Kurzgeschichten

Einer

Wir hatten einen Neuen in der Klasse. Alle schauten ihn kurz an und beugten ihre Köpfe wieder über die Bücher. Der Unterricht ging weiter und ich schaute zu ihm hin. Als er das bemerkte, lächelte er mir sogar zu. Er war ein ganz normaler Junge und trug Jeans und ein T- Shirt wie alle anderen Jungs in unserer Klasse auch. Aber irgendwas sagte mir, dass er ein bisschen schüchterner war als die anderen Jungs. Klar, lag es auch daran, dass er neu in der Klasse war. Ich glaubte aber, dass er auch im Alltag etwas schüchterner war. Diesen Jungen könnte ich mir vielleicht als Kumpel vorstellen, aber nur vielleicht. Erst jetzt fiel mir auf, dass wir ja eigentlich etwas im Buch lesen sollten. Ich war die ganze abgelenkt gewesen. Doch irgendwie musste ich immer wieder zu ihm hinschauen und er lächelte mich wieder an. Das verwunderte mich, denn ich lächelte nie zurück. Ich überlegte, ob er wirklich dieser schüchterne Typ war oder ich mich täuschte. Vielleicht war er ja auch wie alle anderen Jungs. Ich zerbrach mir noch eine ganze Weile den Kopf darüber. Ich musste ihn mal aus der Nähe sehen, damit ich ihn besser beurteilen konnte. Ich überlegte, wie ich das anstellen sollte. Da bemerkte ich, dass er gar kein Buch hatte. Also stand ich auf und brachte ihm mein Buch. Ich wollte gerade sagen, dass er es mir später wiedergeben muss, da sagte er schnell: "Danke ich geb's dir nachher wieder." Ich nickte nur und ging zurück an meinen Platz. Ich beugte meine Kopf über das Buch und las weiter. In der restlichen Stunde schaute ich nicht nochmal zu ihm hin.