Lebe wohl

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Als Cecil morgens wach wurde, war es draußen noch dunkel – doch das war nicht verwunderlich. Schlimmer war eher der starke Hustenreiz, der sie Augenblicklich überkam.

Schmerzlich verzog sie das Gesicht und murrte leise.

Als sie Luft holen wollte erkannte sie, dass ihre Nase völlig verstopft war. Das erklärte wohl auch den Schmerz in ihrem Rachen. Vermutlich hatte sie die ganze Nacht fürchterlich geschnarcht...

Augenblicklich sah sie hinüber zu Tysons Bettseite, die dichter an der offenen Tür lag, doch ihr Mann war gar nicht dort.

Ihr erster Gedanke war, dass es noch gar nicht morgen war, sondern noch immer abends, aber sein Kopfkissen war zerknautscht und seine Decke zurückgeschlagen.

Sie suchte das Zimmer ab, doch in der Dunkelheit war nichts zu erkennen. Von unten jedoch drang Licht zu ihr in die zweite Etage und durch die offene Tür ins Schlafzimmer.

Eine Tür viel ins Schloss, ein Schlüssel klimperte und aufgeregte Pfoten schlugen auf die Steinfliesen im Eingangsbereich.

Überrascht warf Cecil sich auf ihrer Matratze herum und suchte nach ihrem Wecker. Er war weg!

Verdammt!

Tyson war bereits von seiner Morgenrunde mit Brian zurück und in den letzten vier Jahren stand sie zu dieser Zeit immer zuverlässig in der Küche, hatte Kaffee für seinen Thermobecher zubereitet, ihm Brote oder andere Leckereien für die Arbeit eingepackt und seine Sachen auf dem Esstisch im Wohnzimmer bereitgelegt.

Immer!

Nie hatte sie einen Tag verpasst.

Unten im Flur war Tysons tiefe Stimme zu hören, dann tappten eilig Brians Krallen von den Fliesen auf das Parket und die Läufer auf der Treppe hinauf.

Glücklich hechelnd wie immer kam der Husky auf das Bett zu und sprang mit seinen nassen Pfoten hoch. Neugierig streckte er ihr seine Nase entgegen.

„Oh nein, Brian, runter vom Bett! Nicht mit dreckigen Pfoten!", tadelte sie ihn mit verstopfter Nase und hustete erneut, während sie ihren widerspenstigen Hund von Tysons Bettseite schob. In dem Moment entdeckte sie ihren Wecker: Er stand auf dem Nachttisch ihres Mannes.

Wie kam er dahin?

Ehe Brian noch einmal auf die Idee kommen konnte auf ihr Bett zu springen, stand sie schnell auf und stieg in ihre weichen Plüschhausschuhe. Mit schnell übergeworfenem Bademantel stieg sie die Stufen hinunter – Brian folgte tapsig.

Noch ehe sie die unterste Stufe erreichte warf sie einen Blick in die Küche.

Tyson legte gerade seine Tasche ab – die ihm wohl erstaunlich leicht vorgekommen war – und öffnete nun den Kühlschrank.

Ratlos blickte er hinein.

Hatte er geglaubt, dass sie ihm bereits etwas zu Essen gemacht hatte und es noch dort stand?

Er durchsuchte alle Etagen, dann sah er zur Spüle. Seine Brotbüchse stand noch immer unverrichteter Dinge neben dem Wasserhahn.

Daneben der noch nicht gereinigte Thermobecher.

Sie glaubte Enttäuschung in seinem Gesicht zu sehen, als sie die Küchentür erreichte und er die Kühlschranktür langsam schloss.

Zu Recht, wie sie dachte. Sie hatte es versäumt ihm etwas zu Essen bereit zu stellen. Die einzige Sache, die sie als Ehefrau für ihn tun konnte und sie hatte ihn enttäuscht.

Noch ehe sie darüber nachdenken konnte, dass vermutlich jede Feministin in diesem Moment einen Stein nach ihr werfen würde, trat sie in das Zimmer ein.

mein geliebter MannWo Geschichten leben. Entdecke jetzt