Vol. 9

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"where do you start when you know it has to end?"

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"where do you start
when you know it has to end?"

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Ich stand für eine Weile reglos vor der Tür unserer Wohnung. Ein unbeschreiblich schlechtes Gefühl quälte mich, schon seid ich das Wohngebäude betrat. Mir war unklar was ich meinem Vater sagen würde, geschweige denn wie ich mein vergangenes Verhalten erklären sollte. Schuldete ich ihm überhaupt eine Erklärung?

Mit dem Entschluss, dass ich bloß hier war, um nach zu sehen, ob es ihm gut ging, betätigte ich die Klingel. Niemand öffnete die Tür. Daraufhin klingelte ich mehrmals, doch nichts änderte sich. Außerdem war von der Wohnung aus kein Geräusch zu hören. Schlief er vielleicht noch?
Ich hockte mich ohne Weiteres hin, hob die Fußmatte hoch und fand erfolgreich den gewünschten Schlüssel. Gekonnt schloss ich die Wohnungstür auf.

Auf vieles war ich vorbereitet; eine leere Wohnung, den Gestank von Alkohol, meinen vollgedröhnten Vater.
Aber nichts auf der Welt hätte mich auf die Realität vorbereiten können. Wie bereitet man Jemanden darauf vor, seinen verbliebenen Elternteil, tot aufzufinden?
Der grausame, eindringliche Geruch von Verwesung und Tod, ähnelte keinem einzigen Schlag den ich je eingesteckt habe.
Das Bild vor meinen Augen; mein Vater mit aufgeschlitzten Armen, umgeben von leeren Spritzen, leeren Alkoholflaschen und Blut, so unglaublich viel Blut, schmerze mehr, als jeder Tritt den ich ertragen musste.

Ich würgte an dem Gefühl, welches tief aus meinem Bauch kam und meinem Hals hinaufstieg. Ungeschickt stolperte ich in Richtung Badezimmer, dabei wurde mir leicht schwarz vor Augen. Ich würde mich übergeben müssen. Oder ohnmächtig werden. Oder beides. Hier,  zu Hause, umgeben vom Tod. Wie lange war er schon-
Ich schaffte es zum Bad und beugte mich über das Waschbecken. Das Würgen hörte nicht auf. Meine Kehle zog sich immer wieder zusammen. Ich fiel auf die Knie und stützte mich an der Wand ab. Meine Schultern bebten. Ich würgte wieder, dieses Mal über die Kloschüssel gebeugt, aber es kam nichts. Ich blieb in dieser Position, bis der Brechreiz nachließ, zitternd und nach Atem ringend.

Zurück am Waschbecken, wischte ich mir mit meinen Händen, die ich vorher unter den kalten Wasserstrahl gehalten hatte, über das Gesicht. Wann hatte ich angefanden zu weinen?
Ein Anruf unterbrach die rauschende Stille. Hastig trocknete ich die Hände ab und holte mit hämmerndem Herzen mein Handy aus der Hosentasche. Was wollte Connor denn?

"Hey, man, du rufst gerade echt zur falschen Zeit an.", sprach ich in's Smartphone. Meine Stimme klang mir selbst schrecklich fremd.

"Calm down, Hunter, ich habe bloß 'ne kleine Frage an dich.", entgegnete er gelassen, "Okay, möglicherweise nicht unbedingt klein aber eine Frage isses!"

"Could we maybe talk later? Es ist wirklich-"

"Et si vous et moi passions le réveillon du Nouvel An ensemble à Paris?", schlug mein bester Freund dreist auf französisch vor.

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