Kapitel 01 - Sonniges Geschrei und eine Beerdigung

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Ich stand hinter der Topfpflanze in der Empfangshalle des Hotels und beobachtete die Rezeption. Zugegeben, nicht gerade das normalste Verhalten, vor allem nicht wenn man in besagtem Hotel ein Zimmer bewohnt. Aber ich hatte im Vorbeigehen gesehen, wer gerade an der Rezeption stand. Und was nun unweigerlich folgen musste, das musste ich mir einfach ansehen.

„Guten Tag, Sir“, sagte der langnasige Englische Empfangschef, als der junge Mann in T-Shirt und Jeans seinen Koffer am Empfang abstellte. Er sagte guten Tag, aber seiner Stimme nach zu Urteilen klang es eher wie 'ich wünsch dir die Pest und den Teufel an den Hals, was hast du hier zu suchen?'.  Die Krawattennadel des Empfangschefs allein hatte wohl mehr gekostet als alle, recht legeren, Kleidungsstücke des jungen Mannes zusammen. „Vielleicht haben Sie sich im Eingang geirrt. Der Personaleingang ist hinten ums Haus.“

„Wenn ich einem Zimmermädchen begegne werde ichs ihr ausrichten,“ brummte der junge Mann. „Ein Zimmer ist auf meinen Namen reserviert. Dominic Vaughn.“

Die Augenbrauen des Empfangschefs begannen eine Wanderung seine Stirn hinauf.

„Warten sie einen Moment, Sir. Ich werde nachsehen.“

Was er auch prompt tat.

„Wir haben tatsächlich eine Reservierung auf diesen Namen, Sir“, sagte der Empfangschef, seine Stimme schon sehr viel weniger snobistisch. „Allerdings... verzeihen Sie, Sir, aber mir ist als wären wir uns schon einmal begegnet, als würde ich sie kennen, und nicht unter diesem Namen.“

„Wir sind uns noch nie begegnet“, sagte der T-Shirt-Träger in bestimmtem Tonfall. „Da bin ich mir ganz sicher.“

„Ja, Sir. Hier Sir, wenn die dies bitte ausfüllen würden...“

Ein Formular und ein goldener Stift erschienen vor dem jungen Mann. Er ergriff beides und begann zu schreiben. Als er den Stift wieder weglegen wollte, trat der Empfangschef plötzlich mit einem Ausdruck des Erkennens auf dem Gesicht zurück und keuchte: „Aber natürlich! Dass ich Sie nicht sofort erkannt habe – Sie sind Nano Pad, der weltberühmte Autor!“

Der Junge Mann schloss die Augen und atmete tief durch.

„Mein Name ist Vaughn“, sagte er langsam und deutlich. „Dominic Andreas Vaughn. Nano Pad ist mein Nutzername auf Wattpad. Aber mein richtiger Name ist, ich wiederhole es noch einmal, Dominic Andreas Vaughn.“

„Natürlich Mr. Pad! Selbstverständlich Mr. Pad.“

„Vaughn!“

„Ja.“ Der Empfangschef nickte eifrig. „Vaughn, Sir, Mr. Pad, Sir. Ich werde es mir merken. Jenkins, kommen Sie her! Mr. Pad braucht jemandem, der ihm das Gepäck trägt. Soll ich noch jemanden Ihr Auto parken lassen, Mr. Pad?“

Ich sah, wie Dome langsam die Augen wieder öffnete und schicksalsergeben aufseufzte. „Nein, das habe ich schon selbst erledigt. Aber da gäbe es etwas, das Sie für mich tun könnten.“

„Was denn, Mr. Pad? Ihr Wunsch ist mir Befehl.“

„Lassen Sie ihre Ohren säubern.“

„Natürlich, Mr. Pad, Sir. Ich werde mich auf der Stelle darum kümmern.“

An dieser Stelle konnte ich mir ein Kichern nicht verkneifen, und Dome schaute zu mir herüber. Er wirkte keineswegs erfreut mich zu sehen – zumindest nicht hier und jetzt.

„Ah, Rob. Bist schon hier, wie?“

„Yep.“ Ich kam breit grinsend auf ihn zu.

„Und du hast alles mit angesehen?“

„Und gehört“, bestätigte ich.

„Und dich amüsiert?“ Es war keine Frage.

Ich zuckte mit den Schultern, immer noch grinsend. „Nun, du bist selbst schuld. Wenn du damals, bevor wir weltberühmt wurden, deinen richtigen Namen als Benutzernamen bei Wattpad verwendet hättest so wie ich, dann würde jetzt nicht jedermann denken du seist nach einer Mini-Version des Apple iPad getauft.“

„Er soll sich mal nur nicht so laut beschweren“, erklang eine Stimme hinter mir. Ich brauchte mich nicht einmal umzudrehen, um zu wissen wer es war. Die Stimme war fast ebenso unverkennbar, wie das knallgelbe 'Hug Me!' -Shirt, dass ihre Besitzerin fast immer trug. Fast.

„Hallo, Dési“, begrüßte ich sie.

„Immerhin“, fuhr die Stimme fort, „war er so schlau seinen Benutzernamen nicht in Großbuchstaben zu schreiben. Er muss es nicht ertragen, dass jedes mal wenn die Leute meinen Namen sagen sie das Bedürfnis haben...“

„Miss SUNIII!“

Ein Zimmermädchen eilte heran.

„Ihr Pudel fühlt sich in seinem Zimmer gar nicht wohl, Miss SUNIII! Vielleicht sollten sie einmal kurz hochkommen.“

„...zu schreien.“ Beendete Désirée den Satz. Dann folgte sie mit einem Seufzer dem Zimmermädchen.

NanoPa- oh, Verzeihung, Dome betrachtete mein Grinsen mit Missfallen.

„Ich weiß beim besten Willen nicht, wie du über irgend etwas lachen kannst – ausgerechnet heute.“

Seine Augen wanderten zu einem Plakat, das am Nachrichtenbrett des Hotels aufgehängt war. Inmitten von schwarzen Rosen und vielen Schnörkeln wurde dort verkündet:

„Beerdigung von Nesi99, der weltberühmten Autorin von 'Wie sich alles veränderte' und 'Wie sich alles noch mehr veränderte'.. 13:00pm, St. Augustin-Friedhof von Durringham. Möge ihre Seele in Frieden Ruhen.“

Mein Lächeln verschwand nicht.

„Weil man immer ein Lächeln auf den Lippen bewahren sollte“, erwiderte ich. „Ganz besonders im Angesicht des Todes.“

„Hast wohl recht“, brummte Dome. „Wenigstens bekommt er wohl unsere Namen richtig hin. Komm, sollen wir einen auf Nesis Wohl trinken?“

„Meinst du zufällig Agnesa?“

„Ach sei einfach still und komm!“

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Dieses Kapitel hat RobThier geschrieben, Autor von 'Die Staats-AG' & Gründer der Translingua-Übersetzungsplattform. Viel Spaß mit dem nächsten Kapitel von NanoPad !

Bloody Books - Eine Horror-Geschichte mit den Watty's!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt