Ein regelmäßiges lautes Piepen weckte mich. Verschlafen öffnete ich meine Augen und schloss sie sofort wieder. Widerliches grelles Licht weißer Neonlampen blendete mich. Ich stöhnte und wollte mich umdrehen. Es ging aber nicht, weil ich mehr oder weniger aufrecht saß. Mein Bewusstsein wollte mein Unterbewusstsein verdrängen und wissen, was hier los war. Ich wollte nicht aufwachen. Das Licht war mir eindeutig zu hell.
„Lika, wach auf“, sagte eine sanfte Männerstimme. Die Stimme brachte Erinnerungen mit sich. Verschwommene Bilder des gestrigen Tages wirbelten in meinen Gedanken umher. Schließlich kapitulierte ich und öffnete meine Augen. Ich saß auf dem Schoß eines jungen Mannes – Jake. Mir fiel wieder ein, dass er gestern urplötzlich aufgetaucht war. Ich ließ meinen Blick durch den Raum schweifen. Es war ein kleines Zimmer eines Krankenhauses, dass sah man sofort an den üblichen Betten und einem Gerät, dass den Herzschlag des Patienten anzeigte. Außerdem musste das hier die Kinderstation sein, denn überall an den Wänden waren Regenbögen und Blumen gemalt, vermischt mit den typischen Figuren aus Kinderfilmen und -serien. Meine Schwester lag mit geschlossenen Augen in einem der Betten und atmete ruhig. Jetzt viel mir alles wieder ein. Sie war die Treppe runter gefallen und hatte einen gebrochenen Arm. Dieser lag an ihrer Seite und war dick in einen Gips eingepackt.
„Schläft sie oder ist sie noch bewusstlos?“, fragte ich leise an Jake gewannt.
„Sie schläft. Sie fand es unglaublich witzig dir mal beim Schlafen zuzusehen.“ Er grinste und verkniff sich ein Lachen.
„Also geht es ihr gut?“
„Ja, soweit und den Umständen entsprechend schon. Immerhin wurde sie operiert.“
„Gut. In welchem Stockwerk sind wir? Ich muss mir Kaffee holen und will mich dann nicht verlaufen.“
„Sechs. Da hinten links geht’s zu den Aufzügen“, sagte er und erklärte mir genauestens den Weg.
Ich fuhr nach unten und holte mir einen heißen frisch gebrühten Kaffee. Er schmeckte komisch, wie auch das Essen in Krankenhäusern meistens schmeckt. Als ich in den Aufzug steigen wollte, lief ein Mädchen, etwa in meinem Alter, geradewegs in mich rein und warf mich um. Sie selbst versuchte ihr Gleichgewicht zu finden und ruderte mit den Armen in der Luft. Es blieb allerdings bei dem Versuch. Sie kippte nach vorn und landete auf meinem Schoß. Ich sah mich perplex um. Die gesamte Cafeteria starrte uns an. Das ungeschickte Mädchen richtete sich auf. Das erste was mit auffiel, waren ihre Augen. Sie waren unglaublich. Türkis. Stechendes, helles Türkis. Sie zogen mich förmlich in ihren Bann und es war mir, als könnte sie so in meine Seele eindringen.
„Tut mir leid“, sagte sie und hielt mir eine Hand hin. Ich löste mit viel Kraft den Blick von ihren atemberaubenden Augen und ergriff die Hilfe. Als ich wieder stand, sah auch sie sich um. Die Leute starrten uns immer noch an.
„Was guckt ihr denn so doof? Noch nie jemanden gesehen, der umgefallen ist? Geht doch wieder an eure Arbeit und hört auf so zu glotzen!“
Diese direkte Art verwunderte mich. Ich hätte sie aufgrund ihrer Ungeschicklichkeit eher als schüchtern eingestuft, nicht als Ich-sag-alles-grade-raus-und-du-gibst-am-besten-kein-Wiederwort-Mensch. Resigniert strich sie sich eine Strähne aus dem Gesicht. Ihre Haare waren tiefschwarz und standen in alle Richtungen ab. Sie bildeten einen starken Kontrast zu der blassen Haut. Ihre Wangen allerdings waren leicht errötet. Das, gepaart mit dem Gesichtsausdruck ließ mich schmunzeln. Ihr Blick fiel auf mich und ich verkniff mir mein Grinsen sofort wieder.
„Tut mir echt leid“, wiederholte sie, sanfter als ihre vorherigen Worte.
„Nicht so schlimm.“
„Ich bin Cat“, stellte sie sich höflich vor und hielt mir eine Hand hin. Cat? Sie sieht eher einem Igel gleich als einer Katze, dachte ich und schüttelte ihre – im Gegensatz zu meinen – zarte Hand mit langen Fingern, die mich an die von Nikki erinnerten. Am Mittelfinger trug sie einen goldenen verzierten Ring mit einem rubinroten runden Stein. Er war wunderschön. Er sah sehr alt aus, also vermutlich ein Familienerbstück. Ich schob den Gedanken beiseite und stellte mich auch vor.
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Deep into the Forest
FantasíaMalika, genannt Lika, ist 17 Jahre alt. Sie kümmert sich um ihre Geschwister und schmeißt zu Hause den Haushalt. Ihre Eltern sind verstorben. In ihrer Heimatstadt - Salt Lake City - treiben gefährliche Monster ihr Unwesen und töten die Bewohner. Ein...