Auf einmal fing der Boden unter ihnen sich an zu bewegen. Heijis leblos scheinender Körper rutschte auf Kazuha, als die Kiste in Schräglage gelang. Sie unterdrückte einen Schrei und stieß sich zitternd mit den Füßen von der Wand der Kiste ab, um nicht allzu sehr herumgeschleudert zu werden. Wo brachten sie sie hin? Was hatten sie jetzt mit ihnen vor? Kazuhas Magen drehte sich erneut um 180°, als sie über die Möglichkeiten nachdachte. Schnell schüttelte sie ihren Kopf, wie um die negativen Gedanken loszuwerden und versuchte stattdessen erneut ihren Freund wachzurütteln. Wieder vergebens. Er konnte doch nicht tot sein! Nein, er durfte nicht tot sein! Die leisen Schluchzer, die sich nun den Weg aus ihrem Mund gekämpft hatten, konnte sie nicht mehr unterdrücken.
„Hast du das gehört?!“, drang plötzlich eine Männerstimme zu ihr hervor. Kazuha zuckte zusammen und hielt sich die Hand vor den Mund.
„Verdammt du hast doch gesagt, dass du sie gekillt hast!“, antwortete eine zweite aggressiv darauf.
„Hab ich ja auch! Hast du nicht gesehen, wie die zugerichtet waren?!“
„Verdammte Gören!“, ein Rucken ging durch die Kiste, als würden die Männer sie mit Absicht hin und her schleudern. Vermutlich taten sie das auch. Kazuha stieß mehrmals mit Füßen und Kopf gegen die Seiten und biss sich auf die Zunge, als sie die Schmerzenslaute zu unterdrücken versuchte. Am meisten machte ihr aber Heiji sorgen, der sich in seinem Zustand ja nicht Mal ein wenig abfedern konnte. „Wenn ihr zwei da drin noch wach seid, dann geht jetzt gefälligst wieder schlafen! Ihr habt eh keine Chance auf Rettung mehr.“, zischte die Stimme, die zuerst erklungen war.
Die Zweite, etwas tiefere meldet sich auch wieder zu Wort, schien sich aber an seinen Kollegen zu richten. „Was machen wir jetzt überhaupt mit denen? Immer noch aufs Schiff?“
„Natürlich!“, knurrte er. „Macht doch keinen Unterschied. Wenn sie noch nicht tot sind, werden sie halt auf See verhungern. Das Ergebnis ist am Ende das gleiche. Wenn sie gefunden werde, dann als Leichen und ohne Bezug zu uns.“ Die Stimme lachte dreckig. In Kazuhas Augenwinkeln bildeten sich erneut Tränen. Wie sollten sie hier bloß wieder rauskommen? Wenn Heiji doch nur bei Bewusstsein wäre. Er hätte sicher eine Idee. Heiji….
Die Kiste machte erneut einen Ruck und Kazuha kämpfte gegen die Panik an, die im Begriff war die Kontrolle zu übernehmen.
„Jetzt helft doch mit, verdammt nochmal!“ Genervtes Gebrumme war zu hören, dann schlurfende Schritte und ein erneutes Rucken der Kiste, wodurch sie nun wieder etwas gerader in der Wage stand. Kazuha versuchte etwas durch die Spalten zwischen den Holzbrettern zu erkennen, doch mehr als einen schwarzen Fleck T-Shirt Stoff bekam sie nicht zu Gesicht. Sie konnte nichts anders zu tun, als zu beten, dass sie jemand fand. Sicher suchten ihre Eltern schon nach ihnen. Und auch Ran und Kogoro wunderten sich bestimmt schon, wo sie blieben. Ja… sie würden sie retten. Da war sie sich sicher. Da musste sie sich sicher sein.
Sie unterdrückte das Zittern ihrer Hände und bemerkte Heijis Körper, der erneut gegen die Wand der Kiste glitt, als die Männer diese achtlos auf irgendetwas draufhievten. Zumindest hörte es sich so an. Kurzerhand beschloss sie, dass sie ihm irgendwie helfen musste und robbte so gut es ging ein paar Zentimeter näher zu ihm, bis sich ihre Körper berührten. Sie schluckte. Er war so kalt…
Nein sie durfte jetzt nicht wieder daran denken. Sie drehte sich mit aller Mühe auf die Seite, sodass ihr Rücken an seinen stieß und versuchte so zu verhindern, dass er weiter von einer Seite auf die andere geschleudert wurde.
Und jetzt? Ihr Herz pochte laut in ihren Ohren. Die Entführer hatten auch kein Wort mehr gewechselt und alles was Kazuha wahrnahm, waren die Geräusche von Schritten und das gleichmäßige Schnauben der Männer, zudem sich das quietschend von Rädern gesellt hatten. Sie glaubte das Geräusch eines Aufzugs zu hören, dessen Türen mit einem Ping zur Seite glitten, dann Warteschleifen Musik.
Ich muss mir merken, wo wir lang sind, dachte sich Kazuha. Wir müssen uns orientieren können, wenn wir fliehen. Sie kaute leicht angespannt auf ihrer Unterlippe und schloss die Augen um sich allein auf die Umgebungsgeräusche zu konzentrieren. Wenn sie sich nicht irrte, mussten sie jetzt in der oberen Lagerhalle des Gebäudes sein.
Ein lautes Klong ließ sie zusammenfahren. Die Kiste erfuhr zeitgleich eine leichte Erschütterung und sie presste ihre zusammengebundenen Füße gegen die gegenüberliegende Wand der Kiste, um den Aufprall abzufangen. „Pass doch auf du Idiot!“
„Pfft. Ist doch egal. Ist ja nicht so, als könnte etwas kaputt gehen.“, der Besitzer der dunklen Stimme spuckte auf den Boden.
„Wenn die Kiste ein Loch bekommt und die uns abhauen, dann sind wir schneller tot als du gucken kannst!“
„Reg dich ab. Das Ding ist solide. Und außerdem…“, es mischte sich ein schleimiger Ton unter die Stimme, der bei Kazuha einen Würgereiz auslöste, „Ihr werdet sowieso nicht ausbrechen. Nicht wahr? Ihr seid nicht so dumm zu glauben ihr könntet aus dem Gebäude fliehen.“ Seine Lache triefte vor Schadenfreude. „Ich weiß, dass ihr mich hört. Also antwortet.“
Kazuha schwieg und unterdrückte ein Wimmern. An ihrem gesamten Körper hatte sich die Gänsehaut aufgestellt und sie verstand nicht, was die Typen noch von ihnen wollten.
„Redet!“ Der Kerl trat wütend gegen die Kiste und Kazuha hatte das Bedürfnis ihre Arme um sich zu schlingen. „Dann eben nicht! Ihr habt euch das selbst zu zu schreiben. Spioniert uns nach ihr dreckigen Biester.“ Ein Schlag auf den Deckel, der in Kazuha Ohren dröhnte, wieder die quietschenden Räder, dann entfernten sich die Schritte langsam.
Sie starrte zitternd auf den Boden der Kiste. Zumindest konnte sie diesen nun ein wenig vor sich erkennen, da ein kleiner Strahl licht durch die Ritzen fiel. Schnell, sie musste sich umdrehen und Heijis Zustand begutachten. Gerade als sie Anstalten machte, sich zu bewegen, erfüllte ein kurzes Summen die Luft, ein Flackern und der Lichtstrahl verschwand. Kazuha sah noch das Abbild davon vor ihren Augen flimmern, dann ließ auch dieses sie in der Dunkelheit zurück.
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Käfig: Tage in der Dunkelheit
FanfictionWie soll man fliehen, wenn man nicht einmal mehr weiß, wie viel Zeit vergangen ist? Wenn Dunkelheit das einzige ist, dass man zu Gesicht bekommt. Wenn die Hoffnung längst verloren ist...