Aus dir wird man echt nicht schlau - Teil 3

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„Ausziehen."

Ich denke erst, dass ich mich verhört habe. Wahrscheinlich gucke ich irritiert drein, jedoch warte ich lieber nicht auf eine zweite Aufforderung und ziehe erst meine warme Jacke mit Pelzkragen, dann die Schuhe und die Socken aus. Die ganze Zeit spüre ich den penetranten Blick des Anderen, was mich dazu bewegt, mich schlussendlich, nun eindeutig unruhig, bis auf die Unterwäsche hin auszuziehen.

„Steh auf und gib mir deine Kleidung. Die bekommst du gleich wieder."

Seine Stimme ist klar und deutlich. Der junge.... Aufseher, ja Aufseher, würde mir keine anderen Bewegungen erlauben, das strahlt seine Aura aus. Stumm befolge ich seine Anweisungen, was sollte ich auch sonst tun?
Außerdem befindet sich das einzige Fenster in diesem Raum unglücklicherweise direkt hinter dem Fremden, welcher dieses, abgesehen von mir, sogar besonders zu bewachen scheint. Wenigstens hat es einen Sichtschutz... denke ich erleichtert, trotzdem trete ich nervös von einem Fuß auf den anderen und möchte mich wieder anziehen.

Mir fällt auf, dass der Mann nicht nur jung, sondern gar nicht viel älter zu sein scheint als ich - zwei Jahre? - ist er ohne Studium direkt nach der Schule hierher gekommen? Jetzt beginnt dieser damit, meine gesamte Kleidung gründlich zu durchsuchen, was er in ihnen finden will?
Die Sachen aus meiner Hosentasche fallen auf den Boden, er hat sie achtlos ausgeräumt. Kordel, Knöpfe, Zettel, ein Kugelschreiber, Büroklammern, ein zwei alte, zerknitterte Fotos, mein Handy. Da fällt mir ein kleiner roter Knopf am Stuhl des anderen auf, welcher, wohl gemerkt, viel mehr gepolstert ist als der, auf dem ich bis gerade eben noch gesessen hatte. Sehr wahrscheinlich ist das Knöpchen dafür da, dass der junge, unerfahren wirkende Mann einen Alarm auslösen kann. Jedoch würde ich nicht auf die Idee kommen, ihn unbewaffnet in jeglicher Art und Weise anzugreifen. Er wirkt trainiert, wenn auch weniger... und jederzeit bereit, diesen Knopf zu drücken. Ich sollte es wohl trotzdem nicht versuchen, erst recht nicht in Unterwäsche.

Wofür? Selbst wenn ich es schaffen würde, ohne dass er den Knopf drückt, würden draußen nur ein Stacheldrahtzaun und Hunde auf mich warten.

Egal welche Situation ich in meinem Kopf sorgfältig durchdenke, sie endet immer damit, dass ich es nicht rausschaffen würde. Regungslos bleibe ich stehen, hoffe, dass ich nicht auch noch meine Unterwäsche ausziehen soll. Fehlanzeige, glücklicherweise! Meine Klamotten bekomme ich tatsächlich wieder, aber ich soll mich umdrehen und mich mit dem Rücken zu ihm wieder anziehen. Was auch immer das soll, aber es gefällt mir nicht. Gar nicht.
Seine Machtposition stellt er mit jeder Möglichkeit klar.

„Also, dein Name ist...." Nach und nach überprüft er meine Personalien und ich schweige, ziehe mich lieber erst einmal schnell wieder an, da mir das noch immer unangenehm ist. Er könnte mir jederzeit in den Rücken...
Spätestens jetzt sollte der Selbstbewusste auch die zahlreichen Narben und das große Tattoo eines lächelnden Skelettschädels auf meinem Rücken in Höhe der Schulterblätter bemerkt haben.

„Gut... dann hätten wir das." Er räuspert sich, möchte er, dass ich ihn wieder ansehe? Nachdem ich mich erleichtert umgedreht habe, gucke ich auf die ganzen Zettel, die er in der Hand hält. Was dort wohl über mich steht? Sind dort Lügen? Geheimnisse? Oder stimmt es doch? Der Grund, warum ich hier bin?

Der prüfende Blick des Aufsehers lastet noch immer auf mir und ich sehe ihm direkt in die Augen. Was willst du von mir?, will ich fragen, entscheide mich jedoch doch dagegen und sehe wieder weg, da ich ihn nur skeptischer machen würde. Zumindest glaube ich das.

Mit einem Seufzen ducke ich mich, strecke mich, um all die Sachen, die der Mann absichtlich hatte fallen lassen, wieder aufzuheben und in meine Hosen- und Jackentaschen zurück zu stecken. Erst dann meldet der Andere sich wieder zu Wort: „Du bist mir mal Einer... Aus dir wird man echt nicht schlau."

Höre ich etwa Enttäuschung in seiner Stimme? Irgendwie amüsiert mich das. Das erste mal, dass ich mich hier in diesem Raum ein wenig besser fühle. Wahrscheinlich hatte er sich erhofft, mich mit Dingen, die er über mich weiß oder erfährt, aus der Ruhe zu bringen. Idiot. Als ob ich dir diese Genugtuung geben würde!

Mit einem leichten Schmunzeln auf den Lippen trete ich aus dem kleinen Raum heraus, von wo ich dann in eine kleine Halle gebracht werde, nicht weit entfernt von der Eingangshalle. Dort treffe ich wieder auf die Anderen, die genau so wie ich schon hereingebracht worden waren. Jetzt hatte ich das Gefühl, dass viel mehr dieser jungen Leute verzweifelt schienen als vorher. Hatten sie sich auch ausziehen müssen? Bestimmt ist es denen sogar noch unangenehmer als mir.
Das Schmunzeln ist mir bei diesem Anblick schon längst wieder verflogen und ich bahne mir einen Weg durch die Personen. Ja, ich würde es nicht gerne zugeben, aber mir läuft ein Schauer über den Rücken und mir graut es vor diesem... Ort.

Ich will nicht wissen, was sie noch alles mit mir vorhaben...

-

Noch immer die Frage - wo befindet sich der Hauptcharakter? Wo kommt der HC her, Name, Vorlieben? Was wird noch alles geschehen?

:D Ich werde immer nur Stück für Stück mehr Informationen herausrücken <3

Chaos im KopfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt