Hirnfrost

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Einen Moment war mir schwarz vor Augen, dann wieder weiß. Alles war so weiß. Der eisige Wind blies mir immer neuen Schnee ins Gesicht. Dass meine Kräfte schwanden, spürte ich deutlich als meine Knie nachgaben. Jeder Schritt wurde eine Tortur. Hätte ich mich nicht an Magnus festgeklammert, ich wäre längst stehen geblieben. Magnus, plötzlich fielen mir soviele Dinge ein, die ich mit ihm erlebt hatte. Mit gebrochener Stimme begann ich ihm davon zu erzählen. Ob er mir überhaupt zuhörte?
Irgendwann gingen mir die Worte aus und meine Beine waren so schwer. Mein Atem rasselte wie eine alte Fahrradkette und meine Sicht war so trübe. Nichts ging mehr. Ich spürte die Kälte unter der Haut, in meiner Lunge, ja sogar in meinen Blutgefäßen. Ich würde hier sterben. Zum zweiten mal richtig sterben. Nichts konnte dass mehr verhindern. Nur noch wenige Minuten. Ich blieb stehen. Einfach stehen.
Ich nahm einen Schatten vor mir wahr. Magnus Stimme drang in meinen Kopf. Magnus. Er war noch hier. Während ein Teil meines Kopfes versuchte seine Worte zu dechiffrieren, schickte ein anderer ein ganz deutliches Signal aus. Mein Körper gehorchte und beugte sich nach vorn. Ich hob den Kopf, streckte mich ein Stück und schloss die Augen. Meine Lippen trafen auf seine aufgesprungenen, eisigen und doch so weichen. Selbst seine Wärme war so gut wie aufgebraucht. Nichts, dass mehr an seine sommerliche Natur erinnerte, war noch geblieben. Und doch spürte ich Wärme durch meinen Körper schießen. Mein Herz schlug etwas kräftiger und pumpte noch einmal Leben durch meinen Körper.
Als ich mich von ihm löste, konnte ich gerade wieder gut genug sehen um sein verdutztes Gesicht zu erkennen. Da mein Hirn noch immer völlig nutzlos war, gab es die erstbeste Information raus, die irgendwie logisch klang.
"Ich musste das einfach tun bevor ich sterbe." Ein Teil von mir behauptete, dass ich diese Aussage später bereuen würde und ein andere Teil lachte den ersten aus, welches 'später?'
Da Magnus noch immer wie vom Donner gerührt da stand und absolut keine Anstalten machte weiter zu gehen, musste ich ihn wohl an unser gerade unerreichbares Ziel erinnern. "Los, die anderen warten auf uns." Sagte ich und zog ihn ein Stück mit, bis er von selbst lief. Schwerfällig kamen wir an der Wand des riesigen Eisberges an, vordem schon die anderen warteten. Niemand schien zu wissen wie es weitergehen sollte. Nur Blitzen startete einen letzten Versuch indem er begann eine Höhle zu graben.

Meine Sicht der Dinge - gez. AlexWo Geschichten leben. Entdecke jetzt