Schwarz, Dunkelheit und ein furchtbarer Gestank waren das erste, was Lara wahrnahm, als sie wieder zu sich kam. Es stank wirklich fürchterlich nach verdorbenen Fleisch und anderem Zeug. Sie fasste sich an die Stirn und fühlte etwas klebriges. Sie wollte sehen, was nun an ihren Fingern klebte, doch sah selbst ihre eigene Hand nicht vor Augen. Sie legte die Hand neben sich und spürte, wie sie auf einem kalten feuchten Steinboden lag. Nicht nur dieser war kalt, sondern auch die Luft um sie herum. Lara frohr, doch dies war nicht das größte Problem. Ihr Kopf schmerzte und das Atmen fiel ihr wegen des Gestanks schwer. Plötzlich hörte sie ein leises Husten. Schlagartig riss sie die Augen auf. „Super, Vivi, jetzt hast du's verdorben", eine leise Mädchenstimme ertönte links von ihr. „Wer ist da?", krächzte Lara. Sie bekam kaum ein Wort heraus. „Aiden, mach das Licht an", auf einmal wurde es hell. Lara schlug ihre Arme über ihr Gesicht, damit das Licht sie nicht blendete. Jemand robbte an sie heran. Sie blinzelte um etwas sehen zu können und nahm dann ihre Arme wieder runter. Lara sah inmitten eines Gesichts, das einem Mädchen etwa ihren Alters gehörte. Ihre Haare waren kurz, hell, dreckig und zerzaust. Blut umgab ihre braunen Augen und auch ihre Lippen waren blutig. Eine tiefe Wunde zierte ihre rechte Wange. „Ich bin Isabell aber nenn mich Isa. Wie heißt du?" „Lara", murmelte sie verwirrt. Sie konnte ihre Augen kaum von ihrer Wunde wenden. Isa sah von ihr auf und blickte auf eine Stelle vor Lara. „Das ist Aiden", sagte sie, „Und das", Isa wandte ihr Gesicht hinter ihren Kopf, „ist Vivian, nenn sie aber Vivi. Ist ihr lieber." Langsam versuchte Lara sich aufzurichten und Isa half ihr dabei, indem sie ihre Hand stützend an ihren Rücken legte. Vor ihr kniete tatsächlich an Junge. Er hatte kurzes dunkelbraunes Haar und grün-braune Augen, die sie anstarrten. Auch seine Klamotten waren überzerrt mit Blut. Soweit man dies noch als Klamotten bezeichnen konnte. Aiden steckte in einem zerissenen schwarzen T-Shirt und einer Jeans, wo die Hälfte eines Hosenbeines fehlte. Es fiel Lara schwer ihren Kopf zu heben vor Schmerz und so legte sie eine Hand in ihren Nacken. Nun traute sie sich endlich sich umzusehen. Sie waren in einem etwas größeren Raum vollgestopft mit Kissen, Kartons und Kisten. Der Boden war, wie schon vermutet, aus grauen Stein, ebenso wie die Wände. Hinter Aiden lag eine stählerne große Tür. Von hinten kroch ein Mädchen an Laras rechte Seite. Sie hatte dunkelblonde Locken und blassblaue Augen, zudem viele Sommersprossen auf der Nase und den Wangen. Sie war die einzige, der kein Blut im Gesicht klebte aber dafür umso mehr am Körper. "Vivi?", fragte Lara und sie nickte. "Sie spricht nicht", meinte Isa. "Dir hat wohl kräftig jemand auf den Schädel gehauen", nun kam auch Aiden näher, "Du hast eine Platzwunde an der Stirn." 'Ach, daher kommt das Blut', dachte Lara und fasste automatisch wieder an ihre Stirn, die schmerzte. "Wo bin ich?", fragte sie und die drei sahen sich gegenseitig traurig an. Isa holte tief Luft: "Bei der Fuchsjagd." Verwirrt guckte ich sie an. "Die Fuchsjagd ist ein Spiel", erklärte Aiden, "Ein Spiel, veranstaltet von Lord Fox. Daher auch das Fuchs." "Und was ist das für ein Spiel?", fragte Lara. "Alle 16 Stunden kommt ein Mann vorbei, der uns sucht. Es gibt mehre solcher Räume, wie diesen hier. Das heißt, wenn wir Glück haben, dann kommt er nicht zu uns rein, sondern zu einen der anderen. Aber wenn er zu uns kommt, dann müssen wir uns so gut wie es geht hier unter dem Kram hier verstecken und wer als erstes gefunden wird, der muss auf die Jagd. Die letzte war vor circa 14 Stunden, da war er aber nicht bei uns. Das letzte mal war er beim Vorvorletzten mal hier. Du bist ihre Nachfolgerin." "Wer war sie?" "Ihr Name war Sibyl. Etwas jünger als wir, etwa in Vivis Alter. Sie hatte es nicht rechtzeitig geschafft ein gutes Versteck zu finden", Isas Stimme klang voller Schmerz und brach bei ihrem letzten Satz. "Woher weis man, das es bald los geht?", fragte Lara. "Ein Countdown. Er ertönt eine Minute, bevor der Mann irgendwo hinein geht", sagte Aiden. "Ihr sagtet, man muss auf die Jagd. Was ist die Jagd?" "Keine Ahnung. Bis jetzt wurde keiner von uns dreien jemals gefunden, geschweige denn, er hat es geschafft. Entweder man gewinnt die Jagd und man darf weiter Verstecken spielen, oder man verliert und...", Isa brach ihren Satz ab und sah zu Boden. "Aber wenn das ganze so läuft, wieso seit ihr alle voller Blut?" "Aus dem selben Grund wie du. Mitbringsel vom Weg hier her." "Wie lange seit ihr schon hier?", Lara blickte jedem abwechselnd ins Gesicht. "Isa eine Woche, Vivi vier Tage und ich am längsten, zwei Wochen", sagte Aiden. Es entstand eine lange Stille, in der alle betrübt den Boden anstarrten.
"Du solltest schonmal dein Versteck vorbereiten", meinte Aiden, "Beim ersten mal helfen wir dir noch." Er ging hinter mich und nahm einen Karton, den er mit der Öffnung an der Seite zur Wand hinlegte. Isa trat neben ihn und schnappte sich ein paar kleine Kisten und Kissen, die sie vor die Öffnung legte, danach holte sie eine rote Decke, die sie über den großen Karton warf. Aiden legte weitere Kissen auf den Karton. "Wenn der Countdown beginnt, dann versteck dich in dem Karton und verstopf die Öffnung mit den Kissen", erklärte mir Aiden und ich nickte. Er setzte sich zusammen mit Isa in eine Ecke. Ich drehte mich zu Vivi. Ihre hellen blauen Augen wirkten traurig und voller Angst. Sie war circa vierzehn Jahre alt, also etwas jünger als ich und ihr Gesicht war bis auf einen kleinen Kratzer an der Stirn markellos. "Sie kann nicht sprechen", ertönte hinter mir Isas Stimme. "Woher weist du das so genau? Vielleicht will sie nur nichts sagen", meinte Lara. "Sie ist meine Stiefschwester." "Ouh", Lara lief rot an, doch die beiden hinter ihr sahen es zum Glück nicht. Vivi legte ihre Hand auf Laras Wange, die sie zum Boden gerichtet hielt, und drückte ihr Gesicht wieder nach oben. Auf einmal wirkten ihre Augen nicht mehr so kühl und hoffnungslos, sondern strahlten Wärme und Geborgenheit aus. Ihre Locken standen krauss von ihrem Kopf ab. "Hast du Hunger?", fragte Isa, "Vielleicht solltest du noch was essen, bevor der Countdown kommt. Man weis ja nie", sie stand auf und nahm eine Schüssel aus einer Ecke. "Du kannst alles haben. Wir haben schon." Sie reichte Lara die viertel volle Schüssel voll Haferbrei. Mit nervösen Augen sah sie Isa an. Noch immer hatte Lara die Situation nicht ganz begriffen. Sie wurde entführt und in ein "Spiel", Fuchsjagd, wie sie es nannten, gesteckt, wo man sich verstecken musste um zu überleben. Welcher Irrer kommt auf eine solche Idee? Lara nahm die Schüssel leise dankend an. Vivi trat von Laras Seite und hockte sich in eine andere Ecke als die anderen zwei und so blieb Lara allein in der Mitte zurück. Ihr war kalt und der Kopf tat weh. Erneut fasste sie sich an die Stirn und betrachtete das dunkle Blut an ihren Fingern. Ihre Nase war wund und aufgeschwollen von dem Betäubungsmittel, der Gestank machte es nicht besser. Nun entschloss sich auch Lara an die Wand zu krabbeln, wo sie in Ruhe ihren Haferbrei mit der Hand aß. Er war nichts besonderes aber tat nach dem Tag ziemlich gut. Als sie fertig war, stellte sie sie neben sich wieder ab. Lara lehnte sich an die kahle kühle Wand und legte ihren Kopf an ihre Knie. Würde sie hier eigentlich lebend raus kommen? Sie wusste es nicht. Niemand wusste dies. "Woher kommst du eigentlich?", fragte auf einmal Isa. " "Jamestown", Lara hob ihren Kopf leicht an und antwortete nebensächlich. "Jamestown, das liegt doch am York River, nicht wahr?", hinterfragte Aiden. "Jap." "Ist aber ziemlich weit weg, denn du bist hier in Taylorsville, in Utah." Schlagartig riss Lara ihren Kopf in die Höhe und starrte Aiden mit ungläubigen Augen an: "Utah? Aber ich komme aus North Dakota!" "Eben", meinte er. Mit offenen Mund wanderte ihr Kopf wieder dem Boden zu. Langsam begriff sie, wie ernst ihre Lage wirklich war, denn schließlich waren alle voller Blut und sie war Meilen weit weg von Zuhause, von ihrer Mutter. Ihre Mutter... An sie hatte Lara bis jetzt noch nicht gedacht. Was sie wohl gerade in diesem Augenblick tat? Vielleicht rauchte sie ja gerade eine draußen vor der Polizeistation, oder sie ist schon wieder längst Daheim und säuft sich voll. Richtig konnte es sich Lara nicht vorstellen, wie sich ihre Mutter Sorgen um sie machte. Ja, sie hatte sie sorgsam und einigermaßen ordentlich erzogen, doch auch nur daher, weil Lara in ihr die Person sah, die sie niemals werden wollte. "Lara?", Isas Stimme holte sie aus ihren Gedanken zurück. "Hm?", wieder schlug rasch ihr Kopf in die Höhe. "Ich hab dich was gefragt", sagte sie. "Tschuldige, ich war grad wo anders. Was ist?" "Wie bist du hier her gekommen?" Lara überlegte kurz. Auf anhieb fiel es ihr tatsächlich nicht ein, wahrscheinlich wegen dem Schlag ins Gesicht, aber nach einer Weile kamen die Erinnerungen zurück und sie erzählte alles so, wie sie es erlebt hatte.
"So ähnlich war es bei uns auch", meinte Aiden am Ende ihrer Geschichte. Wieder entstand eine etwas längere Stille, die Lara aber unbedingt brechen wollte: "Kommen wir hier eigentlich jemals lebend raus?", vielleicht war es nicht das beste Thema für angenehmen Smalltalk. "Bis jetzt hat es niemand geschafft. Wie vorhin schon gesagt: Noch niemand hat je eine Jagd überlebt", erklärte Isa und ihre Augen wurden glasig, das konnte Lara selbst von hier aus sehen. Aiden legte einen Arm als Trost um ihre Schulter, sagte jedoch nichts. Angeschlagen blickte Lara wieder auf ihre Knie. 'Das bedeutet also, ich bin schon so gut wie tot', dachte sie.
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Die Fuchsjagd
Misterio / SuspensoJugendliche werden entführt und eingesperrt. Man sagt ihnen, sie seien nun Mitglieder bei der Fuchsjagd. Dort müssen sie sich verstecken, um nicht entdeckt zu werden und wer entdeckt wird, der kommt auf eine Jagd. Dort müssen sie dann Rätsel lösen o...