mein geliebter Mann

196 4 0
                                    


Eheschließungen waren ein nationaler Feiertag.

Wie das ging? Ganz einfach: Sie fanden nur einmal im Jahr statt.

Einmal im Jahr, immer am selben Datum.

Arrangierte Ehen, vom Staat organisiert. Aufgrund eines maschinellen Auswahlverfahrens wurde jeder junge Mann und jede junge Frau mit Vollendung des neunzehnten Lebensjahres verheiratet – vorausgesetzt, dass der Computer einen passenden Partner fand.

Ein Leben lang sammelten sie die Daten von jedem Heranwachsenden und übernahmen für ihn die komplette Familienplanung.

Ein Mittel um die Bevölkerung zu regulieren, die Institution Familie zu schützen und den jungen Erwachsenen die kräfte- und nervenzehrende Partnersuche zu erleichtern, sodass diese sich nur auf ihre Bildung und Arbeit konzentrierten.

Wird für einen Topf kein Deckel gefunden, so wird dieser bis zur Vollendung seines fünfundzwanzigsten Lebensjahres in der Datenbank geführt. Bis zu diesem Tag sucht man nach einem geeigneten Ehepartner. Unverheiratete Personen jedoch, die dieses Alter erreicht haben... nun, daran wollte wohl niemand denken, der auf dieses Alter zuging.

Hier setzt die Bevölkerungsregulierung ein.

Doch Cecil musste sich um keines dieser Dinge Gedanken machen. Bereits als sie das erste Mal in die Datenbank der potenziellen Eheschließungen geriet, fand der Computer den absolut perfekten Mann: Tyson.

Tyson war drei Jahre älter als sie, stattlich und von solch dunklem Teint, dass sie, als sie ihn sah, als erstes an ihre heißgeliebte Vollmilchschokolade dachte. Doch nicht nur, dass er verboten gut aussah – er war auch noch intelligent. Ein Akademiker – Richter um genau zu sein. Sicher, die erste Zeit ihrer Ehe war von Entbehrungen geprägt, da er alles daran gesetzt hatte sein Studium schnell und mit Bestnoten zu bestehen, doch es hatte sich gelohnt.

Die beiden lebten glücklich ihr gemeinsames Leben in einem geräumigen Reihenhaus am Rande der Hauptstadt. Er war schnell aufgestiegen zu einem Richter für regionale Angelegenheiten und engagierte sich auch politisch. Sie verfolgte dafür von Zuhause aus eine doch erstaunlich gut laufende Schriftstellerkarriere, hütete ihre gemütlichen vier Wände, ihren Husky Brian und natürlich die zwei Kinder, die sie bereits hatten...

Was für eine gute Geschichtenerzählerin Cecil doch war. Sie war so gut, dass sie damit sogar schon sich selbst belog.

Lächelnd sah sie ihrem Hund hinterher, der im Schnee des Stadtparks herumtollte - nun ja, wenigstens stimmte diese Aufzählung bis zu Brian...

Ein Klingeln in ihrem Ohr riss sie aus den Gedanken und sie nahm mit einem kurzen Knopfdruck auf ihr Headset das eingehende Telefonat an.

„Cecil Tremblay", meldete sie sich fachmännisch wie immer.

„Cecil, mein Goldlöckchen", flötete ihre Lektorin Maria. „Drei Mal darfst du raten was ich vor mir habe!"

„Eine Tasse Kaffee und ein großes Stück Torte. Das ist nicht schwer zu erraten.", entgegnete sie lachend und begrüßte Brian, der überschwänglich an ihr hoch sprang, drei Runden um sie herum wetzte und wieder davon jagte.

„Ja, natürlich, das auch. Aber rate was ich in meiner Hand halte!"

„Ich habe keine Ahnung. Die Kuchengabel?"

„Ein Exemplar deines neuen Buches, meine Liebe! Und was soll ich sagen? Allein das Cover von „mein geliebter Mann" ist eine Wucht! Ich bin schon so gespannt auf den Verkaufsstart morgen."

Cecil lachte leise.

Ja, sie auch... Mehr jedoch als ihre Lektorin hoffte sie, dass sie mit diesem Thema niemanden in Schwierigkeiten brachte. Eigentlich hatte sie das Manuskript nie veröffentlichen wollen – basierte es doch auf ihren Erlebnissen ihrer nunmehr vier Jahre alten Ehe – doch ihre Lektorin hatte sie schlussendlich überredet.

mein geliebter MannWo Geschichten leben. Entdecke jetzt