"Sie stehen eng umschlungen
Ein Fleischgemisch so reich an Tagen
Wo das Meer das Land berührt
Will sie ihm die Wahrheit sagen"Massive Hände schlangen sich um ihren Hals, liebkosten und bestraften. Lippen, die die Kurven ihrer Kehle erkundeten, herrisch in die zarte bleiche Haut bissen. Er saß auf ihr, bewegte sich mit solch Sicherheit und Bestimmtheit, wusste wohin er seine kühlen Finger legen musste, wann er den Blickkontakt mit seinen eisigen blauen Augen halten sollte. Er hüllte sie ein, in den Nebel seiner Präsenz, sie wollte sich ihm hingeben, wollte alles. Schwindel übertrug sich in ihr Denken, verbreitete sich in ihrem Körper wie ein hungriger Virus voll Gier und Lust. Und dann drückte er zu, nahm ihr die Luft zum Atmen, ummantelt von seinem Duft, harsch, männlich, nach Leder und Rauch. Sie verdrehte die Augen, ein gedrücktes Stöhnen entkam ihr, ihre Finger glitten seine Brust hinab, spielten mit dem leichten nassen Film aus Schweiß und Wasser...
"Cut"
Der Druck verschwand, wie auch die Wärme der Hände an ihrem Hals, sie atmete ein und dennoch vermisste sie das Gefühl es nicht zu können. Etwas neben der Spur öffnete sie ihre dunklen grünen Augen, nur um sich in den tiefblauen ihres Gegenübers wieder zu finden. "Alles okay?", seine Stimme war rau und etwas außer Atem. "Hab ich zu fest gedrückt?"
Hastig versuchte sie ihre Stimme wieder zu finden und setzte sich etwas auf, als der Mann von ihr rückte. "Nein..", Herzschläge verstrichen als die beiden stumm Blickkontakt hielten.
"Wir haben alles, das war super!", die Worte des Regiesseurs hallten durch den, mittlerweile wieder kühlen Raum. Man brachte ihr einen Bademantel, denn er hatte ihr, mit Spitze besetztes, Negligee zerissen.
Es war der Dreh zu dem Song Nebel, produziert von Rammstein. Und Maddie hatte das Glück gehabt eine Rolle diesmal zu erklammern, sie hatte sich mit Händen und Füßen durch das Casting gekämpft und nun war es endlich so weit gewesen. Nicht nur würde es sie in ihrer Schauspielkarriere pushen, sie konnte diesen Moment auskosten, denn Rammstein war ein Segen in ihrem Herzen, schon seit Kindestagen.
Jemand half ihr auf, brachte sie an den ganzen Kameras vorbei, beinahe hatte sie vergessen das es nur ein Dreh war. Sie sah knapp über ihre Schulter, der Frontmann der Band redete intensiv mit dem Regiesseur.War der Moment schon vorbei? Sie hatte noch eine Szene, nicht ganz so intensiv. Sie lehnte an der Wand, zündete sich mit fahrigen Bewegungen eine Zigarette an, nicht in der Lage das Passierte verarbeiten zu können. Manchmal hatten Schauspieler das Glück zusammen mit ihren Idolen zu arbeiten, dies war einerseits beinahe ein Lottogewinn, doch hatte viele schlaflose Nächte ausgelöst. Sie seufzte, bließ den Rauch zwischen ihren vollen Lippen wieder aus und schlang eine Hand um ihren Bauch, zog die Jacke etwas enger um sich. Es regnete leicht, doch das Filmstudio besaß ein unterdachtes Rauchereck, auch wenn dies nur aus gefließtem Steinboden und Wellblech bestand. Der Himmel war so trüb das Maddie dachte, er wolle sie ebenfalls so fühlen lassen und das obwohl sie vor Freude am liebsten den nahesten Müllkübel umgetreten hätte. Sie freute sich auf eine destruktive Art und Weise, was vielleicht auch daran Lag das Rammsteins Melodien ihr immer wieder eine passive Wut verpassten. Sie drehte ihre Zigarette zwischen Daumen und Zeigefinger gedankenverloren hin und her, als plötzlich die Tür aufschwang. Sie wurde aufgehalten und eine vertraute Stimme meldete sich, redete in einem Lachen mit einer anderen, ehe jener Besitzer aus dem Gebäude trat. Till Lindemann. Maddie nickte ihm kurz mit einem Lächeln zu, er erwiderte es ebenfalls und schien sich unschlüssig zu sein ob er sich zu ihr gesellen sollte, die Aura die ihn nun umgab war so viel anders als zuvor. Beinahe schüchtern, privat...anders. Denoch fühlte sie ihn näher kommen. "Hast du ein Feuer?", er hatte sich bereits eine Zigarette zwischen die Lippen geklemmt, seine Frage endete in leichtem Genuschel. "Ja..", meine Hände zitterten angespannt und dennoch schaffte ich es ihm das Feuer hinzuhalten.
Till war eben auch nur ein Mensch, ein bekannter Mensch...
Der breit schultrige Mann lehnte sich nach vorne um sich Feuer zu verschaffen, die Flamme leckte um das Ende seiner Zigarette, brachte sie zum Glühen. "Danke.", er verlagerte sein Gewicht auf das andere Bein, beobachtete Maddie mit interessierten Augen, sie sah ihn nicht direkt an. Schweigen herrschte, denn niemand der beiden wusste genau wie er die Konversation ins Laufen bringen konnte, dennoch bereitete sich Maddie mental darauf vor. "Ihr singt das Lied irgendwie nie Live.", war das zu viel? Till hingegen zog eine Augenbraue hoch, er zog seine Schlüsse aus ihrer Frage, das sie doch ein Fan sein müsste, es schien ihm aber nichts auszumachen. "Wir haben so viele Lieder, nicht alles geht da..", seine Stimme klang seltsam, doch Maddie versuchte alle selbstzweifelnden Gedanken wegzusperren. "Ich bin mit euch aufgewachsen, so zu sagen. Ist also eine Ehre um mit euch zu arbeiten.", antwortete sie dann und hob etwas das Kinn. Ein schmales Lächeln zupfte an Tills Mundwinkel. "Gewürgt zu werden als Ehre zu sehen ist nicht gerade gesund.", stichelte er und zog an seiner Zigarette. Maddie spürte die minimale Hitze in ihren Wangen, doch es würde durch die kalten Außentemperaturen nicht auffallen. "Dieser Song ist so...bittersüß. Und dann...", sie wusste nicht genau was sie sagen sollte.
Till sah auf seine Hände, dann schnipste er sein Zigarette in weitem Bogen weg. "Bittersüß, ja.", in seiner Stimme lag belustigung. Maddie hob den Blick, sah ihn nun direkt an. Wie oft musste sich der Fronstänger schon bei der ganzen Pyrotechnik verbrannt haben? Er schien so unkaputtbar, breit gebaut, markante Gesichtszüge, tiefliegende Augen und ab und an diverse Narben, zusätzlich zu seinen Piercings. Er fuhr sich mit einer seiner Hände durch seinen drei tage Bart und schien Maddie ebenfalls zu beobachten. "Du siehst mich an als hätt ich was im Gesicht.", er lachte. Beschämt kniff Maddie die Augen zusammen und wandte den Blick ab. "Tut mir leid, ich bin einfach etwas müde.", das Lügen bekam ihr zwar nicht, doch sie wollte ihm nicht sofort vor die Füße legen das er einfach etwas so besonderes an sich hatte, das sie nicht anders konnte als ihn anzustarren um jede Kante und Falte seiner Gesichtszüge zu bewundern. "Gehen wir rein, wir müssen weiter drehen.", meinte er dann und ließ Maddie vorgehen.Weitere Szenen wurden auf dem Bildmazerial verewigt, doch keine mit direktem Kontakt zu Till. Dennoch war Maddie aufgeregter als zuvor. Die anderen Bandmitglieder sah sie nur kurz, da ihre Drehzeiten unterschiedlich waren.
Es war Abend und der graue Himmel hatte sein Antlitz verdunkelt, Schatten benetzten nun das Außenleben, unterbrochen von Straßenlaternen und Neonwerbeschildern.
Maddie war in der Umziehkabine, richtete gerade ihr schwarzes Longshirt, und musterte sich im Spiegel. Sie besaß eine schlanke Statur, raabenschwarzes Haar und einen dauerhaft müden Blick, nicht wirklich etwas das man gut wertschäzen konnte.
Sie nahm ihre Tasche und verließ dann mit erschöpftem Ausdruck das Zimmer und letzten endes den Gebäudekomplex. Gerade als die Tür hinter ihr ins Schloss fiehl, hörte sie jemandes Feuerzeug. Sie drehte sich um nur um erneut Tills blauen Augen zu begegnen. "Schon am gehen?"
"Ja...ich bin fertig.", sie blieb zögernd stehen. "Schade."
Schade?
Maddie straffte ihre Schultern etwas und öffnete den Mund um etwas zu erwidern, doch er unterbrach sie. "Zigarette?", mit geschickten Fingern zog er eine aus der Packung und hielt sie ihr hin. Maddie war mehr als gerne bereit sie zu nehmen. Diesmal war er es der ihr das Feuer vor die Nase hielt. Doch anstelle auf die Flamme zu sehen, hielt er Blickkontakt, intensiv und durchdringlich. Sie schluckte, jedoch zu perplex um den ihren abzuwenden, sie vergaß völlig währenddessen an ihrer Zigarette zu ziehen. Er lächelte nur, wissend.
"Darf ich deinen Hals mal sehen?", fragte er dann, gestikulierte das sie ihr feines Haar zur Seite geben sollte. Sie tat es, beinahe automatisch. Die Stellen an denen er sie während des Drehs gepackt hatte waren etwas gerötet, doch es war ihr bis jetzt nicht aufgefallen. "...", er entschuldigte sich nicht, sondern berührte die erwärmten Stellen federleicht mit kühlen Fingerspitzen. "Hast du heute noch etwas vor?", war alles was er dazu sagte.
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Wo das Meer zu Ende ist.
RomanceVergängliche Wörter, temporäre Gefühle. Ein Lied welches sich so sehr nach den Wolken reckt, um diese bei Seite zu schieben. Ein Lied, wahrlich verdeckt von Nebel. Ein Fräulein erblüht daraus und streckt ihre Hände ewig weit entfernt danach aus, und...