Prolog

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Prolog

„Blut mag dicker als Wasser sein aber Liebe ist bricht sie beide."

„Lauf Victoria Lauf!"

Eine bleiche Frau, mit wilden schwarzen Haaren und wütend blitzenden Augen rannte durch das Dickicht eines Waldes. Ihr Gesicht wirkte eingefallen, verzerrt, als hätte sie schon lange keinen Tag ohne Sorge und Hunger mehr verbracht. In ihrer Hand umklammerte sie das Handgelenk eines kleinen Mädchens, welches Mühe hatte der großen Frau auf ihren deutlich kürzeren Beinen zu folgen. Sie schien etwa 7 Jahre alt zu sein und mit ihren langen dunklen Haaren, stechenden eisblauen Augen und ihrer bleichen Haut hätte sie wohl die Tochter der Frau vor ihr sein können. Es war mitten in der Nacht und das wenige Licht das der Vollmond über ihnen spendete, reichte nicht aus um sicher durch das Unterholz zu gelangen.

Mehr als einmal musste das seltsame Duo anhalten, da einer von beiden hängen geblieben oder die kleine Victoria hingefallen war. Sie hatte keine Ahnung wo ihre Tante sie da hin zerrte und egal was sie in ihrer bisherigen Kindheit schon gesehen und erlebt hatte, niemals hatte sie so eine Angst verspürt wie in diesem Moment.

„Tante Bella was ist los? Wo gehen wir denn hin?", doch ihre Tante zeigte kein Erbarmen und zerrte sie weiterhin brutal mit sich. Immer weiter durch die Dunkelheit.

Die Panik ihrer Tante war nichts Neues für Victoria, eher war sie es tagtäglich gewohnt. Sie lebten auf der Flucht und das jetzt schon seitdem sie sich erinnern konnte. Aus Bellas Erzählungen wusste sie, dass sie es früher einmal gut gehabt hatten, bei ihrem Vater, einem großen Anführer. Doch nach seinem Tot hatte sich alles ins Negative gewandt, diese Ministeriumsbeamten und Auroren wollten sie gefangen nehmen, sie beide und anschließend hätten sie wohl nie mehr das Tageslicht erblickt. Die Angst und der Verfolgungswahn der sie heimsuchte wurden von Jahr zu Jahr schlimmer, doch nie war eine Situation wie diese geschehen.

Victoria spürte wie ihr Fuß an einem Ast hängen blieb und zum wiederholten Male in dieser Nacht fiel sie unsanft auf den Boden. Ihre Knie mussten schon ganz aufgeschlagen sein und ein paar Tränen konnte sie nicht vermeiden, ihr tat alles weh, trotzdem lief sie tapfer weiter.

Es dauerte eine Ewigkeit bis die beiden endlich den Waldrand erreicht hatten. Vor ihnen erstreckte sich ein riesiges Korn-Feld und dahinter ließ sich der Beginn einer Stadt ausmachen.

Hektisch kniete sich die schwarzhaarige Frau vor das kleine Mädchen und nahmen ihre winzigen Hände in die ihren: „Victoria du musst jetzt etwas für mich tun. Ich will, das du läufst, so schnell wie du noch nie in deinem Leben gelaufen bist. Dort vorne am Stadtrand befindet sich ein großes steinernes Gebäude, ein Waisenhaus, dort gehst du hin, du bist von nun an auf dich gestellt!"

Victoria konnte nur stumm nicken bis ihre Tante in eine ihrer Seitentaschen griff und einen länglichen Stab herauszog. Sie sah ihrer Nichte fest in die Augen bevor sie ihn ihr schließlich überreichte: „Pass gut darauf auf, hörst du, du trägst jetzt die Verantwortung dafür. Verlier ihn nie! Lerne, Übe und warte...ich werde kommen und dich holen. Versprich es mir..."

Victoria bekam große Augen und nickte nur stumm.

Das Gepolter ihrer Verfolger wurde lauter und lauter.

Sie kamen näher.

Sie spürte wie Bella sie noch einmal drückte und sie mit einem letzten, „Dreh dich nicht um!" in Richtung Stadt schubste.

Victoria rannte, sie rannte in das Kornfeld, den Zauberstab fest umklammert, immer nur ihr Ziel vor Augen. Krampfhaft versuchte sie die Schreie ihrer Tante zu ignorieren, welche unter den Flüchen ihrer Angreifer zusammenbrach. Und auch wenn sie ihr gesagt hatte, sie solle es unterlassen, wendete Victoria noch ein letztes Mal den Blick.

Das Bild, welches sie erblickte, sollte sich für ihr gesamtes Leben in ihre Erinnerungen einbrennen.

Ohne die geringste Chance es jemals wieder zu vergessen.

Ihre Tante Bellatrix Lestrange kniete am Boden, vor Schmerz ins sich zusammen-gesunken und umzingelt von dutzenden Auroren, welche unbarmherzig den Zauberstab auf sie richteten. Ihre starken undurchdringlichen Augen in Richtung Himmel gerichtet bat sie Merlin für ihre Nichte zu sorgen und ihr kein Leid geschehen zu lassen.

Seine Tochter Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt