6. Kapitel

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Tatsächlich schlief sie die ganze Nacht wie ein Stein. Die ganze Nacht wachte sie nicht einmal auf und wenn sie es doch getan hatte, dann konnte sie sich an absolut nicht erinnern. Nicht einmal die Kopfschmerzen, die sie den gesamten Unterricht ertragen musste, interessierten sie. Sie war ausgeschlafen, das war alles, was für sie eine Rolle spielte.

Als sie an diesem Tag die Wohnung betrat vernahm sie nicht das kleinste Geräusch.
Sie warf ihr Schuhe in die Ecke und ihre Jacke gleich hinterher.

Er ist nicht da

dachte sie und hätte vor Freunde im Kreis rennen können, doch am Wohnzimmer vorbeigehend sah sie etwas im Augenwinkel. Ihre Mutter saß - zur Abwechslung mal mit T-Shirt und Jogginghose, statt in Minihotpants und Crop-Top und ohne High Heels- auf dem Sofa. Langsam drehte sie ihren Kopf zu Samantha, die sie nur fragend ansah und dabei ihre blau-violette, geschwollene Nase und das Feilchen am linken Auge betrachte. Die blonden Haare hingen wir von ihrem Kopf. Ihr Blick bescherte Samantha eine Gänsehaut, denn er war noch kälter, als gewöhnlich. Erst dann sah sie die kleine wieder verschließbare Tüte, die vor ihrer Mutter auf dem Tisch lag.

Scheiße

"Mama ich..", begann sie, doch weiter kam sie nicht. "Raus", sagte ihre Mutter tonlos. "Lass mich ausreden. Ich..", versuchte Samantha es weiter, doch es half nichts.
Mit wenigen Schritten war ihre Mutter bei ihr und es gab ein hässliches Klatschen gegen Samantha's Wange. Wenig beeindruckt zog sie die Nase hoch. Sie ging zum Tisch, steckte das Tütchen ein und wollte gehen, doch ihre Mutter hielt sie am Arm zurück und nahm es ihr wieder aus der Tasche. Sie hielt ihren Oberarm so fest, dass es ihr das Blut abdrückte. Ohne zu zögern revanchierte sie sich bei ihrer Mutter, worauf deren Nase erneut blutete.
"Miststück!", schrie sie und hielt sich die Hand unter die Nase. "Wart nur ab bis dein Vater wieder kommt. Heute kommst du nicht so gut weg, wie letztes Mal!" Samantha ballte wieder die Faust und sagte ebenso tonlos, wie ihre Mutter vorhin:
"Dieser Penner ist nicht mein Vater und er wird es nie sein. Und wenn hier jemand ein Miststück ist, dann du, du dumme Nutte." Ohne ein weiteres Wort verließ sie die Wohnung.
Die Tür knallte so heftig in's Schloss, dass einer der Nachbarn gegen die dünnen Wände pochte und sich lautstark beschwerte.

5 Stunden später wurde es dunkel und Samantha streunte immer noch um die Blocks.
Kadir war seine Eltern besuchen und einen Schlüssel hatte er ihr nicht da gelassen. Sie versuchte immer wieder, ihn anzurufen, doch er nahm nicht ab. Sie blieb stehen und sah sich um. Die Kälte kroch ihr unter die Kleidung und sie musste sich beeilen einen Platz zum Schlafen zu finden.

"Kann man dir helfen?" Sie fuhr herum und verlor fast das Gleichgewicht.
Da war jemand. Nur ein paar Meter hinter ihr. Ein Mann. Viel mehr noch ein Junge. Er trug eine schwarze Jeans, ein schwarzes Shirt, schwarze Schuhe und eine schwarze Jacke. "Kommt drauf an", sagte sie schroff und ging noch einen halben Meter mehr auf Abstand. "Hast du was, wo ich pennen kann?" "Kommt drauf an." Er lachte. "Was springt für mich dabei raus?" Samantha dachte nach. Schließlich zuckte sie die Schultern. Sie drehte sich um und wollte gehen, da sagte er noch: "Bist du käuflich?"

Wie bitte?

Sie sagte nichts. Dann stahl sich ein Lächeln auf ihr Gesicht. "Hast du Stoff?"

Grinsend hielt er einige kleine Tütchen mit allem möglichen Zeug in die Höhe.
"Such dir was aus Baby"

dry tearsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt