Blutbeutel in meiner Hosentasche. ,,Jap", stimmte Jake mir zu, ,,Siehst du? Da sitzen die Stammesältesten. Dad, Quils Großvater und Sue Clearwater. Sie hat Harrys Platz eingenommen, als er starb." ,,Okay, ich sollte wirklich nicht hier sein", meinte Bella dann. ,,Bella", widersprach ich meiner Schwester, ,,Ich bin ein Vampir und wurde trotzdem eingeladen. Wenn überhaupt sollte ich nicht hier sein. Sie dachten, es wäre gut für uns, die alten Geschichten zu hören." ,,Die Geschichten?", fragte Bella skeptisch, ,,Sind die Stammeslegenden nicht geheim?" ,,Jeder hat seine Aufgabe im Leben", erwiderte Jacob darauf, ,,Du gehörst dazu. Für Leah, Seth und Quil ist es auch das erste mal. Aber ihr seid die ersten Außenstehenden, die sie hören." ,,Zähnchen!", rief mir da auch schon der jüngste Wolf entgegen und kam auf mich zu gelaufen. ,,Wölfchen!", rief ich zurück und zog den kleinen Kerl in meine Arme, aus denen er sich geschickt raus wand. Seth lachte und meinte dann zu Jacob: ,,Paul ist schon übers Essen her gefallen, aber ich hab dir ein paar Burger gesichert." ,,Gut mitgedacht Bruder", sagte dann Jake, ,,Bella, dass ist Seth Clearwater. Jüngstes Mitglied des Rudels." ,,Jüngstes, Bestes, Schlaustes", sagte Seth darauf stolz. ,,Und lahmstes", fügte Jake hinzu und zerzauste ihm die Haare, während ich Bella schonmal mit mir zum Lagerfeuer zog. 

Ich wusste, welche Legende erzählt werden würde. Ich kannte sie von den Volturi. Die kalten Wesen, wie die Wölfe uns nannten, dieser Geschichte waren einst Volturi. Dementsprechend kannte ich die Geschichte aus der Sicht der Vampire und ich freute mich darauf, sie nun auch aus der Sicht der Wölfe zu hören. ,,Die Quileute waren von jeher ein kleines Volk", fing Billy dann auch schon an, zu erzählen, ,,Aber wir hatten immer etwas magisches im Blut. Wir waren große Geisterkrieger, Gestaltwandler, und verwandelten uns in den großen Wolf. Das ermöglichte uns unsere Feinde zu verjagen und unseren Stamm zu beschützen. Eines Tages stießen unsere Krieger auf ein... Wesen. Es sah aus, wie ein Mensch, aber es war hart wie Stein und kalt wie Eis. Die scharfen Zähne unserer Krieger rissen es letztendlich in Stücke, aber nur Feuer konnte es vollständig zerstören. Sie lebten in der Angst, dass der kalte Mann eine Gefährtin hatte. Und so war es. Sie nahm Rache an dem Dorf. Unser Häuptling Taha Aki war der einzige Geisterkrieger, der unseren Stamm noch retten konnte, nachdem auch sein Sohn getötet worden war. Taha Akis dritte Frau wusste, dass er den Kampf verlieren würde. Die dritte Frau hatte keine magischen Kräfte, keine besonderen Fähigkeiten. Außer einer. Ihren Mut. Durch ihr Opfer war die kalte Frau für einen Moment abgelenkt. Lange genug für Taha Aki, um sie zu zerstören. Sie rettete den Stamm. Im Laufe der Zeit sind unsere anderen Feinde verschwunden. Bis auf einen. Die kalten Wesen. Wir verwandeln uns, wenn sie in der Nähe sind. Und jetzt ahnen wir es. Fühlen die Bedrohung in unserem Blut. Etwas schreckliches steht uns bevor. Und wir müssen alle bereit sein. Wir alle." In diesem epischen Moment klingelte mein Handy. ,,Entschuldigt mich, da muss ich ran gehen", murmelte ich schnell peinlich berührt, stand auf und nahm ab, ,,Hallo?" ,,Eli, es wird auffälliger", meldete sich Alec am anderen Ende der Leitung, ,,Das Töten. Das Verschwinden von Menschen. Immer mehr Neugeborene tauchen in Seattle auf. Bitte pass auf dich auf, okay?" Und schon hatte er wieder aufgelegt. Er hatte besorgt gewirkt. 

Als Bella und ich am nächsten Morgen zu den Cullens kamen, kamen die steigenden Mordfälle in Seattle gerade in den Nachrichten. ,,Es wird schlimmer", meinte auch Carlisle nachdenklich, ,,Wir müssen etwas unternehmen." ,,Es muss mehr als einer unserer Art am Werk sein, um so einen Schaden zu verursachen", meinte Jasper dazu, ,,Und sie sind undisziplinierter. Sie jagen auffällig." ,,Das sind Neugeborene", fügte ich hinzu, ,,Alec hat mich gestern Abend angerufen. Er meinte, es würden immer mehr Neugeborene in Seattle auftauchen und er sagte, ich soll auf mich aufpassen. So besorgt hab ich ihn noch nie erlebt. Und er weiß ja, dass ich mich verteidigen kann." ,,Aber wieso Neugeborene?", fragte Bella verwirrt. ,,In den ersten Monaten nach unserer Verwandlung...", setzte Edward an. ,,Sind wir unkontrollierbar", unterbrach Jasper ihn, ,,Bösartig. Wahnsinnig vor Durst." ,,Etwas auf das man sich freuen kann", meinte Emmet grinsend im Hintergrund. ,,Jemand hat diese Neugeborenen trainiert, aber das ist kein Zufall", meinte Jasper dann und wirkte ebenfalls besorgt. ,,Jemand stellt eine Armee zusammen", überlegte Carlisle. ,,Dann gehen wir definitiv nach Seattle", meldete sich Emmet wieder und sprang von der Couch. ,,Eine Armee aus Vampiren?", fragte mein Zwilling und wirkte etwas beunruhigt. ,,Die geschaffen wurde, um jemanden zu töten", bestätigte Jasper das. Er kannte das. Von seiner Zeit bei Maria. ,,Wir sind der einzige Clan in der Gegend von Seattle", meinte Edward grüblerisch. ,,Egal aus welchem Grund sie geschaffen wurden", meldete ich mich dann auch mal zu Wort, ,,Wir müssen etwas gegen sie unternehmen, sonst werden es die Volturi tun. Ehrlich gesagt wundere ich mich, dass sie es so lange geduldet haben." Das wunderte mich wirklich. Normalerweise wurde auffälliges Töten mit dem Tod des Neugeborenen Vampirs und dem Tod des Erschaffers bestraft. Wahrscheinlich waren sie sich einfach nur nicht sicher, wer diese Armee erschaffen hatte. Und das war ein Problem. Blieb der Erschaffer unbekannt, dann könnte er noch weitere Neugeborene erschaffen und irgendwann würden wir uns nicht mehr gegen sie wehren können. In diesem Moment verstand ich, warum Alec so besorgt geklungen hatte.

Bis(s) zum Abendrot What if...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt