Kapitel 3

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Der Unfall war vor zwei Jahren. Seit zwei Jahren konnte Aria's Vater nun nicht mehr laufen und saß im Rollstuhl, während es ihrer Mutter wieder nahezu gut ging. Bis auf die Albträume die sie nachts schweißgebadet aus dem Schlaf rissen. Und Auto fuhr sie nur noch innerhalb der Stadt, dort wo keine Trucks unterwegs waren. Aber Elenor konnte wieder lachen, anfangs nur zögerlich, aber eines Tages gewann sie ihr altes, wunderbares Lachen zurück. 

Wenn Aria's Vater doch auch so lebensfroh wäre wie ihre Mutter. Aber James war verbittert geworden. Er lachte nicht mehr, er ging auch nicht mehr zur Physiotherapie. Obwohl die Ärzte ihm geraten hatten nicht aufzugeben. Aber James hatte aufgegeben. Nichts konnte ihn noch aufmuntern. Er hasste sein Leben. Er hasste es, auf fremde Hilfe angewiesen zu sein und sich nicht mehr um sich selbst kümmern zu können. Aria liebte ihren Vater, aber es war anstrengend sich in seiner Gegenwart nicht runterziehen zu lassen. 

Oft lag Aria  nach einem anstrengenden Tag abends im Bett und weinte ihren ganzen Kummer leise ins Kopfkissen, sodass ihre Eltern sie nicht hören konnten. Es war für sie selbstverständlich, dass sie ihre Eltern in dieser schwierigen Lage unterstützte, aber dennoch nagte es kräftig an ihren Nerven. 

Früh morgens stand sie auf, half ihrer Mutter in der Küche das Frühstück zuzubereiten. Dann gingen sie gemeinsam in das elterliche Schlafzimmer. James war immer schon wach wenn sie ins Zimmer kamen und starrte mit wütenden Augen an die Zimmerdecke. Zusammen mit ihrer Mutter hievten sie James in den Rollstuhl. Dabei entging es Aria nicht, dass ihr Vater jedes Mal entnervt schnaufte und die Augen verdrehte. 

Wenn James sicher im Rollstuhl saß, schob Elenor ihren Mann ins Badezimmer, wo er sich die Zähne putzte und frisch machte. In der Zeit machte Aria das Bett, schob die Vorhänge zur Seite und öffnete das Fenster, sodass die frische Morgenluft eindringen konnte. Sie wusste, dass sie es sich eigentlich sparen konnte die Vorhänge zur Seite zu schieben, sodass jemand hinausschauen konnte. Ihr Vater hatte seit dem Unfall keinen Blick mehr übrig für die Schönheit der Natur. Aria seufzte traurig und verließ das Zimmer um zurück zur Küche zu gehen. 

Das Schlafzimmer ihrer Eltern war ursprünglich im ersten Stock, da ihr Vater mit dem Rollstuhl dort aber nicht mehr hinkam, hatten sie das Arbeitszimmer aufgelöst und daraus das neue Schlafzimmer ihrer Eltern geschaffen. Es musste einiges am Haus umgebaut werden, damit es barrierefrei wurde. Der Umbau war teuer, so teuer, dass die Ersparnisse ihrer Eltern nicht ausgereicht hatten. Deswegen entschied sich Aria damals den Job im Café von Mr. Jenkins anzunehmen, um finanziell etwas beitragen zu können. Es war nicht gerade viel. Ihr ganzer Verdienst floss in die Schulden und für Aria blieb nichts übrig. Für neue Klamotten hatte sie kein Geld mehr, deswegen besuchte sie alle paar Wochen das Second-Hand Geschäft das neben dem Café war in dem sie arbeitete. 

Aria wurde aus ihren Gedanken gerissen, als der Wasserkocher anfing zu brodeln. Die Tagesabläufe waren immer dieselben. Mit dem Rollstuhl gab es leider auch nicht viel Spielraum für ausgefallene Ausflüge. Aber selbst wenn, ihr Vater hätte kein Interesse daran. 

Aria hörte den Rollstuhl und bald schon sah sie ihren Vater um die Ecke fahren. Sein Blick war verkniffen, er sah seiner Tochter kurz in die Augen und blickte dann schnell wieder weg. James fuhr an den Tisch heran und stieß mit dem linken Rad seines Rollstuhls an das Tischbein. Durch die Erschütterung schwappte etwas Orangensaft über den Rand der Gläser und versickerte sofort in der weißen Tischdecke. 

Aria griff nach einem Geschirrtuch und wollte das kleine Malheur beseitigen. 

"Schon okay, ich wische es sofort auf. Die Tischdecke sollte sowieso mal wieder dringend gewaschen werden", erklärte Aria und versuchte so die Situation zu entschärfen. Denn sie wusste, wie schnell ihr Vater seit dem Unfall ausrasten konnte. Aber es war zu spät. 

!PAUSIERT! - Old LadyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt