Kapitel 05

30 0 0
                                    

Die letzten Wochen zogen sich so dahin, mal ging es mir etwas besser, dann wieder schlechter. Ich verbrachte viel Zeit mit meinem Bruder, Lisa, Cathy und Joshua. Sie taten alles um mich abzulenken, das klappte ebenso mal mehr und mal weniger gut.
Wo fängt man als erstes an wenn man sein Leben komplett neu strukturieren muss?
Wenn man quasi wieder von null anfängt?
Ich hatte einen tollen Job in einer Physiotherapie Praxis in Dortmund, den ich von einen auf den anderen Tag kündigte.
Hatte dort sehr viele liebevolle Menschen um mich, Freunde, Marco und unsere gemeinsame Dachgeschosswohnung...

„Nein, denk einfach nicht mehr an diesen Arsch", mahnte ich mich immer wieder selbst, als ich die Stellenangebote am Tablet checkte. „Toll. So eine große Stadt wie München und dann kein einziges Stellenangebot als Physio?"

Verzweifelt ließ ich meinen Kopf auf den Tisch sinken. Kein Job, kein Geld, keine Wohnung... Innerlich sah ich mich schon mit einem Kaffeebecher bettelnd auf der Straße sitzen.
Jemand berührte mich an den Schultern.
„Hey, was ist los?" Lisa sah mich besorgt an.
„Anscheinend braucht niemand hier in München eine Physiotherapeutin", seufzte ich. „Ich finde keinen Job, euch kann ich auch nicht ewig auf die Nerven gehen hier..."
„Erstens, nerven tust du schon gar nicht, zweitens, wo ist das Problem? Rede doch mit Thomas, der kann da bestimmt was machen."
„Du hast recht", strahlte ich sie an und konnte einen kleinen Hoffnungsschimmer in mir spüren. „Warum bin ich da nicht von alleine drauf gekommen?"
Mein Handy piepste mehrmals und riss mich aus den Gedanken.
Nachrichten von Marco.
„Willst du ihn vielleicht nicht blockieren?" fragte Lisa mich vorsichtig.
Ich nickte zustimmend, zögerte einen Moment und löschte die Nachrichten sofort ohne sie zu lesen. Ja, es tat verdammt weh, ich schluckte und holte einmal tief Luft.
Lisa umarmte mich. „Ich bin stolz auf dich. Du bist so eine starke Frau."
„Danke... für alles." Mit ein paar Tränchen in den Augen drückte auch ich Lisa an mich.

Am Abend suchte ich das Gespräch zu meinem Bruder, dieser willigte sofort ein, sich in der Physioabteilung des FC Bayern München umzuhören und mir im optimalsten Fall ein Vorstellungsgespräch zu organisieren.
„Na, da werden sich aber einige freuen", grinste er. Dieses Grinsen von meinem Bruder war immer verdächtig.
Es klingelte an der Tür, Lisa brachte Joshua und Niklas rein.
„Ach, wenn man vom Teufel spricht", meinte mein Bruder. Wir sahen Thomas nur fragend an und begrüßten uns anschließend.
Meint er Joshua? Es machte schon den Eindruck, als würde er sich freuen, wenn er mich sieht. Jedenfalls hatte er ein verdammt süßes Lächeln.
„Also, ich muss dann mal weiter schauen",
ich schnappte mir das Tablet und machte es mir in der Hollywood Schaukel im Garten gemütlich. Dann wollen wir mal sehen wie es Wohnungstechnisch so aussieht.

Es waren wirklich wunderschöne Wohnungen frei, für einen Single aber teilweise zu groß. Einige hab ich abgespeichert, da werde ich dann nach und nach anrufen und diese besichtigen.
„Hi, Mia", Joshua gesellte sich zu mir. „Was hab ich da gehört? Du massierst mich in Zukunft?", lachte er.
„Stop, es ist noch gar nichts passiert... noch nicht mal ein Vorstellungsgespräch."
„Ach, das wird schon", meinte er zuversichtlich. „Und du musst ja nicht zwangsläufig dort arbeiten um mich zu massieren."
Ich sah ihn überrascht an, dann prusteten wir beide los.
„Scherz, nicht dass du noch denkst ich sei ein Macho."
Hat Joshua gerade versucht mich anzuflirten?
„Du suchst nach einer Wohnung?", fragte er mich als wir uns wieder beruhigt hatten. „Ich hab da einen Kumpel, der zieht um und hat eine richtig schöne Wohnung in Schwabing, mit Balkon und allem drum und dran. Wenn du willst, ruf ich ihn gleich mal an", bot Joshua an.
„Klar, gerne, warum nicht?!"
Joshua holte sein Handy raus, gespannt blickte ich ihn an. Seine Augen faszinierten mich immer wieder. Sie waren einfach schön.
„Perfekt. Bis morgen, Danke." Er drehte sich mit einem strahlenden Lächeln zu mir.
„Du kannst sie dir morgen früh ansehen."
„Joshua... Vielen Dank", ich freute mich in diesem Moment so sehr, dass ich ihm in die Arme fiel.
„Nicht dafür", sagte er, löste sich aus der Umarmung und schaute mir direkt in die Augen. „Ich helfe, wo ich kann."
Wir lächelten uns nochmal kurz an, bis wir Stimmen auf der Terrasse registrierten.
„Da seid ihr ja", rief Thomas. „Wenn ihr was essen wollt, müsst ihr jetzt kommen."

Joshua schaffte es irgendwie immer mich zum Lachen zu bringen, in seiner Anwesenheit denke ich auch gar nicht mehr an Marco... es ist so als würde der gar nicht existieren.
Lisa zauberte leckere Spaghetti Bolognese. Ihr und meinem Bruder machte es sichtlich Spaß, fast jeden Tag Freunde im Haus zu haben und diese zu bekochen und zu bespaßen. Sie waren einfach so herzlich.
„Ich hol dich dann morgen früh um 8 ab", sagte Joshua noch zu mir bevor er und Niklas sich verabschiedeten.
„Aha?" Mein Bruder konnte es einfach nicht lassen, setzte wieder sein komisches Grinsen auf, woraufhin ich ihm nur einen finsteren Blick zuwarf.
Nachdem Joshua und Niklas weg waren versuchte ich das ganze zu erklären.
„Joshua hat mir eine Wohnungsbesichtigung klar gemacht... nichts weiter."
„Ah, ihr seht euch die Wohnung gemeinsam an?!"
„Ich weiß doch gar nicht wo ich hin muss...", antwortete ich genervt.
Thomas kniff mich nur belustigt in die Seite „Schwesterlein, du brauchst dich nicht zu rechtfertigen..." Er liebte es mich aufzuziehen. „Ihr versteht euch gut, das sehe ich, das sehen alle anderen... und das ist doch schön."
„Ja das tun wir... Und die Gedanken um Marco werden immer weniger", gab ich zu.
„Lisa und mich freut es einfach wahnsinnig zu sehen, dass es dir langsam wieder besser geht."
„Sorry, Thomas. Ich wollte nicht so genervt reagieren.
„Es ist alles ok, Kleine."

Lisa, Thomas und ich quatschten noch eine Weile über alles mögliche, danach ging ich zum ersten mal seit Wochen mit einem guten Gefühl ins Bett.
Vielleicht klappt's ja mit dem Job und der Wohnung.

...& the reason is youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt