Schließ mich ein in dein Gebet

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Alkoholische Substanzen wie Nebelschwaden über die tiefliegenden Täler, lassen Umrisse verschwimmen, die Entfernungen nicht erkennen und letzten Endes die eigene Hand vor Augen nicht mehr sehen.
Und so war es.
Der Club schwang um, ein aggressiveres Gehabe, untermalt durch bestimmende Bässe und Schläge.
Ein gemaltes Bild, sich aneinander reibende Gestalten, umrahmt von den schwarzgestrichenen Betonwänden, nur Neonröhren die dem Augenschein verhalfen und die epiletischen Materialien des DJ's.
Maddie fühlte alles, wurde konsumiert von dem Szenario, ein Untergang ins dreckige Nachtleben.
So bittersüß wie Momente davor, so düster erschien ihr all dies mit einem Augenschlag. Und Till hing an ihren vollen Lippen, drängend und wollend und sie ließ es zu, weil es ihr gefiehl wie er sie packte und an sich zog so das sein strammer Körper sich an ihre Kurven schmiegte. Sie schmeckte den Alkohol auf seiner Zunge, den Zigarettenrauch und die Lust. Er schien getrieben von einer unnahbaren Kraft, zuvor noch streichelweich, jetzt auf Angriff.
Der dumpfe Takt von Closer hallte von den ausgeschwärzten Wänden wieder, ließ Maddies Hals plötzlich ganz trocken werden.
Als sie dem Blick Tills begegnete wurden ihre Knie weich, hatte er nun doch etwas Abstand zwischen sie gebracht, um sich ausgibiger zu bewegen. Ein eisiger Blick, gierig und getrieben von Unersättlichkeit. You let me violate you. You let me desecrate you. Und seine Lippen formten die Worte, ließen Maddie's Atem springen, sie kannte dieses Lied. War sie doch auch ein halbwegs ansehlicher Nine Inch Nails Fan in ihrer Jugend gewesen...und auch noch heute.
Doch das der Sänger von Rammstein sie liebäugelnd dazu auf laszive Art und Weise antanzen würde, hätte sie sich niemals erträumen lassen.

Er schien eins mit der Musik zu werden, schien jeden Schlag in sein Inneres aufzufassen nur um Maddie mittels Bewegungen den Verstand zu rauben.
Starke Hände umfassten herrisch ihre Hüften, fuhren ihre Silhouette hinab, verloren sich im bunten Flickern des Lichtes.
Help me. I broke apart my insides, help me, I've got no soul to sell. Help me, the only thing that works for me. Help me get away from myself.
Herrisch verzog er seine Lippen zu einem triumphierenden Lächeln, zog das Mädchen nun wieder an sich nur um ihr förmlich in den bleichen Hals zu beißen, violette Markierungen zu setzten und sie konnte nicht anders als in seinem Griff zu schmelzen. Spürte, wie er ohne Rücksicht auf Verluste seine Mitte an ihr rieb, Hitze stieg in ihr auf und wollte nicht weichen. Alkohol hatte ihr Denken erstickt, ließ sie auf einer unverblümten See treiben, frei von Beklemmung und Grenzen.
Sie spürte seine neckenden Lippen an ihrem Ohr, seine Stimme tiefer und dunkler als je zuvor: "I want to fuck you like an animal. I want to feel you from the inside.."
Maddies Hände langten verzweifelt nach seinem raabenschwarzen Haar, sie küsste ihn tief, presste ihre Brust gegen die Seine und wollte ihn nie wieder entkommen lassen. Er knurrte animalisch, von dem schüchternen Gentleman keine Spur mehr.
Sie würden es nicht mehr von der Tanzfläche schaffen. Sie würden sich unter all den Menschen mit Haut und Haar verschlingen. Ein erstickender Kampf.
Doch Till schaffte es Maddie von sich zu winden, ein wissendes Lächeln zierte seine geschwollenen Lippen und sie wusste, er spielte mit ihr.
Ein unverschämtes Zwinkern und er bedeutete ihr noch etwas zum Trinken zu besorgen. Sie hätte ihn beinahe am Arm wieder zurück gerissen, doch der stattliche Deutsche hätte sich mit Sicherheit um keinen Millimeter bewegt.
Er hatte sie so aufgebracht, nur um sich ihr dann gekonnt zu entziehen. War dies Rache für ihr erstes Treffen?
Sie war es gewesen die ihn Betteln lassen wollte, doch er schien ihr einige Schritte vorraus zu sein.
Sie strich sich lose Haarsträhnen zurück, versuchte ihr Kleid etwas ansehlicher wirken zu lassen und an Atem zu gewinnen.
Er verschwand an der Bar.
Maddie schnaubte, doch ihr beschwipstes Gehirn wollte keine Pläne aufbringen, wie sie es ihm am besten zurück zahlen könnte... sie wollte es doch. So dringend. So unbedingt. Und sie hasste sich dafür.
Sie war ihm ergeben und das nur nach wenigen Stunden die sie beisammen verbracht hatten.

Das Lied verklang und er kam wieder, zwei Gläser in der kräftigen Hand die zuvor noch ihre Hüften berührt hatte, ihre Bewegungen kontrolliert hatte... Sie nahm ihm dankbar eines davon ab, Glas an Glas, seine Augen wichen ihrem forschenden Blick nicht. Sie kippte es hinab als wäre es die Antwort auf Alles und versuchte dabei nicht halb verzweifelt auszusehen.
Wieder bewegten sich die beiden Körper im Takt, sich gegenseitig anstachelnd, doch Till hatte die Situation sichtlich mehr in der Hand.

Maddie wusste es würde nicht mehr lange dauern, bis die Worte die er hören wollte ihre Lippen verlassen würden.

Doch zu ihrer Erleichterung schien Richard, nun ohne weiblicher Begleitung, mit Paul dem tanzenden Gemenge beizutreten. Der Leadgitarrist hatte die Augen halb geschlossen, sein Kinn etwas gehoben, er tanzte konzentriert, doch man merkte ihm den Alkohol dennoch etwas an. Hier und da Schritte die zu weit gesetzt wurden, ein kleines Stolpern und darauf folgend ein wissendes Grinsen.
Die vier tanzten mit einem Lächeln auf den Lippen, selbst Maddie hatte das Gefühl sie würde den anderen beiden Männern etwas freundschaftlich näher kommen. So kam es das Till ihr bedeutete, er wolle etwas zu Atem kommen und in der Menge verschwand und sie alleine mit Richard und Paul im bunten Licht des Clubs den Abend genoss.
Und Richard schien in Elan aufzublühen als der DJ sich dazu entschied die Tanzenden mit And One zu beglücken. Paul lieferte sich, zur Musik marschierend einen kleinen gespielten Kampf mit seinem Kollegen, ehe er Maddies Hand nahm um sie in einer Drehung dazu zu animieren, motivierter zu tanzen. Sie lachte, ihre Gedanken hingen im Moment, genossen jede Sekunde, jeden Takt. Sie war dankbar.
Richard hielt ihr eine Zigarette unter die Nase und sie nahm sie mit Vergnügen, ihren Tanz nicht unterbrechend.
Rauch umhüllte sie, fing die flimmernde Lichtershow ein und packte den Raum in noch mehr Energie.

Als ihre Füße nicht mehr wollten und so auch ihre Lunge, versuchte sie sich einen Weg in die Richtung zu bahnen, in der Till verschwunden war.
Ihre dunklen grünen Augen suchten den Club nach ihm in Konzentration ab und fanden ihn in einer dunklen, mit rotem Neonlicht beleuteten Ecke.
Er grinste ihr lieblich zu.
"Willst du gehen?", fragte er mit rauer, belegter Stimme.
"Zu dir?", fragte Maddie kleinlaut und blieb vor ihm stehen, er zog sie sanft auf seinen Schoß und sofort schien die Hitze in ihrem Inneren wieder Oberhand zu gewinnen.
"Ja."

Wo das Meer zu Ende ist.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt