Um 21 Uhr 26 und 30 Sekunden – ich wollte ja schließlich nicht zu spät kommen – hielt mein Wagen an dem einsamen Wegweiser der den einsamen Weg zu dem einsamen Tal wies in dem das Haus stand, dessen Geheimnis Agnesa untersucht hatte, und das, wie ihr wohl schon vermutet, einsam war. Ich stieg aus dem Wagen, nickte meinem Chauffeur zu begann den Weg entlang zu schlendern. Bald konnte ich in das Tal hinabblicken und erkennen, das die meisten anderen schon da waren. Zehn Autos standen versammelt um das unheimlich wirkende Herrenhaus herum. Mit der Ausnahme eines knallgelben Cadillacs, aus dem das laute kläffen eines Pudels erklang, eines Rolls Royce mit einem riesigen Diamanten als Kühlerfigur und einem pechschwarzen '67 Impala, wusste ich nicht welches Auto wem gehörte. Aber das war auch egal. Sie waren alle gekommen. Na ja, fast alle.
Pfeifend spazierte ich den Hang hinunter. Unten angekommen sah ich, dass sich die anderen um eines der vernagelten Fenster des alten Hauses geschert hatten, und versuchten eins der Bretter zu lösen.
„Hallo,“ grüßte ich sie. „Amüsiert ihr euch auch schön?“
Sari wandte sich zu mir um.
„Wir amüsieren uns nicht,“ erläuterte sie. „Wir versuchen Zutritt zu diesem Haus zu erlangen. Aber das ist nicht einfach, so verrammelt wie es ist.“
„Ach nein?“
Ich ging zur Eingangstür hinüber und probierte die Klinke. Die Tür schwang auf.
Sari starrte auf die Tür und runzelte die Stirn.
„Es ist vollkommen unlogisch, die Fenster eines Hauses zu vernageln, wenn man die Tür offen stehen lässt.“
„Stimmt,“ gab ich ihr recht. „Aber du hast dabei eine Sache übersehen.“
„Die da wäre?“
„Menschen verhalten sich im allgemeinen nicht sonderlich logisch.“ Ich späte in die dunkle Eingangshalle. „Hat jemand eine Taschenlampe?“ Meine Stimme echote in der großen Dunkelheit vor mir. „Oder vielleicht doch besser gleich einen Taschenkronleuchter?“
Sari öffnete ihre Tasche und hielt mir eine Auswahl aus fünf verschiedenen Lampen hin, darunter eine mit Ultraviolettem Licht und eine Hallenbeleuchtung von industrieller Stärke.
„Vielen Dank! Ich wusste, dass ich auf dich zählen kann. Und das ich selbst deswegen nichts mitschleppen muss.“
„Brauchst du auch noch etwas anderes? Im Kofferraum habe ich Weihwasser, Heilige Symbole aller Art sowie Schrotflinten Gefüllt mit Salz, Pfeffer und Oregano. Möglicherweise habe ich sogar noch eine mit Safran gefüllte dabei, aber ich bin mir nicht ganz sicher.“
„Hast du auch eine die mit Blei gefüllt ist?“
„Blei? Nein, wieso?“
„Dann beschränke ich mich lieber auf eine Taschenlampe. Die ohne UV-Licht, bitte. Danke vielmals.“
Ich knipste die Taschenlampe an. Das kalte, weiße Licht half kaum die gewaltige Eingangshalle zu erleuchten. Es warf nur viele unheimliche Schatten an die Wände. Dinge schienen sich in der Düsternis vor uns zu bewegen. Man hörte ein rascheln, und ein kalter Windhauch wehte uns entgegen.
Hinter mir verstummte das Kläffen von Désis Pudel. Ach du meine Güte. Jetzt war sogar ich leicht beunruhigt.
„S-sollen wir rein gehen?“
Ich hatte nicht mitbekommen wer das gefragt hatte, schüttelte aber als Antwort den Kopf.
„Nein“, sagte ich und schloss die Tür wieder. „Wir warten noch auf Lara und Dome.“
Esther runzelte die Stirn.
„Aber hast du nicht gesagt, wir sollten um 21 Uhr 27 hier sein? Es ist doch klar, das sie nicht kommen.“
„Du kennst doch Lara,“ seufzte ich. „Die ist immer so verträumt, dass sie nie weiß wo sie hinfährt oder was sie gerade macht. Wir müssen ihr ein wenig mehr Zeit geben.“
„Und Dome? Der ist nicht verträumt.“
„Durchaus nicht“, stimmte ich zu. „Aber ich habe auch ihm gesagt, er solle um 21 Uhr 27 hier sein.“
„Und?“
„Und das heißt das wir bis 21 Uhr 37 warten müssen. Er wird garantiert Zehn Minuten zu spät kommen um mich zu ärgern.“
Um exakt 21 Uhr 37 hielt ein Ford Mustang vor dem heruntergekommenen Anwesen. Die Tür öffnete sich und Dome stieg aus, gefolgt von Lara mit einem Verband um den Kopf.
„Tut mir ja so leid, dass ich zu spät komme.“ Dome lächelte mir zu, und ich lächelte zurück.
„Mir auch,“ seufzte Lara. „Sorry, Leute. Daran ist dieser wunderhübsch Schmetterling schuld...“
„Wie bekommt man von einem wunderhübschen Schmetterling einen Verband um den Kopf?“ wollte Paula wissen.
„Indem man ihm hinterher starrt während man Auto fährt und seinen Wagen in den nächsten Baum kutschiert“, entgegnete Dome. „Sie konnte von Glück sagen, dass ich vorbeigekommen bin.“
„Wunderbar.“ Ich klatschte in die Hände. „Natürlich nicht dein Verband, Lara, das mit deinem Schädel tut mir wirklich leid. Vielleicht solltest du dir einen Beispiel an mir nehmen und einen Helm aufsetzen. Ist wirklich sehr praktisch.“
„Ich werds mir merken,“ stöhnte Lara.
„Ich meinte wunderbar“, fuhr ich fort, „dass wir nun alle hier sind.“ Erneut öffnete ich die Tür und richtete die Taschenlampe in die dunkle Eingangshalle. Und wieder hätte man glauben können ein rascheln, und diesmal sogar ein leises Stöhnen aus den Tiefen des uralten Hauses zu vernehmen.“
„Wer hat Lust auf eine lustige Entdeckungstour?“ fragte ich mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht.
Laura hob eine zitternde Hand.
„Ich. Und deswegen denke ich, ich setze mich wieder mein Auto und fahre Direkt zum nächsten Disneyland.“
„Sei kein Hasenfuß.“ Ich wollte den ersten Schritt in die Halle nehmen, doch Dome schob sich schnell an mir vorbei und betrat das Haus vor mir, ein triumphierendes Grinsen auf seinem Gesicht. Lässig wandte ich die Taschenlampe in eine andere Richtung, und aus der plötzlich dunklen Halle hörte man ein Geräusch, dass sehr nach einem Wattpad-Autor klang der mit einer Ritterrüstung kollidiert war.
Ich richtete die Taschenlampe wieder in die richtige Richtung und folgte dem Geräusch von Domes Flüchen ins innere des Hauses. Und obwohl die anderen, mit der Ausnahme von Sari, in deren Augen Entdeckungslust blitzte, und Chiara, die in ihre Musik versunken war, und Dési, die versuchte ihren Pudel zu beruhigten, alle nicht sehr glücklich dabei aussahen, folgten sie mir in das unheimliche Gemäuer.
Kaum hatte der letzte von uns das Haus betreten, da fielen hinter uns wie von Geisterhand die Türen ins Schloss.
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Kapitel von:
RobThier - Ein super toller "gegen-den-Mainstream-Ritter"
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Bloody Books - Eine Horror-Geschichte mit den Watty's!
HororBloody Books - Das erste gemeinsame Projekt von DVaughn (aka NanoPad) und RobThier. In der die Watty's die Hauptrolle spielen. Fiebert mit, wenn "wir" den Mörder finden!