9. Kapitel

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Die Sonnenstrahlen kitzelten mein Gesicht und brachten meine Haare zum leuchten. Unter meinen nackten Füßen fühlte ich das weiche Gras und genoss mein Leben einfach nur. Warum konnte nicht das Leben immer so schön sein?

Wotan sah mich aus dunklen Augen an. Hier am "Rand der Welt" war es wunderschön. Man nannte diese Stelle so, weil es wirklich so aussah. Man blickte von der Klippe hinunter auf viele Felder, die von hier oben winzig aussehen. Am Horizont ragten viele Berge in den Himmel. Jetzt gerade war unten bei den Felder und Dörfern viel Nebel und es sah wirklich sehr mysteriös aus. Diese Landschaft liebe ich. Vor allem, weil es mich an das Kaos in mir selbst erinnert. Im Moment wünsche ich mir sehnlich inneren Frieden.

Wotan sah mich so weise an als ob er mich genau verstehen könne. Und irgendwie glaub ich er tut das auch. Das klingt zwar echt verrückt, aber manchmal wünsche ich mir das er ein Mensch wäre. Ich könnte mit ihm reden und für ihn da sein. Und er könnte mich trösten. Andererseits könnte ich dann nicht mehr auf ihm reiten und das wäre ziemlich blöd :/.

Seufzend drehte ich mich um und ging ein Stück in den Wald der hier lag. Auf einer halbwegs großen Lichtung blieb ich stehen und sah mich um. Wotan war mir auf Schritt und Tritt gefolgt. Jetzt stand er erwartungsvoll vor mir. Ich gab ihm ein Zeichen, dass bedeutete das er aich niederlegen sollte. Das hatte ich gestern mit ihm trainiert. Er sank also nieder und sah mich erwartungsvoll an. Langsam ging ich auf ihn zu und schwang mich auf seinen Rücken. Sofort stand er wieder auf und setzte sich in Bewegung. Es tat immer wieder gut, das Spiel seiner Muskeln unter mir zu fühlen. Es war als könnte er meine Gedanken lesen.

Das schönste Gefühl der Welt. Bei Amigo war es genauso. Amigo...

Wiedereinmal schmerzte der Gedanken an mein altes Pferd so sehr, dass ich anfing zu weinen. Warum konnten nicht Wotan UND Amigo hier bei mir sein. Warum nur?!

Wotan fühlte wohl meine Trauer denn er blieb sofort stehen und wendete mir seinen hübschen Kopf zu, als wollte er fragen was los sei. Sein Blick war zärtlich und voller Verständnis.

Langsam lies ich mich von seinem Rücken gleiten bund schlang meine Arme um seinen Hals. Nach einer Weile, als fast alle Tränen versiegt waren. Breitete ich die Arme aus und und drehte mich. Wotan galoppierte um mich herum. Verzückt blieb ich stehen. Er auch. Da erinnerte ich mich an einen Spruch, den mein Vater immer sagte. Ich wollte es ausprobieren. Ich fing an zu tanzen und es war so als ob Wotan an meiner Seite mit tanzte. Er folgte den Bewegungen meiner Hände und bewegte sich rhythmisch wie ich vor. Der Klang des Windes und das Rauschen der Blätter war unsere Musik. Ich drehte mich, sprang, hetzte und lachte. Schließlich blieb ich ganz aus der Puste stehen.

Wotan auch. Ich streckte die Hand nach ihm aus und sofort kam er her. Als er bei mir war nahm ich sein Gesicht in meine Hände und legte meiner Stirn auf seine. Er schnaubte zärtlich. Zwischen unseren Gesichtern schien die Sonne durch.

Ich sagte den Spruch meines Vaters:

"Das Pferd ist ein Tänzer an deiner Hand, ein Tänzer in die Unendlichkeit ."

Wotan ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt