Drei

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Missmutig nippte Simon an seinem Drink und verzog das Gesicht, sobald sich der ekelhafte Geschmack, der nicht ansatzweise dem Aussehen entsprach, in seinem Mund breit machte. Ließ seinen Blick unbeteiligt über die Menge gleiten, die sich nur wenige Meter vor ihm auf einer großen Fläche tümmelte.

Die Musik dröhnte laut in seinen Ohren, wurde von einem unangenehmen Rauschen begleitet, dessen Ursprung er nicht ausmachen konnte. Der unverkennbare Geruch von süßlichem Kunstnebel, vielleicht mit einer kleinen Note von Kirsche oder Erdbeere, er konnte es nicht ganz benennen, und dem stechenden Schweiß, der die freizügigen Körper fein bedeckte und beinahe zum Glänzen brachte, stieg ihm in die Nase. Dinge, über die er sonst gut hinwegsehen und verdrängen konnte, wenn sie ihm denn überhaupt richtig auffielen. Dinge, die an diesem Abend nur umso prägnanter erschienen und seine ohnehin kaum vorhandene Motivation zusätzlich schwinden ließen.

Eigentlich hatte er sich den heutigen Abend freinehmen und auf der Couch verbringen wollen. Er hatte sich extra einiges an Knabberzeug und Süßigkeiten besorgt, war sogar so fleißig und hatte sich zuvor schon einige Filme und Serien herausgesucht, die ihm vielleicht gefallen würden. Selbst die Menschen, die gerne mal spontan vorbeikamen, hatte er förmlich ausgeladen, um seine Ruhe zu haben und nun befand er sich in einem der unzähligen Clubs, die die Sehnsucht nach seinem Zuhause nur steigerten.

Ein Seufzen entglitt seinen Lippen, sobald er sich zu Rob drehte, der sich ebenfalls nur neugierig umsah. Die meisten hatten sich auf die Tanzfläche geschummelt oder jemanden gefunden, an denen sie Interesse zeigen konnten. Während Simon jedoch einfach keine Lust hatte, sich dem Gedränge hinzugeben, das er sonst noch nie so heftig wahrgenommen hatte, schien sein bester Freund ganz andere Gründe zu besitzen.

"Gibt es bei dir momentan Projekte, die du stetig verfolgst?" fragte er nach, ohne jeglichen Hintergrund. Ihm war bewusst, dass Gespräche über ihren Beruf und irgendwelchen kreativen Ideen hier völlig Fehl am Platz waren, konnte er doch kaum seine eigenen Worte verstehen. Aber er musste die Zeit irgendwie überbrücken, bis Jana ihn gehen lassen würde und das dauerte noch ein paar Stunden. Wenn es nach ihm ginge, würde er diesen Ort noch am heutigen Tage verlassen. Nur sein Glück stand einfach nicht auf seiner Seite.

"Nichts, was du nicht weißt. Ich gehe halt meiner Leidenschaft nach. Kochen auf die verschiedensten Weisen." brachte der Angesprochene stolz hervor und konnte sich ein breites Grinsen offensichtlich nicht verkneifen.

Auch Simon musste tatsächlich ein wenig Schmunzeln. Es freute ihn ungemein, dass sein bester Freund etwas gefunden hatte, für das sein gesamtes Wesen brannte. Er selbst hatte doch die Musik für sich entdeckt und konnte es gar nicht erwarten, seine Ideen umzusetzen. Allerdings hatte er schon feststellen müssen, dass sie häufig nicht mit seinem Perfektionismus vereinbar waren. Er wollte so viel Neues ausprobieren, seinen Zuschauern etwas bieten und doch war er viel zu oft zu unzufrieden damit. Oder aber sie arbeiteten so lange und hart daran, dass der Spaß teilweise, wenn auch völlig unbewusst, abhanden kam.

Wenn er daran dachte, wie lange sie an seinem letzten Song gesessen hatten. Wie viel Aufwand sie für dieses kurze Video auf sich genommen und wie viele Nächte sie dafür durchgemacht hatten. Es löste immer gemischte Gefühle aus, einen Zwispalt zwischen 'Es ist absolut krank und geil.' und 'Es raubte ihnen den letzten Nerv'. Aber etwas daran ändern würden weder er, noch sein Team. Da waren sie sich einig.

"Und bei dir? Erstmal Ruhe nach dem letzten Track? Habe ich dir eigentlich schon gesagt, wie gut der war?" startete nun Rob den Versuch, die Unterhaltung irgendwie aufrecht zu erhalten. Dass er ihn damit unbewusst aufmunterte, weil ihm das Kompliment durchaus schmeichelte, konnte er nicht einmal erahnen.

Plötzlich fühlte Simon sich wohl, nicht mehr ganz so mies gestimmt. Natürlich hatte er einige Kommentare erhalten und die Resonanz war berauschend positiv gewesen. Aber von einem Menschen, der ihm sehr am Herzen lag, zu hören, dass er etwas Gutes erschaffen hatte und die Strapazen sich offensichtlich gelohnt hatten. Das tat auf einer ganz anderen Ebene verdammt gut, so richtig beschreiben konnte er es nicht.

Keine Regeln - Sährob/Team BrillWo Geschichten leben. Entdecke jetzt