Tag 47 n.N.
Kane war immer noch bewusstlos.
Die Ärzte hatten gesagt, er würde vermutlich nicht mehr lange im Koma liegen, aber sie wüssten es auch nicht sicher.
Mich hatten sie schneller wieder zusammengeflickt bekommen.
Ich hatte allerdings auch ehrlich gesagt gar nicht damit gerechnet, dass wir beide überhaupt noch leben würden.
Nach diesem Sprung.
Gut, wäre nicht plötzlich ein Typ aufgetaucht, der mir sehr bekannt vorkam - es war Sterek - und hätte er seine Männer nicht dabeigehabt, die uns in eine hochentwickelte Kliniksstation gebracht hatten, hätten wir beide auch jetzt nicht mehr geamtet.
Sterek war es auch gewesen, der mir die Nachricht überbracht hatte, dass Thor tot war.
Endgültig.
Mein Bett stand genau neben Kanes im Krankenzimmer und als ich zusammengebrochen war, hatte ich kurz Angst gehabt, dass es Kane wecken könnte.
Mittlerweile war ich aber der Meinung, dass er so langsam mal wirklich aufwachen könnte.
Ich saß an seinem Bett, redete stundenlang, bis meine Stimme nur noch wegbrach und Sterek mich zwang zu schlafen oder zu essen.
Aber ich blieb immer in Kanes Nähe.
Inzwischen verzweifelte ich daran, dass ich ihm nie gesagt hatte, was ich für ihn empfand. Dass ich ihm nicht gezeigt hatte, was seine Befreiung wirklich für mich bedeutet hatte.
Dass ich ihn nicht in die Arme gefallen war und ihn geküsst hatte.
All diese kleinen Dinge waren wie Nadeln, die in mein Herz stießen. Immer und immer wieder.
Hätte ich doch nur, hätte ich doch nur, hätte ich doch nur.
Auch jetzt saß ich wieder da. Neben Kane.
Ich wusste, dass ich kurz klinisch tot gewesen war. Nirgendwo hatte ich diesen Augenblick genannt.
Ich hatte kein weißes Licht gesehen oder Frieden gespürt in dieser Zeit. Es war einfach gewesen, als sei ich nirgends. Nicht mehr wirklich existent.
Ich fragte mich, ob Kane sich auch so fühlte.
Unwillkürlich packte ich seine Hand fester und strich ihm dann durch die Haare.
Seine Augenlider zuckten. Das hatten sie in den letzten Tagen öfter getan.
"Kane." Ich beugte mich über ihn. "Ich bin's, Lyon. Hey ... komm bitte zurück zu mir, ja?"
Seine Hand zuckte leicht in meiner.
Gebannt beugte ich mich weiter vor.
Kanes Augenlider flackerten immer noch und öffneten sich dann nur einen Spalt, bevor er zusammenzuckte und sie sofort wieder schloss.
Ich begriff sofort, was er hatte.
Das Licht.
Ich hatte mich auch gefühlt, als würde mir jemand mit einem Laser ins Auge strahlen.
Hektisch sprang ich auf und verdunkelte den Raum.
Dann griff ich nach dem Glas Wasser, dass immer einsatzbereit neben Kanes Bett stand und hielt es an seine spröden Lippen.
Er würde sicher Durst haben.
Und tatsächlich - er begann schnell zu schlucken.
Ich ergriff wieder seine Hand. "Kane, ich bin da. Hey, hey."
Sobald das Glas leer war, stellte ich es wieder ab.
"Lyon?" Kanes Stimme klang so unglaublich rau.
"Ja, ich bin hier."
Langsam öffneten sich seine Augen wieder. "Ja ... ja, ich ... weiß."
Es schieb mühsam für ihn zu sein zu sprechen, also füllte ich das Glas noch einmal und hielt es wieder an seinen Mund.
Nachdem ich die Ärzte gerufen hatte und sie Kane noch einmal eine Ladung von diesem Wunderheilungsmittel verpasst hatten, konnte ich endlich wirklich mit ihm reden.
"Lyon ... was ist mit Thor passiert?" Kane sah mich aus halb geschlossenen Augen an, während er sanft meine Hand streichelte.
Ich seufzte. "Sie haben ihn getötet."
Eine Träne rollte stumm die Wange des ehemaligen Thronfolgers herunter.
Sanft strich ich ihn durch die Haare und rückte näher an ihn heran. "Falls es dich tröstet, sein Tod war vielleicht gar nicht ganz so umsonst."
Mit glasigen Augen starrte Kane mich verwirrt an. "Was meinst du?"
"Es gab die vergangenen Wochen immer wieder Aufstände von Dark, die sich gegen die Macht der Light gewehrt haben. Ich glaube, es dauert auch nicht mehr lange, bis das Schloss gestürmt wird."
Der Schwarzhaarige schloss die Augen. "Wo sind wir?"
Ich stutzte. War das alles, was er dazu zu sagen hatte? "In einer Klinik. Sterek hat uns hierher gebracht."
Kane nickte nur und öffnete dann wieder die Augen. "Findest du es egoistisch, dass ich lieber Thor zurück hätte?", wollte er dann ganz unvermittelt wissen.
Ich zuckte zusammen. Schuldbewusst senkte ich den Blick. "Ich wollte das auch."
"Wolltest?" Kane drückte sanft meine Hand.
Langsam schüttelte ich den Kopf. "Es bringt nichts mehr, darüber nachzudenken. Er ist tot. Wir können daran nichts mehr ändern."
"Hm." Jetzt klang er doch etwas nachdenklich. "Sind wir offziell tot?"
Verdutzt nickte ich.
Kanes Schultern sackten ein Stück nach unten. "Gut, dann wird uns niemand mehr jagen." Dennoch sah er irgendwie ... enttäuscht aus.
"Was ist los?"
Sein Blick zuckte zu mir und er zuckte die Schultern. "Dann sind wir eigentlich gar nicht mehr verheiratet, oder?"
Verdattert starrte ich ihn erst einige Sekunden an. "Ist das das einzige Problem, dass du damit hast?"
Kane zuckte die Schultern und seufzte. "Irgendwo muss ich ja anfangen."
Grinsend lehnte ich meine Kopf an seine Schulter und spürte, wie er mit einen sanften Kuss auf's Haar drückte. "Ich hab dich vermisst, Lyon."
"Ich dich auch", wisperte ich leise zurück. "Ich wollte sterben ohne dich. Weißt du das? Ich habe mich gefühlt, als hätte mein Leben keinen Sinn mehr ohne dich."
Über mir hörte ich Kane leise lachen. "Das Gefühl kommt mir allerdings bekannt vor. Warum glaubst du, wurden Thor und ich wohl ebenfalls festgenommen?"
Lächelnd hob ich den Kopf und begegnete Kanes wachem, liebevollen Blick. Dann fiel meine Aufmerksamkeit auf seine Lippen und ich konnte nicht anders, als mich vorzubeugen und ihn endlich zu küssen.
Niemals hätte ich damit gerechnet, dass ich irgendwann einmal hier landen würde.
In den Armen eines Light. In Freiheit lebend. Glücklich.
Der Tag vor meinem Geburtstag kam mir jetzt so ewig weit entfernt vor. Aber irgendwie war ich mir dennoch sicher, dass es damals die richtige Entscheidung gewesen war, nicht davonzulaufen.
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Dark and Light
Science FictionWir schreiben das Jahr 2254. Eine bahnbrechende Entscheidung hat alle Menschen in zwei Kategorien aufgeteilt. Dark und Light. Seit ihrer Geburt gehört Lyon Storm zu den Dark. Die Dark müssen den Light dienen und gehorchen. Doch erst ab ihrem 18. Ge...