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Am Morgen weckt mich die sanfte Stimme meiner Mutter. Blinzelnd blicke ich sie an und verstehe erstmal kein einziges ihrer Worte. "Was?", frage ich verwirrt. Sie erklärt mir, dass sie sich Sorgen um mich macht, weil ich nach der Schule direkt schlafen gegangen bin. Ich erzähle ihr von meinem Schwächeanfall. Daraufhin bringt sie mir erst einmal Frühstück ans Bett und bleibt neben mir sitzen, bis ich aufgegessen habe. Dann fragt mich meine Mutter, ob ich mich in der Lage fühlen würde, den Unterricht zu besuchen und weist mich daraufhin, immer direkt anzurufen und bescheid zu sagen, wenn es mir nicht gut geht. Ich versichere ihr, dass es mir besser geht, und wir umarmen uns. Sie räumt das Tablett vom Frühstück in die Küche und fährt zur Arbeit. Nach einem Blick auf die Uhr wird mir bewusst, dass ich noch eine ganze Weile Zeit habe, bevor ich mich auf den Weg in die Schule machen muss. Ich gehe die neuen Nachrichten auf meinem Smartphone durch. Victor hat geschrieben und mehrmals angerufen. Er hat sich mit mir treffen wollen aber ich bin nicht erreichbar gewesen. Ich beantworte seine Nachrichten und innerhalb weniger Sekunden erhalte ich eine neue Nachricht von ihm. Er fragt ob er vorbei kommen kann. Mein Herz pocht. Kann er das? Naja, meine Eltern sind immerhin beide aus dem Haus. Kurzerhand lade ich ihn also zu mir ein.

Keine fünf Minuten später steht er mit einer Tafel Schokolade und einer Packung Tee vor der Tür. "Ich dachte, dass könnte dir helfen..." , sagt er freundlich aber leicht verunsichert. Victor scheint eher wenig Ahnung über die Monatsblutung zu haben, aber wer kann es ihm verübeln, er ist ja ein Kerl. Ich bedanke mich lächelnd und bitte ihn herein. Er folgt mir in die Küche, wo ich direkt den neuen Tee koche. Ich gieße uns etwas ein und Fülle auch eine kleine Thermoskanne damit. Die packe ich wiederum in meine Schultasche. Der Tee schmeckt wunderbar, es handelt sich um einen Kamillentee. Victor erzählt nach einer Weile, dass er schon eher überlegt hatte vorbei zu kommen, allerdings nicht gewusst hatte, wie er meinen Eltern seine Sorge erklären sollte. Er errötet. Ich unterdrücke ein Grinsen. Süß! Um das Thema zu wechseln frage ich ihn, ob er Hunger hat und wie zur Antwort knurrt sein Magen. "Eindeutig!", lache ich und stelle ihm Brot und Belag auf den Tisch. Ich sitze daneben und nippe weiter an meinem Tee. Frühstück hatte ich ja heute schon. "Wolltest du so eigentlich in die Schule?", fragt er, schelmisch grinsend und deutet auf meine Kleidung. Ich trage ja noch immer die Sachen von gestern! Mit hochrotem Kopf verlasse ich die Küche, laufe in mein Zimmer und ziehe mir frische Klamotten an. Danach putze ich meine Zähne. Als Letztes wage ich mich an meinen Zopf. Er hat tatsächlich problemlos gehalten. Vorsichtig beginne ich, meine Haare zu bürsten. Es haben sich glänzende, weiche Wellen gebildet. Der Bad-Hair-Day ist wohl einmalig gewesen, zum Glück für mich! Als ich wieder die Küche betrete, hat Victor sein Frühstück beendet und alles ordentlich übereinander gestapelt. Er lächelt als er mich sieht und auch ich lächele. Ich räume den Belag und das Geschirr beiseite und gemeinsam machen wir uns auf den Weg zur Schule.

Als wir das Gebäude betreten, spüre ich ein äußerst unangenehmes Ziehen in meinem Unterleib. Hoffentlich wird das nicht schlimmer... Die ersten beiden Stunden haben Victor, Karla und ich zusammen Ethik. Karla ist allerdings kaum ansprechbar und wirkt, als würde sie jeden Moment zusammen brechen. Ich beobachte sie genau und gerade, als sie von ihrem Stuhl zu kippen droht, kann ich sie glücklicherweise noch auffangen. Sie flüstert mir zu, dass sie sich übergeben müsse, deshalb sage ich dem Lehrer bescheid, der nur besorgt nickt. Ich lege Karlas Arm um meine Schulter, um ihr Halt zu geben und führe sie zur Toilette.

Karla übergibt ich nicht. Stattdessen bricht sie in Tränen aus und wimmert kaum verständliche Worte. Ich kann etwas wie "diese Schmerzen" und "mach, dass es aufhört" erahnen und breche selbst fast in Tränen aus. "Karla, was ist los?", frage ich sie immer wieder und umarme sie fest. Sie schafft es nicht mehr, mir zu antworten und verliert das Bewusstsein. Die Tränen laufen jetzt auch mir über die Wangen und benebeln beinahe einen seltsamen Anblick: ein blutgetränktes Pflaster befindet sich an ihrem Hals. Allerdings scheint die Wunde noch nicht verheilt zu sein, denn ihr rinnt mittlerweile eine dünne, rote Linie den Hals hinunter. Verzweifelt lege ich sie behutsam auf den Boden der Toilette und rufe mit meinem Smartphone einen Krankenwagen. Danach trete ich kurz auf den Flur und hoffe, jemanden anzutreffen, doch es befindet sich niemand außerhalb der Klassenräume und Büros. Ich schaue noch einmal zu der bewusstlosen Karla und stelle mit Entsetzen fest, dass die Wunde plötzlich viel stärker blutet. Auf dem Boden, um ihren Kopf herum, bildet sich allmählich eine Pfütze. Ich reiße viele Papiertucher aus dem Spender neben dem Waschbecken und lege sie unter ihren Kopf, damit sie nicht an ihrem Blut ersticken kann und renne anschließend zum nächstgelegenen Raum. Es handelt sich um glücklicherweise um das Lehrerzimmer. Ich reiße die Tür auf und sofort wird mir und besonders Karla geholfen. Es geht alles unheimlich schnell, der Krankenwagen ist da, dieLehrer haben erste Hilfe geleistet und Karla wird ins Krankenhaus gebracht. Ich stehe durch die ganze Situation etwas neben mir. Ein junger Lehrer, der Vertrauenslehrer, bittet mich, ihn nach dem Unterricht auf zu suchen. Dem werde ich auf jeden Fall nachgehen...

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 16, 2019 ⏰

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Wenn die Dunkelheit ruftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt