hallelujah

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Wir hörten auf davon zu laufen, als wir eine kleine Küstenstadt erreichten. Ich weiß noch, wie ironisch ich es fand, dass wir beide ausgerechnet vor Kleinstädten davonliefen, nur um uns dann, zusammen, in einer anderen niederzulassen. Die Sommer wurden unfassbar warm und die Winter eisig kalt. Wind zerzauste mir die Haare und auch wenn wir bloß eine kleine Wohnung zwei Meilen von dem Strand entfernt bezahlen konnten, sah man an wolkenlosen Tagen einen blauen Schimmer durch das Fenster im Schlafzimmer.

Wir fanden beide Arbeit in Lokalen. Mike, ebenso wie sein Bruder, als Barkeeper und ich konnte als Kellnerin etwas außerhalb bei den unterschiedlichsten Veranstaltungen aushelfen. Wir waren glücklich zusammen, glücklich mit dem was wir taten. Er war noch immer so schüchtern wie am ersten Tag, auch wenn es schon lange keinen Alkohol mehr bedarf, nur damit er mich küsste. Und wie er mich küsste.

Innig umschlungen, sanft, leidenschaftlich und zart. Ich lächelte und im selben Moment wurde ich von Wassertropfen getroffen. »Na, Faulpelz«, grüßte mich Mike und fuhr mit seinen kalten Händen über meinen Bauch. Ich zuckte zusammen und schlug nach ihm, doch er wich mir aus und wirbelte etwas Sand auf die Decke.

»Du Arschkopf«, beschimpfte ich ihn lachend und legte den Walkman mit Dads Kassette darin zur Seite. Er fuhr mit einer Hand über meine Wange und vergrub sie anschließend in meinen Haaren, dann beugte er sich zu mir vor und drückte mir einen Kuss auf die Lippen. Sein Mund war mindestens genauso kalt wie seine Hände, doch es hinderte mich nicht daran, meine Arme in seinem Nacken zu verschränken und mich von ihm auf seinen Schoß ziehen zu lassen. Ganz ungeschützt, in Anwesenheit von hunderten Menschen rappelte er sich mühselig auf und trug mich in Richtung mehr. Ich beendete unseren Kuss. »Nein, komm schon!« Er lachte auf und drückte mich nur fester an sich, so dass mir kaum mehr übrigblieb, als ihn einfach zu umarmen. Bald darauf konnte ich das Wasser an meinen Füßen spüren und ehe ich mich versah, tauchte Mike unter.

Wir tauchten kreischend und lachend wieder auf und ich spuckte ihm eine Ladung Wasser ins Gesicht, noch bevor er sich abwenden konnte. »Du Schwein!«, lachte er und drückte mich wieder unter Wasser. Als ich wieder an die Oberfläche und meine Arme um seinen Nacken schlang, drückte er einen salzigen Kuss auf meine Lippen. Die ganze Welt schien sich um uns zu drehen und mein Magen machte einen heftigen Satz, als Mikes Finger über meine Haut fuhren. Nichts klang kitschiger, als die verfluchten Schmetterlinge im Bauch zu erwähnen und doch fiel mir keine passendere Beschreibung für dieses Gefühl in meinem Inneren ein. Seine Stirn gegen meine gedrückt standen wir da, die Wellen schwappten leicht um unsere Körper und ich begann zitternd mit den Zähnen zu klappern, als mein Oberkörper zu trocknen begann und jeder kleine Windstoß selbst bei dreißig Grad einem kleine Messer in den Körper zu bohren schien. Seine Hände lagen warm an meinem Körper, als er mich wieder Richtung Strand zog, halb schwimmend, halb laufend und stolpernd. Der Sand drückte heiß gegen meine Fußsohlen und wir beeilten und, zurück an die Decke zu gelangen. Ich legte mich hin, ließ die pralle Sonne die Tropfen auf meiner Haut verdampfen und sah Mike dabei zu, wie er sich einen Keks in den Mund schob und eine Flasche Wasser aufschraubte. Gleich darauf legte auch er sich zu mir auf die Decke, nahm sich einen der Ohrstöpsel und reichte mir den zweiten. Ich drückte auf Play und das letzte Lied auf Dads Kassette setzte an. Ich schloss die Augen, genoss das Gefühl, seinen Arm an den meinen zu spüren, zu wissen, dass wir hier unser zuhause gefunden hatten, dass wir uns gefunden hatten. Es war egal woher wir gekommen waren, was wir hatten erleben müssen. Wir hatten uns und wir würden alles durchstehen, was sich uns in den Weg stellen würde.

»Ich liebe dich«, murmelte Mike.

Ich rückte noch ein Stückchen näher an ihn heran. »Ich liebe dich auch.«

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