Der Fluglärm wütete in Wesleys Ohren, als er am Flugplatz stand, die Hände in der Tasche, damit sie ihm nicht wie Eiszapfen aus den Ärmeln hingen. Es war minus fünfzehn Grad, der Wind tobte unablässig pulvrigen Schnee über das Land gerade wegs in des Mannes Gesicht, welches schon rot und eingefroren wirkte. Er fröstelte. Es war eine saudumme Idee gewesen, dass wusste er gleich, als er das Flugzeug in Orion, Michigan nahm. Es war gerade mal einen Tag her, als sein Vater ihn über das Vorhaben informierte und nun stand der blonde Mann in dem tobenden Kältesturm Alaskas und wartete darauf, dass er abgeholt wurde, von einem dieser Eskimos. Wenigstens war das in seiner Buchung mit drin, wenn er schon in einer klapprigen alten Herberge unter kommen musste.
Er lachte, doch es klang mehr als verzweifelt. Sein Blick senkte sich zu Boden, als erneut der Schnee in sein Gesicht peitschte und seine Sicht beschränkte. Wesley hatte sich sagen lassen, dass Atquasuk fast ganz im Norden von Alaska lag, dort wo sich keine Menschen Seele hin verschlug. Einige Male hatte er sich gefragt, wieso ein solch millionenschwerer Geschäftmann noch immer vorzog in solch einer Tundra nieder zu lassen. Dort gab es nichts! Wahrscheinlich nicht einmal einen richtigen Supermarkt. Das war zu viel für sein verwöhntes Herz.
Wesley richtete seine Augen auf eine tosende Propellermaschine, die geradewegs vor ihm zum Landen anlegte und nach kurzem Rollen zum Stehen kam. Schützend hielt er sich die Hand vor die Augen, beobachtete eine Person, welche mit einem Satz aus dem Flugzeug sprang und sich auf den blonden Mann zu bewegte. Eine Frau. Schlank und schwarzhaarig, ihre Augen hatten einen asiatischen Ursprung. Definitiv sein Abholservice.
Sie wirkte in freudiger Erregung, als sie Wesley zu erkennen schien und grinste über beide Ohren, während ihr die Haare wild umher wirbelten, sie jedoch nicht zu interessieren schien.
"Sie sind also Mister Kings.",stellte sie sicher fest. Mit in die Hüfte gestemmten Armen beäugte sie ihren zukünftigen Gast. Wesley nickte stumm, konnte nur schwer seine aufkommende Abneigung ihr gegenüber unterdrücken.
"Wie lange wird der Flug dauern?",fragte er geistesabwesend und momoton, ohne sie weiter zu beachten. Stattdessen vielen seine Augen nicht sehr zuversichtlich auf die Maschine, mit der sie gekommen ist. Das Ding wirkte mehr als unzuverlässig, fast schon ein Schrotthaufen, welcher jeden Moment auseinander zu fallen drohte. Damit sollte er fliegen? Niemals!
"Wenn wir sofort starten, werden wir in zehn Stunden ankommen. Ich bin übrigens Anjij, aber sie können mich Anji nennen."
Wesley schnaubte abwertend, ignorierte ihren Namen völlig. "Zehn Stunden? Haben sie keine richtigen Flugzeuge mit denen man schneller voran kommt? Mit dem Ding würde ich nicht einmal die ersten fünf Minuten überleben!" Der Mann war schon immer direkt zu anderen gewesen. Es war üblich, dass sich die Leute um ihn herum verletzt und auf den Schlips getreten fühlten. Es war ihm egal!
Anjij ließ sich nicht von seinem Kommentar beirren und setzte ein amüsiertes Lächeln auf, bevor sie sich zu ihrer Maschine begab. "Deswegen Mister Kings-",fing sie an. Wesley starrte ungeduldig auf seine Rolex, welche sein Handgelenk zierte und rechnete bereits seine Ankunft aus. Mitten am Tag...
"-fliege ich und nicht sie.",beendete sie den Satz und warf die klapprige Tür auf. Der Mann seufzte, griff nach seinem durchfrostetten Koffer und versuchte diesen zum Flugzeug zu manövrieren. Er war empört. Noch nie in seinem ganzen Leben musste er sein eigenes Gepäck tragen. Er hatte erwartet, dass dieses Buschmädchen, oder eher gesagt diese Iglobewohnerin, sich darum kümmern würde.
Wesley war erleichtert, als sein Koffer verstaut im hinteren Teil des Dings Platz gefunden hatte. Er selbst fühlte sich wie auf dem Präsentierteller, unsicher was ihn erwarten würde, schnallte er sich an und wurde dabei die ganze Zeit über von Anjij beobachtet.
"Sind Sie bereit Mister Kings?" Ihre braunen Augen leuchteten verschmitzt.
"Ist es überhaupt sicher bei solch einem Sturm loszufliegen?",fragte er ohne auf ihre Frage einzugehen und sein Blick viel hinter die Glasscheiben, wo sich der Schnee wüst über die Landebahn legte. Er hörte nur das leise Kichern der Frau neben ihm, die ohne etwas zu erwidern, den Motor anschmiss und sich ein lautes Rattern breit machte.
Wesley ahnte, dass sie wohl nicht weiter auf ihn eingehen würde und krallte beängstigend seine langen Finger in das Sitzpolster. Er spürte, wie sich das Flugzeug bewegte und quälend langsam in die andere Richtung fuhr. Ein letztes Stoßgebet schien ihm mehr als angebracht.
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Into The Wild | mxm
RomanceWesley Kings, angehender CEO und verwöhnter Bengel vom Feinsten, landet in einem kleinen Dorf in Alaska, in welchem nicht nur seine Nerven, sondern auch seine Geduld auf die Probe gestellt wird. Sein Ziel : Einen neuen Handelspartner an den Haken b...