11 Jahre später

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"Komm schon Amigo, schneller! "Neben mir galoppierten Mely und Leon. Meine zwei besten Freunde. Wir leben alle im Armenhaus von Nala de Caporra. Genauso wie mir war einem ihrer Elternteile das traurige Schicksal eines Autounfalles wiederfahren. Aber wir sind alle darüber hin weg gekommen. Es würde nichts bringen sich davon das Leben versauen zu lassen. Aber wenn einer von uns doch mal traurig wird sind wir füreinander da. Und das schätze ich so an meinen Freunden. Mely ist sehr aufbrausend aber trotzdem sehr lieb. Sie hat wunderschöne kaffeebraune haare und augen. Im Vergleich zu ihr komme ich mir immer sehr blass vor. Aber eigentlich bin ich mit meinem Aussehen ganz zufrieden. Meine honigblonden haare sorgen zwar oft für blondinenwitze aber das stört mich nicht. Meine meerblauen augen gefallen mir am neisten an mir. Ausserdem bin ich ziemlich zart gebaut. Mely ist etwas kräftiger gebaut aber ich finde das steht ihr! Leon ist eher schüchtern kann aber auch ziemlich aufbrausend sein. Er hat schwarze Haare und grüne Augen. Amigo jedoch ist kein Freund. Er ist ein Seelenverwandter. Ich muss nur an etwas denken und er macht es. Es gibt kein besseres Pferd als ihn. "Erde an Sam! Hallo?", riss Mely mich aus meinen Gedanken. "Ja sorry!" Ich hatte nicht bemerkt das Amigo mittlerweile Schritt ging. Schnell galopierte ich ihn wieder an und folgte den beiden.

"Mam! Ich bin zuhause!" Eigentlich war es nicht nötig ihr das zuzurufen den unsere Haustür quietscht so laut, dass sich die Eskimos in Alska wahrscheinlich fragen warum die Pinguine so komisch quietschen. Das Armenhaus wurde nähmlich schon ewig nicht mehr renoviert. Unsere Wohnung besteht auch nur aus 4 Zimmern. Die Küche, das Badezimmer, mein Zimmer und Mama's Zimmer. Die Küche kann man eigentlich kaum noch als KÜCHE bezeichnen. Stinkendes Loch mit Möglichkeit zum Essen trifft es eher. Das Badezimmer ist ganz in Ordnung. Dort steht ein Waschbecken, eine Toilette und eine Badewanne. Das schönste Zimmer im Haus ist eigentlich meins. Ich bin sehr darum bemüht trotz dem engen Raum eine möglichst gemütliche Atmosphäre zu schaffen. Mein Bett ist mit einer blauen Bettwäsche bezogen und ich habe ein selbstgezimmertes Nachttischchen daneben stehen. Ausserdem hängen unendlich viele Pferdebilder in meinem Zimmer. Von Amigo allein, von Amigo mit mir und ausserdem noch Bilder von Mam, Mely, Leon und Papa an den Wänden. Mein Schreibtisch ist eigentlich nur eine Platte auf vier Stützen. Der Sessel ist ein alter Schemmel. In Mama's Zimmer steht nur ein Bett. Als ich in die Küche kam stand Mam am Herd und machte unser Abendessen. Normalerweise essen wir nur ein Stück Brot und gehen dann schlafen. Aber heute ist es genau 11 Jahre her, dass wir ins Armenhaus gezogen sind. Und heute will Mama alle Leute aus dem Armenhaus einladen. Wir haben extra einen Tisch und Sessel aufgestellt. Ich weiß nicht ob ich glücklich oder unglücklich sein soll. Das Armenhaus ist nicht gerade ein Paradies aber wenigstens haben wir ein Dach über dem Kopf. Und Mama kann doch auch nichts dafür, dass wir hierher ziehen mussten. Wäre Papa bloß noch da...

Aber andererseits hätte ich so auch nie Mely und Leon kennengelernt. Gedankenverloren schmückte ich die Wand mit einer Girlande. Alles geht weiter. Vor allem das Leben. Also straffe ich die Schultern und schaue froh durch das Fenster und glaubte dort meine Zukunft zu sehen. Aber wenn ich gewusst hätte was die Zukunft mir bringt, wäre ich vielleicht nicht so glücklich gewesen.

Um 18:00 Uhr kamen die ersten Gäste. Mely und ihr Vater traten über die Schwelle und blickten sich in der verziehrten Küche um. Es gefiel ihnen sichtlich. Ich ging mit Mely in mein Zimmer und wir setzten uns auf mein Bett. Mely fragte mich nach einer Weile:" Gefällt es dir hier?". Ich versuchte ehrlich zu sein und antwortete ihr:" Es ist zwar nicht das schönste Haus, aber es ist unser Zuhause. Ich bin eigentlich ganz zufrieden, auch wenn die Küche mal renoviert werden sollte.". Das war genau das was ich dachte. Mely nickte und ich glaube sie dachte das gleiche. Aber nachfragen konnte ich nicht mehr denn in diesem Moment hörte ich wie die Klingel erneut läuten. Sofort stürmten die beiden nach unten und rissen die Tür auf. Leon schaute uns ziemlich blöd an."Ist was?!", fragte er verdutzt. Wir schauten kurz blöd und dann lachten sie schallend los. Auch Leon grinste und seine Mutter schaute erqas verwirrt und das ließ uns noch mehr lachen. Dann baten wir die beiden zu Tisch. Auch die restlichen Gäste trafen ein und wir aßen den Truthahn den meine Mama gekocht hatte. Es war mal was anderes als Reis mit Soße und Pilzen. Dann gingen wir 3 nochmal zum Schuppen bzw. Pferdestall. Dieser Schuppen diente als Pferdestall. Er ist pferdegerecht eingerichtet und wir hatten die Erlaubnis hier Pferde zu halten. Unsere 3 Pferde lebten gemeinsam im Offenstall. Mein Amigo, Leon's Skywalker und Mely's Fioro. Amigo ist ein Rappe mit einem Halbmond auf der Stirn, Skywalker ist ein Schimmel und Fioro ein Rotfuchs. Alle 3 sind Hannoveraner. Obwohl es schon 22:00 Uhr ist sattelten wir unsere 3 Hannos auf und ritten noch ein bisschen durch die Gegend. Ein Nachtritt ist etwas ganz besonderes finde ich. Der Mond, die Sterne und die nächtliche Stille werden förmlich eins mit uns.

Das nenne ich Leben.

Genießerisch schloss ich die Augen und ließ Amigo an galoppieren.

Wotan ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt