~ zirkumpolar ~

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Hinweis: AU


~*~


Draco hustete trocken und öffnete blinzelnd die Augen.


Es war heiß.


Nicht wirklich heiß, eher drückend warm und schwül, aber das machte es nicht besser. Die Luft im Zimmer war abgestanden und fühlte sich aufgebraucht an, obwohl das Fenster über dem Bett weit geöffnet war und eine leichte Brise hereinwehte. Draco kam nicht umhin den Sommer zu hassen.


Seit Wochen war es in London unerträglich heiß, man war ständig am Schwitzen, am Auslaufen und man hatte dauerhaft das Gefühl im eigenen Saft zu liegen. Draco strich sich über die feuchte Stirn und atmete tief ein- und aus, bevor er sich müde aufsetzte. Es kühlte sich nachts kaum noch ab und bei dieser Wärme war an erholsamen Schlaf nicht zu denken. In diesen Wochen konnten sich wohl nur die Klimaanlagenbesitzer wirklich glücklich schätzen.


Draco glaubte nicht, dass eine kalte Dusche etwas bringen würde. Denn kurz danach würde er nur noch mehr schwitzen, aber ein Versuch war es ihm trotzdem wert, weil er bei diesen Temperaturen sonst verrückt werden würde. Er schob das dünne Laken von sich weg und hielt dann plötzlich, wie erstarrt, abrupt inne. Auf einmal war sein Kopf leergefegt und die Gedanken über die Hitze, den Sommer und den Schweiß waren wie weggeblasen.


Er hatte ganz vergessen wo er war.


„Oh, fuck", fluchte Draco leise, stand hastig auf und verhedderte sich dabei in dem Laken, sodass er kurzerhand auf dem Boden landete. Draco sah auf, in der Annahme, dass ihn irgendwer dabei gesehen hatte, aber das Schlafzimmer war leer. Der Mann, Harry, den er gestern Abend in der Bar kennengelernt hatte, war nicht mehr hier.


Draco hob seine Kleidung auf, die überall auf dem Boden verstreut lag, und zog sie sich eilig über, ehe er leise aus dem Schlafzimmer trat. Es war Vollmond und das Licht ebnete ihm den Weg im Flur, sodass er zwar leise sein musste, aber nicht ganz blind war, während er durch das fremde Haus ging. Er verfluchte sich selbst, dass er vorhin nicht gegangen war, denn das hier verstieß eindeutig gegen die Regeln, die er sich selbst auferlegt hatte.


Niemals bei irgendeinem Typen schlafen. Mit ihm schlafen – ja. Denn dafür hatte Draco sich hübsch gemacht und überhaupt Zeit in der Bar verbracht, aber morgens in einem fremden Haus oder einer unbekannten Wohnung aufzuwachen, gehörte eindeutig nicht zu seinem Plan, um sich nach der Arbeit abzulenken.


Eine gemeinsame Nacht, die mehr als über Sex hinausging, konnte nur für mehr Probleme sorgen, als nötig. Und als Draco an die Wand sah, die mit Fotorahmen und glücklich strahlenden Menschen gepflastert war, wusste er auch wieder, warum es besser gewesen wäre abzuhauen, nachdem sie ihr Schäferstündchen beendet hatten.


Da waren Kinder. Nicht vor Draco, denn dann wäre er vor Schreck schon drei Meter in die Höhe gesprungen, aber auf den Bildern, die vom Mondlicht erhellt wurden und Draco förmlich anschrien beachtet zu werden, grinsten ihm drei Kinder entgegen.


Dracos Blick wanderte von einem Bild zum nächsten und er wusste nicht, was es war, aber er fühlte sich schlecht. Waren die Kinder hier im Haus? Hatte dieser Harry ihn gestern angelogen, als sie sich kennengelernt und geredet hatten? Draco wusste aus eigener Erfahrung, wie es war in einer zerrütteten Familie aufzuwachsen und ...

zwölf bittersüße AugenblickeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt