Zweite Chance

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„Guten Morgen, meine Schöne.“
Ich schlug die Augen auf und als ich in Finns wunderschöne Augen sah, die mich anstrahlten, als wäre ich seine Sonne, wusste ich, dass ich ihn trotz allem liebte. Von dem „Bösen“ keine Spur mehr.
„Ist dir nicht kalt?“
Von draußen schien die Morgensonne ins Auto, doch sie hatte noch nicht lange genug geschienen, um es zu erwärmen. Schon gar nicht, wenn man nackt war.
„Ich ziehe mich an“, erklärte ich und Finn nickte.
„Dann mache ich Frühstück.“
Nachdem er sich abgewandt hatte, setzte ich mich auf. Alles tat mir weh. Meine Wange, mein Nacken, an der Stelle am Kiefer, an meiner Schulter und zwischen meinen Beinen. Vorsichtig berührte ich meinen Körper und als Finn aus dem Auto stieg, um zum Kofferraum zu gehen, kletterte ich nach vorne und betrachtete mich im Spiegel. Wange und Hals waren blutverschmiert, tiefe Ringe lagen unter meinen Augen und mein Haar war zerzaust. Umständlich zog ich mich an, nahm meine Wasserflasche und wusch mich an offener Autotür. Dann zog ich meinen Schal bis über die Bisswunde, bevor Finn mit dem Frühstück nach vorne kam.
„Alles okay?“ Besorgt deutete er auf meinen Schal. Für einen Moment verlor ich mich in seinem Anblick. Die Sonne leuchtete in seinem roten Haar so wunderbar.
Ich nickte. „Ich glaube, ich habe mich ein bisschen erkältet.“
„Da kenne ich ein ausgezeichnetes Heilmittel: ein gutes Frühstück.“
Ich lächelte. Sein Gesicht erinnerte an Jace: die harten Wangenknochen und der markante Kiefer und die schmale Nase. Mir war sehr wohl bewusst, wie gut er aussah. Ich streckte meinen Arm aus und legte ihn an seine Wange.
„Du findest mich schön?“, fragte ich leise.
„Du bezauberst mich“, erwiderte er. In dem Moment wurde mir so übel, dass ich glaubte, mich übergeben zu müssen. Ich öffnete die Autotür und lehnte mich hinaus, würgte, aber nichts geschah.
Finn legte eine Hand auf meinen Rücken und murmelte meinen Namen. Ich setzte mich wieder auf, doch das elende Gefühl verschwand nicht.

Aus den Lautsprechern des Autos klangen leise Klavierklänge, die mich bald einlullten. Finn fuhr gleichmäßig ruckelfrei und das Brummen des Motors tat sein Übriges. Ich erwachte erst, als Finn mich leicht am Arm rüttelte. Im ersten Moment zuckte ich zusammen, doch dann besann ich mich.
„Du hast ganz schön tief geschlafen“, lächelte er. Seine Augen funkelten liebevoll. Ich sah mich um.
„Du bist so hübsch, wenn du schläfst.“
„Wo sind wir?“, fragte ich.
Finn hob die Schultern. „Ein Dorf. Ich wollte, dass du heute Nacht in einem richtigen Bett schlafen kannst.“
Ich setzte mich auf und fühlte mich dabei wie ein zerknautschtes Kissen. Ja, ein Bett stellte ich mir auch himmlisch vor.
„Hast du denn genug Geld?“
„Mach dir keinen Kopf. Ich will, dass es dir gut geht.“ Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, küsste er mich sanft auf den Mund. Und tatsächlich waren alle Einwände vergessen.
Ich würde klarkommen. Ganz sicher würde ich das. Ich liebte ihn und ich wollte auch nicht ohne ihn sein. Ich wusste, wer er war, wenn es ihm gut ging. Diesen Finn, bei dem ich Herzrasen bekam, wollte ich niemals gehen lassen.

Tränen von ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt